
Dem Sega Saturn war, gerade im Westen, nur eine sehr kurze Lebenszeit vergönnt und so ist das Line-Up nennenswerter Exklusivspiele überschaubar. Das in dieser Generation besonders populäre 3D Jump & Run-Genre war, auch dank Sonics weitgehender Absenz, eine besondere Achillesverse der Konsole. Allerdings gab es ein Japan-exklusives und daher wenig bekanntes 3D Jump & Run, das einen Blick wert ist: Ninpen Manmaru. Basierend auf einer Anime-Lizenz gehört das Spiel zu den bestaussehenden 3D Spielen der Plattform.
In Ninpen Manmaru schlüpft man in die Rolle des Pinguins Manmaru, der zwar durchaus kämpferisch aussieht, aber doch sehr friedlich ist. Wenngleich Manmaru einen ordentlichen Säbel auf dem Rücken transportiert, gibt er sich im Spiel nämlich pazifistisch. Es gibt keine Angriffsmöglichkeit, mit der man einen der Gegner im Spiel schädigen könnte. Umgekehrt jedoch wissen die Gegner durchaus, Manmaru das Leben schwer zu machen, denn bei Gegnerkontakt fliegt Manmaru ein ordentliches Stück weit und wenn er dabei nicht direkt sein Leben gelassen hat, weil er in einen Abgrund gefallen ist, dauert es einige Sekunden, bis der Pinguin sich wieder aufrappelt.

Mechanisch ist Ninpen Manmaru ziemlich simpel. So kann Manmaru laufen, nutzt dabei allerdings so genannte Tank-Controls, das heißt, dass man den Pinguin nicht relativ zur Kamera, sondern zu seiner eigenen Blickrichtung steuert und Eingaben auf dem Steuerkreuz zur Seite den Charakter drehen, statt einfach in die entsprechende Richtung zu laufen. Wenn man besonders vorsichtig sein muss, kann man sich zudem mit den Schultertasten an Ort und Stelle drehen. Etwas ärgerlich ist, dass die Möglichkeit, Manmaru in der Luft zurückzubewegen, extrem eingeschränkt ist. Übersteuert man beim Sprung auch nur ein kleines bisschen, bedeutet das in aller Regel den Tod, selbst, wenn man noch reichlich Zeit hätte, seine Sprungkurve zu korrigieren. Die Steuerung funktioniert über weite Teile des Spiels eigentlich gut, doch immer dann, wenn man sich langsam fortbewegt oder aus dem Stand anlaufen möchte, kann sich die Steuerung als äußerst bockig erweisen. Das Leveldesign nimmt leider oftmals auch wenig Rücksicht darauf, dass man mit der Tank-Steuerung ein wenig unflexibel ist.
Die einzige weitere Aktion, die Manmaru ausführen kann, ist ein Sprung. Neben dem normalen Sprung verfügt Manmaru aber auch über einen Dreifachsprung, der im Grunde genommen ähnlich zu dem von Super Mario 64 funktioniert. Allerdings gibt das Spiel kein Feedback bei einem erfolgreichen zweiten Sprung und auch der dritte – höhere und deutlich weitere – Sprung ist als solcher erst nach etwa der Hälfte des Sprungs zu erkennen, so dass an den zahlreichen Stellen, an denen man einen punktgenauen Dreifachsprung benötigt ein gewisser Nervenkitzel mitspielt, weil ein gescheiterter Dreifachsprung in vielen Fällen einen tödlichen Absturz zur Folge hat.

