Raptor Boyfriend – A High School Romance (Review)

„Es gibt ein neues Dinosaurierspiel für dich!“, verkündete mir unser Chefredakteur Sebastian mit einem schelmischen Grinsen das mir verriet, dass es ganz sicher wieder ziemlich schräg sein würde. Blind bat ich darum es testen zu dürfen noch bevor er mir den Titel verriet. Die erste Assoziation die ich mit diesem Spiel hatte war Chuck Tingle. (Harriet Porber, anyone?) Kurz hatte ich Bedenken, ob es eine gute Idee war mich dafür zu melden. Auf der anderen Seite mag ich Dinosaurier zu sehr um einen Rückzieher zu machen. Und ich bin froh es nicht gemacht zu haben.

Wie…naheliegend.

Zum Gameplay gibt es nicht viel zu sagen wenn man Visual Novels kennt. Raptor Boyfriend ist ein klassischer Dating Sim. Die Hauptrolle übernimmt Stella, Teenager mit mangelndem Selbstbewusstsein und Hang zur Dissoziation. Sie zieht in ein kleines Örtchen in dem es vor Kryptiden nur so wimmelt und trifft an der örtlichen High School auf ihre Auswahl an potenziellen Happily Ever Afters. Day, eine Fee in Menschengröße (alles andere wäre auch seltsam – selbst für dieses Spiel), dem Bigfoot Taylor den sie bereits aus dem Sommercamp kennt und dem titelgebenden Raptor Robert. Durch verschiedene Interaktionen mit ihnen und Entscheidungen die man durch die Story hinweg trifft, ebnet die spielende Person den Weg zum Happy End für Stella und einem der anderen drei Charakteren. Wie gesagt, es gibt nicht viel dazu zu sagen. Die Geschichte ist recht kurz und durch die Vor- oder Zurückspulfunktion sind die verschiedenen Enden schnell zu erreichen.

Es spielt in 1997. Das nennt man TASTEN, liebe Kinder.

Stellas Geschichte startet wie ein gewöhnliches Teenie-Drama. Der Auftritt der einzelnen Charaktere ist wie zu erwarten peinlich stereotyp inklusive Minderwertigkeitskomplexen des Hauptcharakters, dem coolen Sportler der die Hallen unsicher macht, dem Eigenbrödler der alte Gefühle wieder aufflammen lässt und dem Streber der nicht weiß wie cool er eigentlich ist. Es dauert allerdings nicht lange bevor die Tatsache, dass es hier um Kryptiden geht die um die Gunst eines normalen Menschenmädchens buhlen übernimmt. Oder vielleicht habe ich mich auch einfach schnell daran gewöhnt. Ich sollte WIRKLICH weniger Fanfictions lesen. Bis hier habe ich auch noch nicht eine „inspired by Chuck Tingle“ Einblendung aufgegeben. Spoiler: SO schräg ist diese Visual Novel dann doch nicht. Ich warte aber noch auf die Ankündigung eines Orc DLC. Dann reden wir nochmal.

Für Gestalten aus Mythen und Legenden haben die drei Einheimischen wirklich triviale Alltagsprobleme. Zunächst. Stella soll sich ja schließlich auch sicher bei ihnen fühlen und nicht schreiend davon rennen – auch wenn es eine Auswahlmöglichkeit ist. Mit der Zeit verblasst die rosa-rote Brille allerdings und die Geschichte nimmt eine überraschend deprimierende Wendung. Aber keine Angst, sie leben glücklich bis ans Ende des Schuljahres. Weiter geht es ja nie in Teenie-Filmen also warum sollte es in diesem Spiel anders sein? Ebenso normal wie ihre Alltagsängste wirken die Hobbies der drei Love Interests. Sie spiegeln nicht nur die Komplexität ihrer Charaktere wieder, sondern helfen auch dabei die Beziehungen voran zubringen. Stella sammelt im Laufe des Schuljahres – wenn sie sich nicht wirklich sehr doof anstellt – Mixtapes, Gedichte und Zeichnungen ihrer Freunde. Bis zu sieben Stück werden ihr anvertraut und signalisieren die Stärke ihrer Bindung zu deren Verfasser:innen.

Ob Stella wohl gerade auf der Speisekarte steht?

Neben den potenziellen Partnern kommen auch noch weitere Personen vor welche immer wieder die Vergangenheit zur Gegenwart für unsere sympathischen Mythenwesen machen. Alle drei haben ein Geheimnis das sie mit sich rumschleppen und vor Stella geheim halten wollen. Trifft man geschickt die richtigen Entscheidungen deckt man diese auf. Auch wenn es relativ schnell offensichtlich ist was diese Geheimnisse sind macht es Spaß den richtigen Weg zur Auflösung zu finden.

Scha-la-la-la-la-la küss sie doch~

Ein bisschen wie bei einem Unfall kann man einfach nicht anders als sich Raptor Boyfriend: A High School Romance genauer anzuschauen. Zumindest solange man sich nicht allzu viele Gedanken um Anatomie und Kompatibilität macht. Zum Glück macht es das Spiel auch nicht. Anders als bei einem Verkehrsunfall macht diese Visual Novel jedoch auch Spaß und verknüpft typische Teenie-Angst mit einem Haufen Klischees rund um High School, Kryptide und Liebesproblemen. Wer empfindlich darauf reagiert diese in den Kopf hineingeprügelt zu bekommen wird mit Raptor Boyfriend nicht die nächste große Videospielliebe finden. Spieler:innen die damit für eine gute Stunde pro Durchlauf kein Problem damit haben sollten definitiv dem Spiel eine Chance geben. Rocket Adrift erfindet das Rad nicht neu – weder im Gameplay, der Story oder den Plot Twists aber es mischt sie gut durcheinander und bringt einen herrlich schrägen Dating-Sim mit ansprechender Grafik hervor der von der eigenen langweiligen Welt ablenkt.

Getestet auf Nintendo Switch. Ein herzlicher Dank geht an eastasiasoft für die Bereitstellung des Mustercodes.