Dreams of Another (Review)

Shooter reizen mich normalerweise nicht besonders. Die Möglichkeit, in VR zu spielen, macht das Genre für mich schon etwas interessanter. Doch was mich besonders an Dreams of Another interessiert hat, ist das Prinzip, durch Schießen nichts zu töten oder zu zerstören, sondern die Umgebung aufzubauen.

Nach dem Motto „Keine Schöpfung ohne Zerstörung“ schafft Baiyon ein abstraktes, philosophisches Abenteuer über Träume, Kunst und das persönliche Vermächtnis. So ist die Schusswaffe weniger genredefinierend als erzählerisches Mittel.

Der Mann im Pyjama

Als Mann im Pyjama reise ich in Dreams of Another durch Traumwelten. Dort treffe ich auch auf den Wandernden Soldaten, der unfähig ist, mit seiner Waffe zu schießen. Dank (optionalem) PSVR2 bin ich mitten im Geschehen. 

Mein erster Traumauftrag ist es, einem Jungen zu helfen, der noch einmal ein Klavier hören möchte. Meine Erkundung der Gassen und Häuserreihen fängt sehr bodenständig an, aber spätestens die Maulwürfe ändern das.

Das Pacing ist eher gemächlich gestaltet, so dass ich zwischen den Träumen häufig wechsle, ehe ein Traum abgeschlossen ist. Besonders auffällig ist das bei einem heruntergekommenen Vergnügungspark, den ich wieder und wieder besuche, ehe sein Ende erreicht ist.

Screenshot aus Dreams of Another im VR-Modus: Halb materialisierte Wände und ein Junge.

Dabei erlebe ich die Träume nicht linear von Anfang bis Ende, sondern wechsle immer wieder zwischen mehreren Träumen. Anfangs haben mich die Wechsel irritiert, nach einigen Abschnitten habe ich mich daran gewöhnt. Irgendwann konnte ich anhand von Musik und Farbgebung der abstrahierten Umgebungen sofort erkennen, wo ich mich gerade befinde. Je surrealer der Ort dabei ist, desto eindrücklicher ist er und besser bleibt er im Gedächtnis.

Bevor ich auf die Umgebung schieße, besteht sie aus Wolken vielfarbiger Kreise. Was ich treffe, nimmt erkennbare Form an. Entsprechend ist präzises Zielen nicht besonders wichtig, auch wenn es die Möglichkeit gibt, den Lauf mit der linken Hand zu stabilisieren.

Mit dem Gewehr die Umgebung aufzubauen, ist fast schon meditativ und erinnert mich ein wenig an das Einfärben in Splatoon. Allerdings habe selbst ich in den rund sieben Stunden Spielzeit irgendwann damit aufgehört, zu versuchen, meine Umgebung komplett in Form zu bringen. Vor allem, weil ich einige Orte wiederholt besuche.

Das Feedback von Controller und Headset ist überzeugend umgesetzt. Die adaptiven Trigger leisten leichten Widerstand beim Schießen und das Headset vibriert beispielsweise, wenn ich einen noch nicht materialisierten Bereich betrete.

Screenshot: Mann im Pyjama vor einer Statue in Denkposition. "Hast du in dieser Zeit wirklich Vertrauen in deine Wahrnehmung?"
Emotionen und Kleinigkeiten

In der hergestellten Umgebung finde ich verschiedene Objekte, deren Gedanken und Gefühle ich höre. Habt ihr euch schon einmal gefragt, was eure Haustür bewegt? Darunter sind einzelne offensichtliche Gedanken, aber auch viele amüsante Monologe. Besonders im Kopf geblieben sind mir diejenigen Gedanken, die kleine Geschichten bilden. Das Voice Acting eckt dabei etwas an, bietet mit mehrstimmig vertonten Sätzen jedoch ein interessantes Erlebnis.

Auch die Musik ist nicht unbedingt eingängig, trägt aber zur Atmosphäre der Traumwelten bei. 

Daneben finde ich in Dreams of Another auch auf dem Boden verstreute Kleinigkeiten. Diese gebe ich dem Wandernden Soldaten. Leider sind viele der Sätze, die er zu den Kleinigkeiten sagt, generisch und wiederholen sich häufig. Nur einzelne Kleinigkeiten lösen einzigartige Dialoge aus. Zudem wiederholen sich auch die Kleinigkeiten selbst. Dadurch verlieren sie deutlich an Reiz, auch wenn sie Ladungen für Spezialwaffen aufladen.

