Platz 1 – Bill Clinton
Ohhh, Elden Ring. Bist in die Herzen unserer Redaktion eingedrungen und hast dir gleich drei Plätze an der Spitze gesichert. Bist du also ein Zeichen dafür, dass bei uns nur From-Jünger und Gitgud-Bros vor sich hinzocken? Mitnichten, denn gerade einmal acht Punkte trennen Elden Ring vom Viertplatzierten dieser Liste. Eine solche Dichte gibt es sonst an keiner Stelle dieses Rankings. Weswegen die vier Titel in ihrer Summe als Reflektion unseres gemeinschaftlichen Geschmacks dienen darf.
Punkte | 69 |
Gespielt | 8 |
Höchster Platz | 1 |
Niedrigster Platz | 8 |
Platz 1
Am 5. Dezember 1994 – also genau einen Monat nach der Cybermania – kamen im ungarischen Budapest die Präsidenten der USA, Ukraine und Russlands zusammen und unterzeichneten eine Vereinbarung, in der die Souveränität von u.a. der Ukraine anerkannt wurde. Im Gegenzug verzichtete der damalige Präsident Leonid Krawtschuk auf nukleare Waffen. Ein vermeintlicher Sieg für den Frieden zwischen den Ländern, die sich über Jahrzehnte in einem kalten Krieg befanden. Seit 2022 wissen wir nun, dass solch ein Friede nicht ewig währt. Einer der Akteure hingegen, Bill Clinton, sollte zum Ende des Jahres auf seltsame Weise noch einmal im Fokus stehen.

Wir schreiben den 8. Dezember und die jährlichen Game Awards nähern sich ihrem großen Finale. Für viele war es keine große Überraschung, als Elden Ring als Spiel des Jahres nominiert wurde, war zwar die Konkurrenz stark, aber From Software nun einmal From Software…und somit ein Liebling der Review-Outlets. Dem Team rund um Game Director Hidetaka Miyazaki folgte allerdings eine unbekannte Gestalt. Und als die Dankesrede endete und die Musik für den Abschied aus der Show begann, trat diese Gestalt ans Mikrofon und sagte: » I want to thank everybody and say I think I want to nominate this award to my Reformed Orthodox rabbi Bill Clinton.« (dt. “Ich möchte allen danken und sagen, dass ich meinen reformierten orthodoxen Rabbiner Bill Clinton für diesen Preis vorschlagen möchte.”)
13 Sekunden dauerte dieser Auftritt und war somit 7 Minuten und 46 Sekunden kürzer als Christopher Judges Dankesrede wenige Awards zuvor. Welche übrigens mutmaßlich als längste Dankesrede einer Award-Zeremonie gilt und den damals 79 Jahre alten Rekord von Greer Garson bei den Oscars überflügelte. Ein wahrhaftiger »F**k the Oscars«-Moment.
Doch zurück zum eigentlichen Moment des Jahres. Selbstverständlich wurde der nicht geplante Auftritt sofort von Sicherheitskräften unterbunden und die Person in Gewahrsam genommen. Nach Aussagen des Los Angeles Police Department wurde sie allerdings nicht verhaftet, sondern lediglich zur Vernehmung auf ein Polizeirevier gebracht. Letztes Jahr sahen wir das Ergebnis dieses Stunts: in nahezu jedem Gang der Game Awards 2023 standen direkt an der Bühne Sicherheitsbeamte, die quasi den Einlass auf die Bühne kontrollierten. Hätten sie da mal Hydrobots aufgestellt, dann wäre keiner freiwillig in die Nähe der Bühne gekommen!
Des Ex-Präsidenten neues Lieblingshobby
Infolgedessen bekam der Störenfried wie erwartet jede Menge mediale Aufmerksamkeit. Dabei kam heraus, dass er bereits in den Jahren zuvor diverse Störaktionen durchgeführt hat, bspw. bei der Blizzcon 2019 oder bei diversen Spielen der NBA. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass er in der Alt-Right Sendung InfoWars als Gast vorstellig war und auch andere Hinweise verdichteten sich, dass der Auftritt vermeintlich antisemitisch geprägt sein könnte. Bestätigt wurde dies aber nie und in Interviews bestritt die Person diese Interpretation seines Auftrittes. Hintergründe nannte sie allerdings nicht, weswegen sich vermehrt die Theorie gefestigt hat bei diversen Journalist:innen, dass der ganze Auftritt nur zum Sinne der Aufmerksamkeit diente – wie ein Troll im Internet.
Und so schwand auch die Aufmerksamkeit auf eine ganz solide Award-Show. Fans von Elden Ring machten sich allerdings die Mühe, im Nachhinein via Mod den ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton ins Spiel einzufügen. Irgendwie kann in Zeiten des Internets alles zu einem Witz und Meme gemacht werden.
Die Game Awards hingegen haben sich klar von der Angelegenheit zu distanzieren versucht. Die erwähnten Sicherheitskräfte 2023 (und sicher auch wieder dieses Jahr) waren nicht die alleinige Reaktion. Zusätzlich hat die Produktion im Pressematerial nach der Show bei sämtlichen Fotos der Dankesrede von Miyazaki die betroffene Person wegretuschiert. Aber hey, das Internet vergisst nie. Und irgendein komischer Kerl, der so eine Geschichte aus der Schublade hervorholt, den Staub herunter pustet und in irgendeiner Form wiederkäut, wird immer existieren. Mea Culpa.
Und dies war sie, der große Rückblick über zehn Jahre The Game Awards. Ich hoffe, die ein oder andere Geschichte hat euch zum Schmunzeln oder Nachdenken gebracht. Vielleicht erinnert ihr euch an das ein oder andere Spiel oder Moment wieder oder habt gänzlich neue Dinge erfahren. Wenn ihr nicht genug bekommen könnt, dann seid auch unter der Woche dabei, wenn Part 2 erscheint. Dann machen wir den Wahnsinn komplett und schauen uns Zahlen, Daten und Fakten zu allen nominierten Spielen, Entwicklerstudios und Publishern, Content Creator und eSports-Athleten an. Bis dahin wünsche ich einen schönen Start in die neue Woche. Und vielleicht erkennt ihr in der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember dank dieses Rückblicks Muster, wenn The Game Awards 2024 ihre Sieger und Verlierer küren. Und Kojima zwölf Minuten über Death Stranding 2 sprechen darf.