
Nintendo-Fans sind nicht selten der Ansicht, dass sie die großen Nintendo-Marken spielerisch komplett ausgeschöpft und alle Zelda-Spiele, alle Marios und bisweilen auch alle F-Zeros gespielt zu haben. Was jedoch vielen Spielern nicht bekannt ist, ist der Umstand, dass Nintendo einige Nachfolgerspiele entwickelt hat, die teilweise nahezu, teilweise komplett verloren gegangen sind. Die Rede ist hier nicht etwa von verworfenen Prototypen, sondern von Spielen für das Japan-exklusive Add-On des Super Nintendo, das auf den Namen Satellaview hört. In diesem Artikel wollen wir euch nicht nur die Satellaview-Hardware vorstellen, sondern zudem einen ausführlichen Blick auf Satellaview-exklusive Spiele der Reihen Zelda und F-Zero, sowie die Möglichkeiten, diese Spiele heute noch zu spielen, werfen.
Früher war alles besser?
Always Online, Download-only-Spiele, wer bei diesen Begriffen vor allem an aktuelle Konsolen ab der Xbox 360 denkt, liegt damit gewiss nicht falsch, doch wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Nintendo in dieser Hinsicht ein echter Vorreiter war? Das Super Nintendo, respektive Super Famicom, so der japanische Name, hat nämlich ausschließlich in Japan ein Add-On erhalten, das es mit einer Art Online-Funktionalität ausgestattet hat. Über einen Satelliten wurden Spiele teilweise als Downloads, teilweise sogar als Echtzeitstreams übertragen. Gepaart wurde das mit Online-Wettbewerben mitsamt Preisen. Gespeichert wurden die Spiele auf kleinen Speicherkarten.

Download-Spiele gab es in zwei Ausführungen. Einerseits gab es Spiele, die komplett heruntergeladen werden konnten und dann eine vorgegebene Zahl an Ausführungen gespielt werden konnten – Startbeschränkungen für Demo-Downloads hat Nintendo also nicht eigens für den Nintendo 3DS eingeführt. Andererseits gab es Spiele, bei denen zwar die eigentlichen Spieldaten ebenfalls vorab heruntergeladen werden konnten, bei denen aber eine aktive Online-Komponente existierte. Die Musik und in vielen Fällen sogar Sprachausgabe wurde dann während des Spiels vom BS-X Satelliten bezogen.
Verlorene Kunst
Die Folge war natürlich, dass Spiele der zweiten Art immer nur während der Übertragungszeiten gespielt werden konnten. Da die Spiele immer auf einer knapp bemessenen Speicherkarte abgelegt wurden, haben die Spielbeschränkung bei Download-Spielen und die noch strengere Beschränkung auf fixe Spielzeiten bei Streaming-Spielen zur Folge, dass einige Spieldaten wohl für immer verloren gegangen sind und bei anderen Spielen die Rekonstruktion durch Fans eine ganze Menge Zeit in Anspruch genommen hat. Bei Zelda: Ancient Stone Tablets beispielsweise war das vierte Kapitel lange verloren und bei BS F-Zero Grand Prix 2 ist ein ganzer Cup bis heute nicht wieder aufgetaucht. Was bei Super Nintendo-Spielen eine echte Ausnahme ist, könnte uns bei neuen Spielen in Zukunft wesentlich häufiger ins Haus stehen. Doch genug zur Hardware, werfen wir einen Blick auf die bereits angesprochenen Nachfolger zu Zelda und F-Zero.

Neue Strecken für F-Zero in BS F-Zero Grand Prix 2
F-Zero war eines von vielen klassischen Super Nintendo-Spielen, die auf dem Satellaview-Service zum Download bereitgestellt wurden. Doch anders als bei Super Mario All-Stars oder Zelda: A Link to the Past hat Nintendo hier bei einem reinen Port nicht Halt gemacht. In einer zweiten Übertragung unter dem Namen BS F-Zero Grand Prix 2 wurden auch zwei neue Cups veröffentlicht. Der zweite Cup ist leider nur noch in Video-Form erhalten, es ist nicht bekannt, dass irgendein Nutzer noch eine Kopie des zweiten Cups besitzt.
Der erste Cup hingegen ist ins Internet gestellt worden und kann sowohl auf einem Emulator als auch einem Repro-Modul auf dem Super Nintendo gespielt werden. Der Cup, den BS F-Zero 2 bietet, enthält jeweils eine neue Variante für Mute City, Big Blue und Silence, zudem wurde ein neues Szenario namens Sand Storm mit zwei Strecken eingeführt. Wie schon im ersten F-Zero sind die neuen Strecken in den bekannten Szenarien relativ ähnlich zu den vorherigen Strecken gleichen Namens. Im leider verloren gegangenen zweiten Cup wurde ein weiteres Szenario eingeführt und weitere Strecken zum Sand Storm-Thema geboten.

