
Knapp 21 Jahre nach Release des Originals ist nun das Remake erschienen und könnte der ideale Einstieg in die famose Legend of Heroes-Reihe sein. Just dieses Jahr habe ich das Original auf dem Steam Deck durchgespielt und war absolut begeistert vom Gesamteindruck und war dementsprechend natürlich sehr gespannt, ob Nihon Falcom das Gefühl und die Magie des Originals in „richtiges“ 3D transferieren konnte.

Kurz gesagt: Es ist den Entwicklern absolut gelungen. Ich war nach drei Minuten Spielzeit wieder total gefangen, die Charaktere sind einfach herrlich ausgearbeitet und die Grafik hat mich total geflasht, natürlich im Vergleich zum Original und nicht mit irgendwelchen hochgezüchteten AAA mit einem riesigen Budget. Im Kopf habe ich es immer wieder verglichen und ich finde es faszinierend, wie auch auf kleine Details geachtet worden ist. Ich wusste noch wo genau ich welches Geschäft finde, wo die Bracergilde ist und auch wo die Schatztruhen sind. Natürlich ist es für Fans des Originals ein zweischneidiges Schwert, denn wo ich das Gefühl hatte nach Hause zu kommen könnten andere denken, das hätten sie doch alles schon gesehen.

Auf unserer Reise durch Liberl begleiten wir durchgehend Estelle und Joshua, ihres Zeichens angehende Bracer. Die Bracergilde ist eine Organisation von Menschen die es sich zur Aufgabe gemacht haben, der Zivilbevölkerung zu helfen und Monster zu jagen in Bereichen, in denen dem Militär die Hände gebunden sind. Joshua, der nicht leibliche Bruder von Estelle, wurde vor fünf Jahren verwundet von Estelles Vater nach Hause gebracht und ist seitdem nicht von Estelles Seite gewichen. Gemeinsam haben die beiden entschieden, es Estelles Vater Cassius gleichzutun und Bracer zu werden. Zu diesem Zweck müssen die beiden durch Liberl reisen und in fünf Zweigstellen der Gilde eine Empfehlung bekommen, damit sie von Junior Bracern zu Senior Bracern aufsteigen können.

Trails in the Sky beginnt als kleine Reise und unterscheidet sich wohltuend von anderen JRPGs, in denen meistens die ganze Welt gerettet werden muss. Natürlich steckt mehr hinter der Reise als es zuerst den Anschein macht, aber es bleibt im kleinen Kreis und vielmehr konzentriert sich Trails auf seine beiden Hauptcharaktere. Das Spiel ist in Kapitel aufgeteilt die jeweils eine Region in Liberl näher zeigen mit immer wieder wechselnden Charakteren in der Party, die aber trotzdem irgendwie zusammenhängen, wie man im späteren Verlauf feststellen wird. Weiter möchte ich auch nicht auf die Geschichte eingehen aus Angst, ich könnte gewisse Geschehnisse aus Versehen spoilern. Aber ich kann mit gutem Gewissen behaupten dass die Welt von Liberl mit all ihren verschiedenen Charakteren eine Reise wert ist. Mit einem Wechselbad der Gefühle, toller Charakterzeichnung, einer lebendigen Welt in der die NPC immer neue Textzeilen haben und die neuesten Geschehnisse kommentieren, untermalt von einem wahnsinnig gutem Soundtrack, wird einem nicht langweilig, selbst wenn die Geschichte sehr lange braucht um in Fahrt zu kommen. Mein Durchgang hat mit fast allen Nebenquests (eine habe ich tatsächlich verpasst, was ich eventuell im vorhandenen NG+ nachholen werde) knapp 60 Stunden gedauert. Übrigens hat es neben der englischen Synchronisierung ein Novum in ein Trails-Spiel geschafft: Es gibt tatsächlich deutsche Untertitel, die auch noch bis auf sehr seltene Rechtschreibfehler sehr gut sind. Die Synchro selbst ist leider nicht durchgehend, was aber bei der Masse an Text aufgrund des geringen Budgets kein Wunder ist. Seltsam hingegen mutet an, wenn in einem Gespräch ein Charakter tatsächlich vertont ist, die anderen aber nur Untertitel bekommen.

