
Die Visual Novel Sunlight Scream folgt dem Studenten Max, der nach dem Tod seiner Mutter in die Stadt seiner Kindheit zurückkehrt. Dort trifft er, wie zu erwarten, auf seine große Liebe (eine von drei Kommilitoninen) oder einen neuen besten Freund. Doch das spielt meistens eine untergeordnete Rolle, denn ein Mörder ist unterwegs. Zum Glück habe ich schon in Death Becomes You Ermittlungserfahrungen gesammelt.
Was ist passiert?
In Sunlight Scream treffe ich für Max verschiedene Entscheidungen. Etwa, ob er jemandem hilft, mit welcher Person er Zeit verbringt oder was für Lösungen er im Mathetest ankreuzt. Da habe ich zum ersten Mal gefühlt, dass es sich um eine Horrorgeschichte handelt.
Nach dem Tod seiner Mutter überredet sein Bruder Max dazu, in die Stadt zurückzukehren, in der sie früher gemeinsam gewohnt haben. Dort bekommt er ein eigenes Appartement, sein Bruder eröffnet ihm, sein Vater sei ermordet worden, und stirbt dann nach einem Autounfall selbst. Äußerst tragisch.
In der Stadt trifft er auf die schüchterne Samantha, IT-Genie Sarah, Extremmobberin Erika und den entspannten Leon. Seine potentiellen Love Interests beziehungsweise sein potentieller bester Freund. Daneben gibt es noch seinen Bruder, einen Lehrer, zwei weitere Mitschüler, eine Polizistin und eine Ärztin.
Eine verzerrte Stimme ruft Max an und bedroht ihn. Daher hält Max den Tod seines Bruders für einen Mord, während die Polizei nicht ganz überzeugt ist. Als noch jemand stirbt, Max über die Leiche stolpert und erst zu Hause die Polizei ruft, ist die Leiche verschwunden. Das passiert ein weiteres Mal, aber die Polizistin scheint ihn dennoch nicht für einen kompletten Lügner zu halten. Dass Max beim ersten Mal wegrennt, stört mich nicht. Aber letztlich braucht er nach dem zweiten Mal noch einen Hinweis, um auf die Idee zu kommen, dass die Strategie bei einem weiteren Mord vielleicht nicht allzu hilfreich ist.

Wer war es?
Die Besonderheit der Handlung von Sunlight Scream ist, dass die Entscheidungen den Täter beeinflussen. Eine Batterieanzeige verweist darauf, wie wichtig die Entscheidung für den weiteren Verlauf ist.
Entsprechend sind die verschiedenen Routen nicht primär, welchen Charakter Max datet. Stattdessen gibt es verschiedene Enden für verschiedene Täter:innen. Zudem sind zwar einzelne Opfer sehr auffallend festgesetzt, an anderen Stellen kann sich das Mordopfer jedoch unterscheiden.
Das ist prinzipiell sehr interessant, die Umsetzung ist allerdings wenig elegant. Im Grunde ist die Handlung in mehrere Abschnitte unterteilt. Dabei sucht Max immer dieselben Orte auf, unabhängig davon, ob das Sinn ergibt (wobei einer der Handlungsorte im normalen Verlauf niemals wirklich nachvollziehbar eingebunden ist). Lediglich der letzte Abschnitt unterscheidet sich etwas deutlicher.
Die Handlung ist besonders beim Spielen mehrerer Routen hintereinander voller kleiner Ungereimtheiten. Das zielt zwar auf das wahre Ende ab, das ebenfalls nicht besonders überzeugt, sorgt aber vor allem dafür, dass letztlich gar nichts wirklich zusammenpasst. Die Auflösung ist spätestens nach ein paar Routen klar, was nicht schlimm wäre, wenn sie überzeugend umgesetzt wäre.
Dem Verständnis abträglich ist auch die schlechte englische Übersetzung der Texte. Einzelne Begriffe werden konsequent falsch übersetzt, während Personalpronomen wie gewürfelt wirken. Meistens wird dabei aus dem Kontext klar, welche Person oder welches Objekt gemeint ist, manchmal verwirren die Verwechslungen jedoch. Außerdem wird Sarah zwischendurch Sara geschrieben und einzelne Sätze bleiben auf russisch.
Außerdem funktioniert die Vorspulfunktion nicht einwandfrei. Manchmal stirbt ein Charakter auf dieselbe Art und mit demselben Text, doch da Max vorher mit einer anderen Person unterwegs war als in einem anderen Durchgang, muss ich jede Textbox einzeln wegdrücken.

Wer wird es?
Der Romantikanteil in Sunlight Scream ist den Thrillerelementen untergeordnet, die Beziehungen entwickeln sich aber auch stückweise. Die meisten Romanzen sind simpel zu erreichen, lediglich eine ist ein wenig komplexer. Dagegen sind die Täter ein wenig schwieriger durch spezifische Entscheidungen zu lenken, was allerdings nur bei einzelnen von ihnen merklich schwierig wird.
Ich habe mich zuerst für Samantha entschieden, weil sie Thriller schreibt und ich wissen wollte, wie ihre geschriebene Geschichte endet. Bei meinem nächsten Durchgang bin ich irgendwo bei zwei Dritteln der Handlung wieder eingestiegen und konnte noch auf eine andere Romanze umschwenken. Darauf, dass Max dann schon Samantha nähergekommen war, wurde nicht weiter eingegangen.
Wozu das alles?
Das größte Problem von Sunlight Scream ist die ständige Austauschbarkeit. An vielen Stellen kann ein Name durch einen anderen ersetzt werden und es macht keinen Unterschied. Denn die Handlung folgt immer demselben Rahmen, aber die vorhandenen Personen können variieren. Leichte Abweichungen gibt es bei den “Dates”, aber selbst dann doppeln sich Erlebnisse. Sogar in den Sexszenen handeln die Partnerinnen identisch.
Letztlich sind die verschiedenen Routen nur für die Motivationen der Täter:innen interessant. Diese werfen allerdings das Problem auf, dass die Motivation nur dann zu bestehen scheint, wenn die Person auch für die Morde verantwortlich ist. In einzelnen Routen funktioniert das auch, fast immer aber nimmt die Motivation ihren Ausgang in der Vergangenheit vor Handlungsbeginn. Das wahre Ende geht zwar darauf ein, aber zu spät und ohne selbst zu überzeugen.

Fazit
Sunlight Scream kann sein Konzept nicht zufriedenstellend erfüllen. Die Mischung aus Thriller und Romanze ist in beiden Aspekten sehr austauschbar. Geschehnisse werden in den grundsätzlichen Rahmen gepresst und überzeugen wenig. Zudem ist die englische Übersetzung voller Fehler. Deshalb muss ich leider davon abraten, diese Visual Novel zu spielen.

Herzlichen Dank an Valkyrie Initiative für die Bereitstellung des Testmusters. Gespielt auf Nintendo Switch.