Beyond Good and Evil 20th Anniversary Edition (Review)

Ein bisschen mehr als 20 Jahre ist der Release von Beyond Good and Evil jetzt her. Vor nicht ganz zwei Jahren habe ich das investigative Stealth-Abenteuer auf dem PC nachgeholt und trotz der leichten Klobigkeit sehr amüsiert. Nun habe ich mich für die Beyond Good and Evil 20th Anniversary Edition erneut ins Hovercraft gesetzt und die Spuren einer Verschwörung auf Hillys verfolgt. Das Remaster hat neben QoL-Features vor allem eine grafische Politur erhalten, die unter anderem eine neue Beleuchtung und Schatten bringt (anders als bei Paper Mario hatten die Charaktere früher auch schon Rückseiten). Daneben beleuchtet eine neue Quest die Vergangenheit der Weltraumpiraten, bei denen Protagonistin Jade bis in ihre Kindheit gelebt hat. Ein besonderer Bonus sind die tiefen Einblicke in die Entwicklung von Beyond Good and Evil, die weit über einfache Konzeptzeichnungen hinausgehen.

Vor zwei Jahren hätte ich bereits gesagt, Beyond Good and Evil ist auch jetzt noch ein empfehlenswerter Titel. Wie sieht das mit der Anniversary Edition aus?

Codename: Shauni

Jade kümmert sich in einem Leuchtturm um die Waisen der Stadt. Als Journalistin nimmt sie verschiedene Aufträge an, darunter beispielsweise das Fotografieren mysteriöser Wesen. Daneben ist sie auch im Umgang mit dem Daï-jo-Stab versiert, der schnell zu ihrer Hauptwaffe wird (zutreten kann sie in bestimmten Momenten aber so gut wie ihre deutsche Stimmkollegin Tifa).

Zwischen Alienangriffen, verschwundenen Bewohner:innen und einem medial dauerpräsenten Militär – der Alpha-Abteilung – sucht Jade nach der Wahrheit hinter den Geschehnissen. IRIS, eine Organisation, die die Bevölkerung aufklären will, rekrutiert sie und schickt sie an verschiedene Orte, an denen sie alle ihre Fähigkeiten nutzen muss.

Doch dabei ist sie nicht allein: Der handwerklich begabte Erfinder Pey’j, ein Schweinehybrid und früherer Weltraumpirat, begleitet sie, obwohl die ganze Angelegenheit für zu gefährlich hält. Daneben findet sie auch IRIS-Agent Double-H, der das Handbuch von Carlson und Peeters auswendig kennt.

Von der Insel in die Fabrik

Beyond Good and Evil bietet abwechslungsreiches Gameplay. Platforming, Kämpfe und Rätsel treffen auf Hovercraftrennen, Stealth und Fotosafaris. Alle Aspekte sind eher einfach gestaltet, wodurch ein vom Spiel erzwungener Wechsel flüssig vonstatten geht. Mir kommt natürlich besonders entgegen, dass Jade nicht versehentlich in Abgründe fallen kann.

Kämpfe

Die Kämpfe bestreitet Jade mit ihrem Stab. Kombos setzt sie automatisch bei wiederholtem Knopfdruck ein. Ausweichen ist möglich, aber zumeist nicht notwendig. Doch es sieht cool aus, wenn Jade nach hinten ausweicht. Die Bosskämpfe sind mit kleinen Rätseln verbunden, wie Jade den Bossen schaden kann. Sonderlich komplex werden die Kämpfe nie, aber bei Jades stylischen Animationen macht es Spaß, auf die Gegner einzuprügeln.

Rätsel

Ob auf der Schwarzen Insel oder in der Nutripillenfabrik, Jade klettert gekonnt durch die Gegend und schaltet durch das Besiegen von Gegnern oder das Lösen von Rätseln neue Wege frei. Dabei wechselt Beyond Good and Evil gekonnt zwischen Abschnitten mit und ohne Partner. Mal sucht Jade allein nach einem Schlüssel, mal muss sie den Weg für einen Partner herstellen. Mir gefallen die Abschnitte am besten, in denen beide gemeinsam arbeiten müssen, um voranzukommen. Etwa wenn Pey’j mit seinen Sprungstiefeln eine Stampfattacke macht, damit Jade eine hochfliegende Bombe gegen eine hochgeklappte Brücke schleudern kann. Ein wenig schade ist dabei nur, dass Double-H im Grunde eine stärkere Version von Pey’j ist, was die meisten Fähigkeiten wie das Zerstören von Gittern angeht.