Legenden aus dem All
Nintendos Vorzeige-Serie Zelda wurde gleich in vierfacher Hinsicht auf dem Satellaview angeboten. Im Nachhinein betrachtet eher uninteressant ist eine Neuauflage von A Link to the Past, das ursprünglich als Modul für das Super Nintendo erschienen ist. Spielerisch unterscheidet sich diese Download-Version in keiner Weise von dem Modul, das auch hierzulande erschienen ist, so dass wir auf dieses Spiel nicht weiter eingehen werden. Fans der Formel des Original The Legend of Zelda werden sich über die beiden Spiele, die unter dem Namen BS The Legend of Zelda veröffentlicht wurden und heute als Map 1 und Map 2 bezeichnet werden, freuen.
Für Nostalgiker: BS The Legend of Zelda Map 1 und 2
Bei BS The Legend of Zelda Map 1 und Map 2 handelt es sich jeweils um eine weitere Quest zu The Legend of Zelda – allerdings in einer Optik, die stark an A Link to the Past erinnert. Zwar bieten Map 1 und Map 2 jeweils eine eigene Oberwelt und eigenes Dungeon-Design, abseits dieses Unterschiedes haben die Spiele aber die gleichen Eigenschaften, so dass wir im Folgenden nicht länger zwischen den beiden Varianten unterscheiden werden. Das Spiel wurde in vier Kapiteln übertragen, die jeweils in aufeinander folgenden Wochen ausgestrahlt wurden und jeweils zwei Dungeons enthalten. Das bedeutet, dass man in BS The Legend of Zelda die Oberwelt erst nach und nach erkunden und insbesondere die Dungeons nur in der vorgegebenen Reihenfolge erkunden kann. Die Steuerung des Fortschritts in der Oberwelt wurde durch das Shop-Angebot, das sich in den einzelnen Wochen unterschieden hat, gesteuert.

Wozu der Satellit?
Neben der episodischen Verteilung haben die Entwickler auch erste zaghafte Versuche gestartet, die Übertragung spielerisch zu nutzen. So gibt es einen Herzcontainer, der nur zu einer bestimmten Zeit auftaucht und danach verschwindet. In der letzten Woche gibt es überdies ein Schwert und eine Robe, die nur in sehr eng begrenzter Zeit eingesammelt werden können. Die Erkundung der Oberwelt zuvor ist allerdings sehr hilfreich, da man im Vorfeld Hinweise erhält, wo die Gegenstände zu finden sein werden. Das Zeitlimit von 50 Minuten je Woche sorgt zudem dafür, dass man die Erkundung der Oberwelt ein wenig anders angehen muss als in gewöhnlichen Zelda-Spielen. Schließlich wurde auch die Musik live über das Internet übertragen, so dass man auf Musik in für SNES-Verhältnisse enorm hoher Qualität – CD-Qualität – zurückgreifen konnte. BS The Legend of Zelda wurde von Fans vollständig restauriert und kann mit Hilfe von Emulatoren und Repro-Modulen gespielt werden. Während der Zeit-Aspekt des Originals eingefangen wurde, muss man allerdings mit der Musik aus dem NES-Original Vorlieb nehmen. Eine legale Variante, BS The Legend of Zelda zu spielen, gibt es heute leider nicht mehr.
Das Kronjuwel: Ancient Stone Tablets
Das wohl ambitionierteste und für Zelda-Fans wichtigste Projekt für das Satellaview war gewiss BS The Legend of Zelda: Ancient Stone Tablets. Hierbei handelt es sich um einen direkten Nachfolger zu The Legend of Zelda: A Link to the Past, nicht unähnlich dem Nintendo 3DS-Titel A Link Between Worlds. Das bedeutet, dass die Oberwelt von A Link to the Past recycelt wurde, alle acht Dungeons allerdings nicht nur eine neue Position auf der Karte einnehmen, sondern zudem auch komplett neu designt wurden. Die Endgegner sind allerdings die gleichen wie in A Link to the Past und auch neue Fähigkeiten, wie das Verschmelzen mit Wänden in A Link Between Worlds, bietet das Spiel nicht. Nichtsdestotrotz: Durch das erneute strikte Zeitlimit – 50 Minuten in jeder der vier Spielwochen – und die neu versteckten Herzteile muss man die Erkundung der Spielwelt dennoch sehr sorgfältig organisieren, wenn man alles finden möchte.