Im Verlauf lande ich zudem immer wieder im Hauptmenü. Zuerst habe ich versucht, das System dahinter zu verstehen, später wird das jedoch auch klar. Es ist eines der vielen Details, die erst einmal irritieren, aber durchaus im Nachhinein Sinn ergeben und zum Erlebnis beitragen.

Gedanken einer Tür: "Ich sehne mich nach einer Tür, die schon etwas älter ist und beim Öffnen ein schönes Quietschen von sich gibt."
Fortschritte

Wie ich einen Traum vorantreiben, ist situationsabhängig. Mal muss ich mit der richtigen Person sprechen, mal einen bestimmten Ort erreichen. Einigen verwirrten Objekten helfe ich dabei, sich zu beruhigen, indem ich ihre Aura abschieße. Diese zeigt sich in Form geisterhafter Gegenstände, die zumeist durch die Luft fliegen. Einzelne sind mit Rätseln verbunden, die sich durch Beobachtung in der Regel gut lösen können. Oftmals reicht es aber auch aus, stur zu schießen und darauf zu warten, dass sich etwas verändert.

Szenen wechseln in Dreams of Another häufig zu einer Fensteransicht, bei der ich in einer schwarzen Leere stehe und vor mir in einem Rechteck Personen miteinander sprechen. Ein besonderes Highlight ist dabei, dass sie in VR sehr plastisch wirken und bisweilen Teile der Szene über den Rahmen in meine Richtung hinausragen.

Mehrfach hatte ich jedoch Probleme damit, zum nächsten Abschnitt zu gelangen. Zwar tauchen bei Annäherung Markierungen auf, wenn ich mit Objekten oder Personen interagieren kann, diese funktionieren jedoch noch nicht einwandfrei. Mal tauchen sie sehr spät auf, mehrfach jedoch landen sie innerhalb von Objekten. In VR ließen sie sich trotzdem erreichen, indem ich mich selbst nach vorne bewege, während die Figur nicht weiterlaufen kann, ideal ist das jedoch nicht. Gleich bei meiner ersten Tür konnte ich zudem erst interagieren, als ich mehrfach zwischen First und Third Person gewechselt habe, um zu schauen, ob sich dann etwas tut. An einer anderen Stelle wurde zudem eine Animation erst getriggert, als ich von VR zu Flatscreen gewechselt habe. (Was im direkten Vergleich sehr flach und sehr klein wirkt.) Das lässt sich durch Patches jedoch lösen und die Performance des Titels ist ansonsten durchgehend flüssig. Die deutschen Untertitel sind teilweise unsauber übersetzt.

Ein halb materialisierter, riesiger Ring in der Ferne.
Fazit

Spielerisch ist Dreams of Another wenig anspruchsvoll. Die Hauptmechanik des Schießens bleibt weitgehend simpel, die geringe geforderte Präzision kommt mir jedoch sehr entgegen. Der VR-Modus ist überzeugend umgesetzt und intensiviert für mich das Erlebnis. Viel zu materialisieren, kann auf Dauer eintönig werden, ist allerdings auch nicht notwendig, um Träume abzuschließen. Während die Emotionen der Objekte ein netter Anreiz sind, mehr zu materialisieren, fällt die Motivation durch sich wiederholende Kleinigkeiten ab.

Die künstlerische Wirkung zu bewerten, ist freilich schwierig. Aspekte wie Voice Acting und Musik fallen in ihrer Andersartigkeit auf, können jedoch auch gewöhnungsbedürftig sein. In die zunehmende Surrealität der Traumwelten wird behutsam eingeführt. Die auftretenden Thematiken regen durchaus zum Nachdenken an, gelegentlich hat mich das Geschehen jedoch für ein oder zwei Abschnittswechsel verloren.

Entsprechend ist eine uneingeschränkte Empfehlung eher schwierig. Dreams of Another ist ein eigentümliches Erlebnis, das persönlich klicken muss, da es spielerisch zu Eintönigkeit neigt und die Erzählweise abschrecken kann.

Herzlichen Dank an Q-Games für die Bereitstellung des Testmusters. Materialisiert auf PS5 mit PSVR2.