Hovercraftrennen

Zwischen Jades Missionen erweitert sich die Welt immer ein Stückchen mehr. In der Akuda-Bar kann Jade verschiedene Minispiele bestreiten. Zudem verbergen sich überall in Hillys Verstecke der Alpha-Abteilung, die mal Geschicklichkeit, mal Schleichen erfordern. An zwei Orten finden zudem Wettrennen mit dem Hovercraft statt. Für all das erhält Jade als Belohnung Perlen, die sie in der Mammago-Werkstatt umtauschen kann. Im Laufe der Handlung benötigt Jade immer wieder Hilfe von der Werkstatt, weshalb sie einige Perlen ansammeln muss. Doch Beyond Good and Evil bietet einige Perlen mehr an, als benötigt werden, weshalb eine gewisse Freiheit in der Wahl der Aufgaben besteht.
Vor allem besteht die Freiheit aber in der Reihenfolge, in der ich die Aufgaben in Angriff nehme. Bei meinem ersten Durchspielen habe ich die Hoverkraftrennen ziemlich früh entdeckt und mich sofort ins Rennen gestürzt. Nach ein, zwei Versuchen ist der erste Platz in der Regel erreicht, auch wenn die Schwierigkeit der Rennen spürbar anzieht. Das Hovercraft kommt ohne Drift aus und der Boost ist ein optionales Verbrauchsitem, weshalb der schwierigste Aspekt beim Fahren das Kurvenverhalten ist. Ich brauchte aber nicht lange, um mich daran zu gewöhnen, da ich schnell versucht habe, den Rekord zu brechen.

Die Verstecke der Alpha-Abteilung waren jedes Mal ein Highlight, weil sie quasi Dungeons im Miniformat sind und sich alle deutlich von den anderen abgrenzen.

Stealth

Neben den Kämpfen und der Fortbewegung legt Beyond Good and Evil einen großen Fokus auf das Schleichen. Die Soldaten der Alpha-Abteilung sind zwar nicht besonders aufmerksam, aber sehr robust. Alle haben bestimmte Bewegungsmuster. Manche laufen hin und her, andere drehen sich nur, manche stehen auch nur still. Jade darf nicht in ihr Blickfeld geraten. Wird sie nur kurz bemerkt, werden die Soldaten misstrauisch und verlassen ihren Posten. Gern setzen sie dann auch eine Drohne ein, um die Umgebung zu säubern und Laserstrahlen auf die Stelle zu richten, an der sie Jade vermuten. Die kann sich oftmals hinter Wänden oder in Löchern im Boden verstecken, bis wieder Ruhe herrscht.

Den meisten Soldaten kann Jade unbemerkt ausweichen. Mit einem gezielten Tritt oder einer geschossenen Disk kann sie aber auch ihre Feinde außer Gefecht setzen. Das ist allerdings riskant, wenn sich mehr als ein Soldat im Raum befindet, da sie sich gegenseitig zur Hilfe eilen. Notfalls kann Jade aber auch gegen die Soldaten kämpfen. Das ist allerdings etwas schwieriger, da sie sich meistens mit einem Schild schützen, den ihr Stab nicht brechen kann. Manchmal ist das auch keine Option, da in einigen Räumen Drohnen sind, die Jade nach ihrer Entdeckung sofort erschießen.

Besonders in solchen Momenten ist das neue Speichersystem der Anniversary Edition hilfreich, das mit sehr vielen Autosaves die Wiederholungen nach einem Scheitern im Vergleich zum Original deutlich abkürzt. 

Ich habe mich für eine Mischung aus Vorbeischleichen und Töten entschieden, weil ich an einzelnen Stellen nicht wusste, wie ich Gegnern ausweichen sollte. Häufig wurde Jade auch entdeckt, aber in vielen Fällen konnte sie lange genug abtauchen, bis die Gegner sie vergessen haben.

Am liebsten mag ich aber die Schreie der Soldaten, wenn Jade sie besiegt und sie durch die Gegend fliegen. Die sind wirklich lustig (auch wenn die Synchronisation  an dieser Stelle eigentlich nicht besonders gut ist. Oder gerade deshalb).

Fotosafari

Die Kamera benutzt Jade in Beyond Good and Evil für zweierlei Aspekte. In den Missionen muss sie Fotos machen, die dann als Beweise dienen, die IRIS an die Bevölkerung von Hillys weiterleitet. Daneben macht sie auch Fotos von Karten und verschlüsselten Codes.

Der zweite große Anteil an Fotos fällt auf das Festhalten der lokalen Fauna. Für jedes fotografierte Tier erhält Jade etwas Geld. Zudem erhält sie für bestimmte Anzahlen von Fotos auch Perlen. In der Fotoansicht verschießt sie auch ihre Disks auf Gegner.

Manche Tiere sind dabei mit kleinen Infotexten versehen, die darauf hindeuten, dass das Tier besonders selten sei. Manchmal weist die Person, für die Jade die Fotos sammelt, aber auch auf die Gefährlichkeit des Tieres hin. Häufig werden die Fotos aber auch einfach nur zu ihrer Sammlung hinzugefügt.

