Slay the Princess (Review)

Artwork zu Slay the Princess

Wahrscheinlich dürfte jeder von uns in seinem Videospiel-Leben bereits einmal eine Prinzessin gerettet haben. Egal in welchem Schloss sie sich auch befinden mag, wie rebellisch oder klassisch ihr Wesen auch sein mag. Doch um die Prinzessin in Slay the Princess ist es anders bestellt. Wir sind hier, um sie umzubringen – ansonsten wird sie die Welt vernichten. Doch sollten wir das tun? Hat die Prinzessin das wirklich verdient? Und wenn wir sie befreien, geht die Welt zugrunde…was hat die Welt denn je für uns getan!? Fragen über Fragen. Aber nur eine Antwort und sie ist nicht 42.

Slay the Princess oder doch lieber nicht?

Auf meinem Radar war Slay the Princess erstmal gar nicht. Zu gesättigt scheint mir der Markt der Indies von Spielen zu sein, die mit Horror-Elementen angereichert abstrakte Konzepte bieten und dabei im Grunde nichts zu bieten haben. Der gezeichnete Artstyle ist zudem sehr gewöhnungsbedürftig. Ich mochte die Komposition und die Kreativität dahinter, aber manche Roh- und Einfachheit gefiel mir persönlich nicht wirklich. Aber euer Geschmack könnte da durchaus positiver (oder negativer) ausfallen, wer weiß?

Slay the Princess ist auf der Oberfläche ein relativ simples Spiel. Die Visual Novel wirft uns zu Beginn mitten in einen Wald und wir vernehmen lediglich die unsichtbare Stimme eines Erzählers. Er erzählt uns, was wir tun müssen: die Prinzessin am Ende des Waldpfades, in der Hütte, tief verborgen in dessen Keller, umbringen und somit die Welt retten. Wie wir weiter vorgehen, bleibt weitestgehend uns überlassen. Dialogoptionen und Entscheidungen beeinflussen die Geschehnisse, aber auch weitestgehend den Ton des Spiels. Wir können uns dafür entscheiden, die Prinzessin zu töten. Aber zu welchem Preis? Und wir können uns entscheiden, die Prinzessin zu befreien. Aber zu welchem Preis?

Screenshot aus Slay the Princess
Du kannst doch einer hilflosen Prinzessin nichts antun?

Je nach Verlauf wird die Story grotesk, romantisch, furchteinflößend oder existenziell. Slay the Princess ist ein Meta-Spiel der Marke The Stanley Parable oder Doki Doki Literature Club und bricht einige Male übliche Videospiel-Konventionen. Dabei fokussiert es sich aber nicht vorrangig darauf, uns als kontrollierende Spieler:in in die Irre zu führen, sondern seine eigene Narrative zu twisten und stellenweise komplett auf den Kopf zu stellen. Dies gelingt meiner Ansicht nach stellenweise richtig gut, allerdings werden zuweilen sehr mehrschichtige Geschichten in komplexen Feldern des Existenzialismus bis hin zum freien Willen behandelt. Nicht unbedingt leichte Kost unter der Oberfläche, weswegen ich schätzen würde, dass Slay the Princess nicht bei jedem gleichermaßen zünden kann.

Verschachtelte Narrative

Gleichzeitig macht es das Spiel auch von seiner Erzählstruktur schwierig. Je nach Pfad, den wir bestreiten, ist ein Ende innerhalb weniger Minuten erreicht. Zudem kann sich ein Ende wirklich “final” fühlen und somit der Wiederspielwert individuell sinken. Gerade weil sich wiederholende Abschnitte in einem weiteren Durchgang nicht übersprungen werden können. Doch ein wenig vergleichbar mit Hatoful Boyfriend geht das Spiel erst durch mehrere Enden in das eigentliche “Finale” auf. 

Slay the Princess ist im Endeffekt schwierig einzuordnen. Seine Mischung aus oberflächlich grotesken Bildern und einer tieferen Meta-Ebene dürfte vielen Spieler:innen, die nach außergewöhnlichen, narrativen Erfahrungen suchen, sehr viel geben. Slay the Princess ist hochwertig geschrieben, die Dialoge toll vertont und es warten immer wieder Überraschungen auf uns. Doch die Struktur des Visual Novel und die häufigen Wiederholungen bringen Hürden mit sich. Slay the Princess stellt sich selbst ein Bein, um eventuell nachhaltig alle zu unterhalten. Doch wer daran interessiert ist, entgegen aller Widrigkeiten seinen eigenen Pfad durch das Leben – an der Welt und allen Erzählern zum Trotz vorbei – zu finden, der wird mit Slay the Princess eine außergewöhnliche Zeit erleben.

Welten auf Steam Deck in ihren Grundfesten erschüttert.