Der Wetterfrosch per Satellitenübertragung
Wie in BS The Legend of Zelda muss man in jeder Woche zwei Dungeons absolvieren, zudem gibt es jeweils acht Herzteile, eine Flasche und ein weiteres Upgrade zu finden. Nur Kenner von A Link to the Past werden im ersten Durchlauf alles finden können. Nachdem in BS The Legend of Zelda bereits erste zaghafte Versuche unternommen wurden, die Online-Komponente in das Spielprinzip einzubinden, hat man in Ancient Stone Tablets die Möglichkeiten nun richtig ausgeschöpft. So gibt es insbesondere Wettereffekte, die sich im Laufe des Spiels immer wieder wechseln und Effekte auf das Spiel haben. Regnet es beispielsweise, so ist König Zora besonders gut drauf und verkauft die Slipper zu einem Sonderpreis, auf der anderen Seite funktionieren Bomben in der Oberwelt nicht mehr.
Zelda mit durchgängiger Sprachausgabe
Das gesamte Spiel wird zudem von einer japanischen Sprachausgabe begleitet, die dem Spieler zahlreiche Hinweise zu zeitlich beschränkten Geheimnissen im Spiel gibt. In der Fan-Restauration des Spiels wurden diese Texte übrigens komplett ins Englische übersetzt und als Bildschirmuntertexte angezeigt. Eine echt ungewöhnliche Idee, die den Entwickler von A Link Between Worlds ganz offensichtlich zur Motivation diente, war ein Mietshop, in dem man eine Schaufel, sowie stärkere Schwerter für eine beschränkte Zeit gegen eine ordentliche Summe Geld mieten kann. Eine interessante Neuerung ist auch die Veränderung der Pegasus-Stiefel. Man kann im hohen Tempo jederzeit die Richtung wechseln und ohne Unterbrechung in die neue Richtung weiter rennen. In Anbetracht des Zeitdrucks, der in Ancient Stone Tablets auf dem Spieler lastet, ist das eine willkommene Änderung. Alle weiteren Items sind hingegen identisch zu A Link to the Past.

Doch trotz aller neuer Ideen und des deutlich anderen Spielgefühls, muss man klar sagen, das Highlight von Ancient Stone Tablets ist das vollständig neue Dungeondesign. Die Rätsel sind auf Grund des Zeitlimits natürlich etwas einfacher gestaltet und folgen durch die Itemwahl bekannten Ideen, doch sind klar Kenner des Vorgängers im Fokus des Spiels, denn Newcomer werden die Dungeons schwerlich im Zeitlimit abschließen können.
Gewiefte Bastler
Auch Ancient Stone Tablets wurde nach langer Arbeit von Fans rekonstruiert. Beeindruckend ist, dass findige Bastler sogar spezielle Module gebaut haben, auf denen das Spiel angeboten werden kann. Mithilfe der Reset-Taste oder einem Schalter auf dem Modul kann dabei zwischen den Kapiteln gewechselt werden. Wie schon bei den übrigen vorgestellten Satellaview-Titeln gibt es leider aber auch für Ancient Stone Tablets keine legale Möglichkeit, das Spiel zu spielen – so sehr es eigentlich ein Pflichttitel für Zelda-Fans ist.
Ende der Übertragung
Das Satellaview bietet also ein durchaus beeindruckendes Spiele-Line-Up; einen bitteren Vorgeschmack auf die von manchen Unternehmen gewünschte Streaming-Zukunft bietet die Unmöglichkeit, die Spiele heute noch legal zu erwerben oder auch als ehemaliger BS-X-Abonnent zu Satellaview-Zeiten noch legal zu spielen, sowie, vielleicht noch drastischer, der Umstand, dass der zweite Cup von BS F-Zero Grand Prix 2 verloren gegangen ist. Einzig Nintendo selbst hat wohl noch die Möglichkeit, uns die Möglichkeit zu bieten, irgendwann noch einmal in den Genuss der neuen Strecken zu kommen. Fire Emblem-Fans haben in Sachen Satellaview übrigens Glück gehabt: Zwar gab es auch einige Fire Emblem-Karten für das Satellaview, diese wurden allerdings in dem Japan-exklusiven zweiten Nintendo DS-Fire Emblem, New Mystery of the Emblem, neu aufgelegt.