Die Grafik ist wie beschrieben natürlich nicht die beste die es im Videospielbereich gibt, aber die bunte Welt ist sehr einladend und wenn man wie ich mit einem Lächeln durch die Welt wandert fallen einem auch nicht zwangsläufig schlechte Texturen auf, da das Gesamtbild stimmig ist. Die Musik hat sehr starken Ohrwurmcharakter und ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich insbesondere das Battle Theme immer wieder im Kopf habe. Auch technisch gibt es nichts zu bemängeln, ich hatte in meiner langen Spielzeit keinen einzigen Bug geschweige denn einen Ruckler, es lief die gesamte Zeit sehr gut.

Das Kampfsystem ist ähnlich wie bei Trails through Daybreak, es ist ein Hybrid aus Echtzeit- und Rundenkampf. Kleinere Gegner kann man schnell in Echtzeit aus dem Weg schaffen, es gibt jedoch immer die Möglichkeit in den Rundenkampf zu wechseln, der viel mehr Optionen bietet. In Echtzeit kann man ausweichen, normal schlagen und einen Spezialangriff durchführen, aber erst in den Rundenkämpfen kommt das sehr gute Kampfystem hervor. Hier hat man neben den Zaubern noch diverse andere Möglichkeiten, den Gegnern den Garaus zu machen und ist es sehr wichtig taktisch vorzugehen und auch die Positionen zu wechseln, ansonsten ist man schneller tot als man gucken kann, insbesondere auf den höheren Schwierigkeitsstufen, derer es übrigens fünf gibt. Auch die QoL-Funktionen kommen mir sehr zugute, neben der neuen Schnellreise gibt es jetzt sogar tatsächlich Marker auf der Karte. Manche werden sich daran stören, für mich ist ist es eine hervorragende neue Funktion, weil ich im Original teilweise schon das Problem hatte den nächsten Storytrigger zu finden. Ansonsten gibt es wie bei Trails üblich das sogenannte Quarz-System, mit dem man verschiedene Zauber ausrüsten kann, das aber auch verschiedene Stats erhöht. Waffen lassen sich kaufen und aufleveln genauso wie Rüstung und Schuhe, hier zeigt sich das typische JRPG-Bild. Auch das im Remake neue Belohnungssystem ist sehr motivierend, hier gilt es bestimmte Aufgaben zu erfüllen wie zum Beispiel 1000 Gegner zu töten, als Belohnung winken diverse Items oder auch Kostüme. Die vorhandenen Nebenquests sind teilweise sehr gut gemacht und lassen uns näher in die Welt eintauchen.

Ja, ich bin neuerdings ein kleiner Fanboy der Falcomspiele geworden, weil ich diese Mischung aus hervorragendem Gameplay, gut gemachter Charakterzeichnung und spannender Story sehr mag. Hier ist Trails in the Sky 1st Chapter wieder ein Paradebeispiel für Falcoms Stärken. Ich habe mit den Charakteren gelitten, ich habe jede Minute des Spiels genossen und auch die Story hat mich wieder komplett eingenommen, obwohl ich genau wusste wann was passiert, weil diese identisch zum Original ist. Neben der tollen technischen Seite überzeugt das Spiel auch spielerisch auf ganzer Linie und wer schon immer mal in die Trails-Reihe einsteigen wollte findet hier das perfekte Spiel und wer weiß, vielleicht werdet ihr auch wie ich angefixt und wollt die ganze Reihe nachholen? Zu gönnen wäre es Nihon Falcom, die auch in der heutigen schnelllebigen Welt auf Kontinuität setzen und ihre Philosophie weiter durchziehen. Wer JRPG liebt sollte hier nicht lange überlegen und Trails kaufen!

Ein herzlicher Dank geht an Clear River Games für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PlayStation 5.