Sehr ungewöhnlich ist in jedem Fall die Spielstruktur. Ninpen Manmaru ist in sechs Welten unterteilt, die jeweils vier Level und einen Endgegner enthalten. Diese vier Level und der Endgegner müssen am Stück absolviert werden und immer nach dem Abschluss einer Welt kann man seinen Spielstand speichern. Das Spiel startet man mit ein zwei Leben und immer, wenn man 100 Münzen gesammelt hat, erhält man ein zusätzliches Leben. Die große Besonderheit ist allerdings, was passiert, wenn man alle Leben aufgebraucht hat – und so viel sei schon einmal verraten, das dürfte auch geübten Spielern einige Male passieren.
Sind alle Leben aufgebraucht, fragt das Spiel den Spieler, ob er fortsetzen möchte. Wählt man ja, so wird man zu einer Variante des ersten Endgegners geschickt. Bei diesem „Endgegnerkampf“ muss man mit einem computergesteuerten Gegner um die Wette Münzen sammeln; wer als erstes 20 Münzen sein Eigen nennt, gewinnt. Gewinnt man diesen Wettstreit, darf man mit zwei Leben in dem Level weitermachen, in dem man sein letztes Leben verloren hat, anderenfalls wird man zum Anfang der Welt zurückgesetzt. Dieses Continue-Minispiel ist zwar in aller Regel nicht sonderlich schwer, da aber die Level des Spiels ab der dritten Welt im Gegenzug richtig biestig werden, ist das Stresslevel einfach auf Grund dessen, dass so schwieriger Spielfortschritt auf dem Spiel steht, enorm.

Das Leveldesign ist weitgehend linear, wenngleich es einige spätere Level gibt, in denen man Schalter aktivieren und dann zu einem früheren Punkt des Levels zurückkehren muss. Manmaru bewegt sich ziemlich zügig und die Plattformsequenzen sind anspruchsvoll, so dass Ninpen Manmaru oftmals ordentlich Spaß bereiten kann. Allerdings sind viele Sprünge äußerst knapp bemessen und das ist im Zusammenhang damit, dass die Steuerung Fehlerkorrekturen nur in sehr geringem Umfang zulässt, schnell frustrierend.
Ein besonderes Ärgernis sind schließlich die oftmals sehr aggressiven Gegner, gegen die sich Manmaru in keiner Form zur Wehr setzen kann. Im letzten Spieldrittel werden Gegner immer wieder auf besonders kleinen Plattformen platziert, so dass man äußerste Vorsicht walten lassen muss, wo man landet und dann sehr überhastet zur nächsten Plattform weiterspringen muss, was in Anbetracht der trägen Steuerung enorm fehleranfällig ist. Besonders an einer Stelle im vierten Level der sechsten Welt haben die Entwickler es in meinen Augen damit übertrieben, denn da muss man von einer fahrenden Plattform über zwei Plattformen, die gerade einmal doppelt so breit und lang wie der darauf befindliche Gegner und schließlich nach einer harten Linkskurve auf eine sichere Plattform springen. Das braucht nicht nur Nerven aus Drahtseilen, sondern vor allem auch viel Übung im Abschätzen der Gegnerpositionen und im weitgehend blinden Sprung um die Ecke.

Optisch ist Ninpen Manmaru sehr ansprechend. Die 3D Grafik ist gerade für ein frühes Sega Saturn-Spiel sehr sauber und sieht technisch besser aus, als die meisten PlayStation-Spiele der gleichen Zeit. Der bunte Comicstil, das niedliche Charakter-Design und die intensiven Farben der verschiedenen Level runden den Eindruck ab. Ausführliche gezeichnete Zwischensequenzen mit japanischer Sprachausgabe – dank einer Fanübersetzung aber mittlerweile optional auch englischen Bildschirmtexten – erzählen die zugegebenermaßen schlichte Geschichte, wie Manmaru sich ein goldenes Origamipapier von seinem Meister verdient.
Ninpen Manmaru ist ein ansehnliches, unterhaltsames, aber auch schnell frustrierendes 3D Jump & Run, das leider nie den Sprung in den Westen geschafft hat. Mit seiner Panzersteuerung, die an Croc erinnert und seinem stellenweise sadistischen Leveldesign ist das Spiel sicher nur für Genre-Fans eine Überlegung wert, aber für diese hat Ninpen Manmaru in der Tat eine starke Geschichtsstunde zu bieten.

Getestet wurde die Sega Saturn-Version mit englischer Fanübersetzung via Emulation auf Xbox One X.