
Mitte der 90er Jahre waren 2D Spiele zwar noch die dominierende Form der Videospiele, doch ausgehende von den Spielhallen und begünstigt durch stärker werdende Grafikhardware für Endanwender mussten auch die Konsolenhersteller die dritte Dimension im berücksichtigen. Da Nintendo selbst mit dem Nintendo 64 noch nicht so weit war und noch einige Jahre mit dem Super Nintendo auskommen musste, hat sich das Traditionsunternehmen externe Hilfe gesucht – von Argonaut für erste 3D-Spiele mit einer Zusatzhardware im Modul und von dem britischen Unternehmen Rare, die mit vorgerenderten Grafiken zumindest den Eindruck von Plastizität vermitteln konnten. Ergebnis der Kooperation mit Rare war die Neukonzeption einer der ersten titelgebenden Spielfiguren Nintendos, Donkey Kong.
In Donkey Kong Country schlüpft man aber nicht etwa in die Rolle des Frauen-verschleppenden Bösewichts aus dem Arcade-Klassiker Donkey Kong, sondern in die seines Enkels gleichen Namens. Der Arcade-Donkey Kong ist zwischenzeitlich in die Tage gekommen und hört dieser Tage auf den Namen Cranky Kong. Cranky kann nicht so recht einsehen, dass seine großen Tage vorbei sind und ärgert seinen Enkel ein wenig mit sarkastisch-nostalgischen Sprüchen, unterstützt Donkey aber doch bei seinem Kampf gegen King K. Rool. Das fiese Krokodil hat nämlich Donkey Kongs reichhaltigen Bananenvorrat geplündert und weder Donkey noch sein junger Freund Diddy wollen das auf sich sitzen lassen. Also machen sich die beiden gemeinsam auf, den Bananenschatz zurückzuerobern.

Diddy Kong ist aber nicht nur ein stiller Begleiter, sondern sowohl spielbarer Charakter als auch Teil eines ungewöhnlichen Ansatzes für Lebensenergie. Zu Beginn des Spiels spielt man als Donkey Kong, kann aber an mehreren Stellen in den Levels DK-Fässer finden. Zerstört man diese, springt Diddy aus dem Fass hervor und rennt fortan hinter Donkey Kong her. Wer mag, kann mit der Select-Taste auch die Rollen vertauschen und mit Diddy statt Donkey spielen. Wird man von einem Gegner getroffen und ist allein unterwegs, verliert man ein Leben und muss beim letzten Checkpoint (markiert durch Fässer mit Sternen) fortfahren, hat man aber einen Affenfreund im Schlepptau, springt dieser ein und man kann das Spiel mit dem zweiten Affen fortsetzen. Folglich spielen sich die beiden auch sehr ähnlich, wenngleich es durchaus Unterschiede im Detail gibt. Donkey Kong ist etwas stärker als Diddy Kong, im Gegenzug ist Diddy agiler und in meinen Augen merklich angenehmer zu steuern. Alle Aufgaben im Spiel lassen sich aber mit beiden Affen absolvieren.
Neben Donkey und Diddy selbst kann man zudem auf die Unterstützung von tierischen Freunden zählen. An Land kann man gelegentlich in einer Kiste das Nashorn Rambi finden, das man als Reittier verwenden kann und das viele Gegner einfach mit seinem Horn wegrammen kann. Unter Wasser hingegen gibt es Schwertfisch Eduardo, der viele sonst unbesiegbare Gegner mit seiner spitzen Nase aus dem Weg räumen kann und sich zudem wesentlich fixer unter Wasser bewegen kann als die beiden Affen. Mit den Reittieren hat Rare eine Tradition begonnen, die in den weiteren Donkey Kong Country und Land-Spielen noch etwas weiter ausgebaut werden sollte.

