The Knightling (Review)

Im vergangenen Jahr habe ich The Knightling erstmals auf der Gamescom spielen können und die ungewöhnliche Mischung aus Open World-Design und 3D Jump & Run angemerkt, dieser Tage ist der Ritter-Lehrling dann endlich in den digitalen Kaufhäusern aufgetaucht. Also rein in die Rüstung und hinter dem überdimensionierten Schild verschanzt!

In The Knightling schlüpft man in die Rolle des kleinen Ritterlehrlings von Sir Löwenstein, den alle nur Ritterchen nennen und den niemand ernst zu nehmen scheint. Das ist kein allzu großes Problem, solange unser Ritterchen an der Seite des angesehenen Sir Löwenstein unterwegs ist, der sich überdies sehr gewissenhaft um sein Ritterchen kümmert. Alsbald entwickelt sich die Situation aber gar nicht im Sinne des Ritterchens, denn Herr Löwenstein wird in einen heftigen Kampf verwickelt und muss einem fiesen Ungeheuer hinterherreiten, während das Ritterchen zurückbleibt und sich langsam mit dem Gedanken anfreunden muss, dass nur er in der Lage ist, Sir Löwenstein aus der brenzligen Situation zu befreien.

Die Geschichte wird mit deutschen Bildschirmtexten und Gibberish-Sprachausgabe erzählt. Normalerweise habe ich mit solchen Lauten als Sprachausgabe keine Probleme und finde sie sogar sympathisch, im Fall von The Knightling wäre eine echte Sprachausgabe aber doch wünschenswert gewesen, denn die Entwickler haben offenbar ausgemachte Adleraugen. Die Texte im Spiel sind nämlich unerträglich klein, so dass das Spiel für meine in die Tage gekommenen Augen nur in ziemlicher Nähe zum Bildschirm lesen kann. Das ist besonders ärgerlich als dass die Textboxen ohne Not nur ein Drittel der Bildschirmbreite einnehmen und die Textgröße dann obendrein noch so gering ist, dass diese kleinen Textboxen nicht einmal zur Hälfte gefüllt sind. Den Text zu ignorieren ist im Gegensatz zu den meisten 3D Jump & Runs auch leider keine Option, denn es werden essenzielle Informationen zu den jeweils nächsten Missionen in die Geschichte eingewoben.

Spielerisch ist The Knightling ein wildes Potpourri aus Ideen, die zwar nicht alle aufgehen, aber in vielen Fällen doch überzeugen können. Vorrangig ist The Knightling ein 3D Jump & Run in einer offenen Welt mit einer flüssigen Spielmechanik, bei der vor allem der riesige Schild eine entscheidende Rolle einnimmt. Auf dem Schild kann man nämlich surfen, um sich schneller durch die Spielwelt zu bewegen – jedenfalls solange es bergab geht – und man kann den Schild auch zum Schweben in Luftströmen verwenden. Die Spielmechanik macht eine Menge Spaß und die Bewegungsfreiheit macht einen großen Teil des Spielspaßes aus. Dass die grundlegende Sprungmechanik ebenfalls gut gelungen ist, trägt zudem zu einer guten Spielbarkeit bei. Die Spielwelt ist auf die Fähigkeiten des Ritterlein zugeschnitten und gibt zahlreiche Möglichkeiten, sein Plattform-Geschick unter Beweis zu stellen.

Die wohl schwächste Komponente des Spiels ist das Kampfsystem, das ziemlich behäbig ist – jedenfalls aus meiner Sicht, der ich aber gleiches auch zum Beispiel über die Dark Souls-Spiele sagen würde. Der große Schild kann zwar auf Knopfdruck auch als Offensivwaffe eingesetzt werden, kann aber nur sehr langsam geschwungen werden, so dass es recht riskant ist, offensiv in die Kämpfe zu ziehen. Im Gegenzug bietet er aber einen äußerst soliden Schutz gegen gegnerische Angriffe. Die wichtigste Kampfaktion ist aber sicherlich das Parieren, das zwar nicht die sicherste Kampftechnik darstellt – hinter dem Schild verschanzen und in offensichtlichen Lücken zuschlagen ist sicherer – aber klar die effektivste Spielweise bietet.

Ich habe die Kämpfe im Spiel als lästig, zäh und zu langwierig empfunden, allerdings scheinen die Entwickler bereits geahnt zu haben, dass manche Spieler mit dem Element nicht gut zurechtkommen könnten und haben optional eine Unsterblichkeit angeboten, die im Menü aktiviert werden kann. Auf den Rest des Spiels hat das im Grunde keinen Einfluss, die Kämpfe werden aber offensichtlich trivialisiert. Gut für mich, nach etwa der Hälfte des Spiels hatte ich von den Kämpfen endgültig genug und habe sie auf diese Weise effektiv deaktiviert.

Die dritte Komponente, die den Entwicklern am Herzen lag, sind eine Hand voll Rätsel, sowohl in der Oberwelt, als auch in Dungeon-artigen verwinkelten Konstruktionen. Diese Rätsel sind zwar logisch nicht allzu anspruchsvoll, bedürfen aber einer guten Kenntnis der Umgebung und sind leider manchmal etwas mäßig dokumentiert, so dass sie gelegentlich in Herumprobieren ausarten können. Ein Rätsel, das mir in der Hinsicht negativ aufgefallen ist, ist die Reparatur eines Wasserlaufsystems, bei dem auf Grund der doch merklichen Distanz zwischen den verschiedenen Interaktionspunkten ich es als etwas unangenehm empfunden habe, durch Herumprobieren herausfinden zu müssen, welche Stellung der Zahnräder erwünscht ist.

Die offene Welt wird im Spiel nicht allzu nachdrücklich aufgezwungen. Wer möchte, kann sich entlang der Hauptmissionen an einem recht linearen Pfad orientieren. Es gibt aber eine ganze Reihe von Nebenaufgaben, die teilweise auch mehrschrittig sind, die auf dem Radar am oberen Bildschirmrand mit angezeigt werden. Ich habe eine Hand voll Nebenmissionen erledigt, fand sie aber doch merklich schwächer als die Hauptmissionen.

Technisch ist The Knightling solide, aber leider hält die Framerate nicht immer mit dem Spiel mit. Immer wieder kommt es vor, dass die Framerate auf der Xbox Series X kurzzeitig sichtbar einbricht. Meinem Empfinden nach hat das die Spielbarkeit nicht nachhaltig beeinträchtigt, aber in Anbetracht der moderaten Präsentation hätte ich solche Performance-Probleme eher nicht erwartet. Immerhin kommt aber die Oberwelt ohne Ladezeiten aus und einzig das Betreten und Verlassen von Dungeon-Subgebieten geht mit Ladepausen einher – die aber im Gegenzug auch gar nicht mal so kurz sind.

The Knightling ist ein sympathisches Spiel mit gelungener Grundmechanik, das zwar einige kleinere Schwächen in der Umsetzung hat, aber genug zu bieten hat, dass es eine durchaus empfehlenswerte Spielerfahrung darstellt. Für mich ist es besonders erfreulich gewesen, dass man das meines Erachtens zu behäbige Kampfsystem im Grunde genommen aus der Spielerfahrung ausblenden konnte, wer langsame und methodische Kämpfe zu schätzen weiß, der wird aber vielleicht auch hiermit seinen Spaß haben können.

Vielen Dank an Saber Interactive für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf Xbox Series X.