Während viele Tiere offen zu sehen sind, verstecken sich manche in Sackgassen und ungewöhnlichen Ecken. Andere sind nur zeitweise zu sehen und verschwinden dann wieder im Wasser. Dann muss ich auf den richtigen Moment für das Foto warten. Die Erkennung, um ein Tier im Bildausschnitt ist, funktioniert dabei sehr gut. Bewegen sich die Tiere schneller, ist eine schnelle Reaktion gefragt, das wird aber auch nicht besonders schwierig.

Mir gefällt die große Vielfalt an Wesen, die Jade fotografieren kann. Natürlich gehören auch viele Gegner dazu, die ein wenig kniffliger auf Film zu bannen sind. Schließlich gehen sie meist sehr dicht an Jade heran, und während sie Schaden nimmt, kann sie die Kamera nicht benutzen. Die Kämpfe bieten aber auch lustige Momente für Fotos von Pey’j, der als Schweinehybrid genauso einen Eintrag erhält wie Menschen.

Propaganda

Besonders aufgefallen ist mir schon beim ersten Spielen von Beyond Good and Evil der Soundtrack. Die Mammago-Werkstatt hat ihre eigene Musik (und beim Abschleppen singen sie auch), doch am nachhaltigsten ist mir die Hintergrundmusik der Akuda-Bar aufgefallen. Propaganda ist ein sehr faszinierender Song mit Nonsens-Lyriks, und ich habe mich sehr darüber gefreut, dass das Lied auch in der Anniversary Edition vorhanden ist. Einige der Musikstücke wurden von einem Orchester neu aufgenommen. 

Was ist noch neu?

Der Beginn der neuen Questreihe findet sich relativ spät im Spiel. Deshalb habe ich erst einmal nur den Einstieg gefunden, dann aber den Moment verpasst, an dem ich die Quest noch verfolgen konnte. Deshalb habe ich beschlossen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Denn neu dabei ist auch ein Speedrunmodus, bei dem immer ein Timer eingeblendet wird. Zudem kann ich hier nicht manuell speichern. 

Also habe ich möglichst schnell zu der Stelle gespielt, an der ich in die neue Questreihe einsteigen konnte. Mein erster Versuch verlief dabei nicht allzu gut, da ich zwischendurch die Konsole ausgeschaltet habe und dabei das Spiel geschlossen wurde. Glücklicherweise war ich noch nicht besonders weit. Also habe ich Jade in wenigen Stunden wieder an die richtige Stelle in der Story befördert.

Die neue Questreihe besteht aus verschiedenen Objekten, die auf Hillys verteilt sind und mit Jades Vergangenheit zusammenhängen. Daneben erhält Jade auch mDisks, auf denen Zeichnungen sind, während eine Stimme Geschichten aus der Vergangenheit erzählt. Abgeschlossen wird die Quest mit einer besonderen neuen Szene. Die Quest verknüpft das Spiel mit der bisher nicht erschienenen Prequel Beyond Good and Evil 2 und greift Charaktere auf, die aus Material dazu bekannt sein könnten. Mir hat die “Schatzsuche” Spaß gemacht und jetzt bin ich natürlich noch mehr auf Teil 2 gespannt.

Großartig sind die neuen Outfits und Skins. Mal sind sie mit der Entwicklungsgeschichte verbunden, manchmal mit dem zweiten Teil. Entsprechend habe ich nicht immer gleich verstanden, worauf ein Text zu einem neuen Outfit verweist, aber mithilfe der Jahrestagsgalerie hat sich das geändert.

Mehr als zur Konzeptzeichnungen

Die Galerie hat mich begeistert. Sie steckt voll mit Informationen zur Entwicklung von Beyond Good and Evil. Dabei sind viele Konzeptzeichnungen dabei, auch mit Designänderung im Laufe der Zeit. Wusstet ihr, dass Jade früher einen anderen Namen trug? Aber auch Videomaterial ist dabei. Gleichzeitig erzählt die Galerie auch vom Entwicklerteam, von dessen Umzügen, von Hochwasser. Von Zeitdruck vor der E3, wo das Spiel präsentiert werden sollte. In der Galerie steckt eine ganz eigene Geschichte, die das Spiel noch viel plastischer macht.

Sogar Bonus im Bonus!

Fazit

Die Beyond Good and Evil 20th Anniversary Edition ist eine gelungene Version des Kultspiels. Das abwechslungsreiche Gameplay ist ohnehin gut, die QoL-Features bringen das Spiel das letzte Stück in die Moderne. Besonders der Autosave ist dabei sehr angenehm. Jades Reise ist immer noch ein memorables Erlebnis. Die neuen Outfits sind ein schöner Bonus und die Jahrestagsgalerie wirklich großartig. Konzeptart allein wäre schon schön gewesen, aber der Umfang an Hintergrundinformationen ist fantastisch. Deshalb möchte ich sagen, dass jetzt der beste Zeitpunkt ist, Beyond Good and Evil nachzuholen oder erneut zu spielen.

Herzlichen Dank an Ubisoft für die Bereitstellung des Testmusters. Gespielt auf Xbox Series X.