Das eigentliche Jump & Run-Gameplay ist im Grunde genommen sehr simpel, die Affen können laufen und springen, sowie Fässer mit gedrückt gehaltenem Y-Knopf durch die Gegend tragen, um sie auf Gegner oder zerstörbare Umgebungsobjekte zu werfen. Für das Spielgefühl wohl am wichtigsten ist aber der Angriff der beiden, der ebenfalls durch einen Druck auf den Y-Knopf ausgelöst wird. Dieser lässt die Kongs nämlich eine Rolle vorwärts, respektive einen Radschlag ausführen, mit dem nicht nur Gegner besiegt werden können, sondern mit dem außerdem die Möglichkeit des Absprungs recht weit von dem Rand einer Plattform verschoben werden kann. Solange man sich nämlich in Rolle oder Radschlag befindet, kann man auch ohne festen Boden unter den Füßen abspringen, ein Umstand, der für einen idealen Spielfluss durch die Level immer wieder eine wichtige Rolle spielt.
Das Leveldesign ist ziemlich anspruchsvoll, sowohl was Sprung- und Kletterpassagen, als auch was kleine und große Gegner anbelangt. Am Ende einer jeden Welt muss man sich in einer Arena einem Endgegnerkampf stellen, der nach hinten raus einige Konzentration bedarf. Im direkten Vergleich mit Platzhirsch Super Mario ist die Spielmechanik von Donkey Kong weniger präzise und das einfache Platforming kann sich mit dem italienischen Klempner nicht messen, dafür lässt sich aber, wenn man es denn möchte, ein sehr guter Spielfluss erreichen, was insbesondere durch eine gute Abstimmung der Plattformen und Gegner sichergestellt wurde. Das volle Potenzial entfaltet sich dann im, leider nur auf dem Game Boy Advance verfügbaren, Time Attack, in dem Donkey Kong jedes Level in einem Rutsch innerhalb einer vorgegebenen Zeit abschließen muss. Das bedarf einiger Übung mit der Spielmechanik, kann aber im Zusammenspiel aus durchdachtem Leveldesign und sinnvoll positionierten Zeitfässern eine sehr runde Spielerfahrung ergeben.

Wer an Time Attack kein Interesse hat, kann als zusätzliche Herausforderung allerdings noch auf die Suche nach Geheimgängen gehen. In jedem Level gibt es versteckte Fässer, die einen in kleine Extraräume befördern, in denen man schnell eine Sammelaufgabe erledigen muss. Diese Extraträume sind teilweise ziemlich fies versteckt und nicht so gut eingebunden wie in den Sequels, wer das Spiel vollständig abschließen möchte, der sollte sich aber rechtzeitig auf die Suche machen, denn die 101% erreicht man nur, wenn man alle geheimen Fässer im Spiel findet.
Optisch ist Donkey Kong Country für ein Super Nintendo-Spiel ziemlich beeindruckend und die plastische vorgerenderte Grafik weiß auch heute noch zu gefallen, wenngleich das vorgegaukelte Spiel mit der dritten Dimension heute niemanden mehr begeistern dürfte. Der etwas düstere, aber dennoch farbenfrohe Stil geben Donkey Kong Country eine dichte Atmosphäre, die auf dem GBA aber ein wenig darunter leidet, dass Rare die Helligkeit der Grafik deutlich hochschrauben musste, damit man auf dem Launch-Gerät überhaupt die Chance hat, etwas zu erkennen. Auf dem GBC, der übrigens mit einem exklusiven Extralevel daherkommt, musste die Grafik naturgemäß deutlich simpler gestaltet werden, aber auch hier wird die Atmosphäre gut eingefangen. Ein ganz wesentlicher Faktor ist hierbei natürlich die exzellente Musik aus der Feder von Dave Wise, die bis heute prägend für die Donkey Kong-Reihe ist.

Donkey Kong Country ist zwar noch nicht so poliert wie sein Nachfolger, kann aber sowohl vom Spielgefühl her als auch stilistisch überzeugen. Alle drei Versionen des Spiels haben individuelle Vor- und Nachteile. Technisch ist klar die Super Nintendo-Version zu bevorzugen, doch die GBC-Version kann mit einem Extra-Level glänzen, während die GBA-Version mit einem wirklich gelungenen Time-Attack-Modus in meinen Augen die beste Spielweise bietet.

Getestet auf Super Nintendo, Game Boy Color und Game Boy Advance.