
Zelda-ähnliche Action-Adventures in 3D sind mittlerweile absolute Mangelware. Nintendo selbst hat sich von der klassischen Formel vor beinahe einer Dekade jedenfalls in der dritten Dimension verabschiedet und Indie-Entwickler haben die Formel bislang vorrangig in der Vogelperspektive aufgegriffen. Dungeons of Hinterberg aus und über die österreichischen Alpen verspricht hier Abhilfe zu schaffen, allerdings mit einem Twist: Die Dungeons, die sich deutlich an dem Nintendo-Vorbild orientieren, werden von einem Social Sim-Aspekt begleitet, der immer wieder eingewoben wurde. Dieser war auch der Grund, dass ich trotz Zelda-Durst das Spiel lange gemieden habe, aber nachdem mir gut zugeredet wurde, dass man den sozialen Aspekt fast vollständig überspringen könne, habe ich mich doch im Game Pass an Hinterbergs Dungeons gewagt.
In Dungeons of Hinterberg schlüpft man in die Rolle einer jungen Abenteuerin, die in ihrem Urlaub die berühmten Dungeons in der Alpenregion Hinterberg erkunden möchte. Insgesamt 25 Dungeons gibt es rings um Hinterberg zu erkunden und dabei ein magisches Geheimnis aufzuklären. Der Spielablauf ist über einen Tagesablauf strukturiert. Jeder Spieltag – derer es unbegrenzt viele gibt, man hat also keinen Zeitdruck, wenn man Freude an den Social Sim-Aspekten hat – ist in vier Phasen unterteilt. Morgen hat man ein kurzes Gespräch mit einer anderen Spielfigur, gegebenenfalls gibt es ein kurzes Story-Event zu absolvieren und dann wählt man eine Zielregion für die Erkundung aus. Insgesamt gibt es vier große Gebiete, die im Grunde Oberweltengebieten in Zelda entsprechen, zu erkunden und an jedem Tag kann man nur in eines der Gebiete aufbrechen. Eine Liste der verfügbaren, abgeschlossenen und noch nicht verfügbaren Dungeons hilft bei der Entscheidung, welches Gebiet man in Angriff nimmt.

Anschließend wechselt der Tag zum Vormittag. Vormittags kann man frei (und ohne Zeitdruck) die gewählte Oberweltenregion erkunden, sich Scharmützel mit Gegnerhorden liefern und Ausrüstung sammeln, die in Truhen in der Oberwelt versteckt sind. Ist man erstmals in einem Oberweltengebiet, sollte man außerdem den Schrein des Oberweltgebietes aufsuchen, an dem man die magischen Spezialfähigkeiten für das jeweilige Gebiet erhält. Diese sind im Grunde die Äquivalente der Dungeon-Items in Zelda, können aber nur in dem Dungeon-Gebiet eingesetzt werden und nicht in den anderen. Eine Kombination der Fähigkeiten ist also leider nicht möglich. Das schränkt die Rätselgestaltung natürlich ein wenig ein, funktioniert aber im Endeffekt doch recht gut.
Schließlich kann man den Vormittag beenden, indem man entweder einen schönen Aussichtspunkt aufsucht und dort Rast macht – dabei verbessern sich dann einige der Statuswerte wie Angriff, Verteidigung und KP ein wenig – oder aber einen Dungeon findet und in Angriff nimmt. Die 26 Dungeons sind spielerisch das klare Highlight in Dungeons of Hinterberg. Abgesehen von den Endgegnerdungeons, derer es jeweils einen je Oberweltengebiet gibt, konzentrieren sich die Dungeons auf Rätsel und kommen in aller Regel mit einem individuellen Rätselkonzept daher, das dann über die circa fünfzehn Minuten währenden Dungeons entwickelt wird. So gibt es beispielsweise einen Dungeon, in dem es darum geht, sich durch das Verschieben von Kisten Wege zu schaffen, Laserstrahlen über Spiegel zu reflektieren oder Unterschiede in beinahe identischen Kopien von Räumen zu identifizieren.

Die Rätsel in Dungeons of Hinterberg haben einen moderaten Schwierigkeitsgrad, ungefähr auf dem Niveau von The Legend of Zelda: The Wind Waker, dürften also auch wenig geübte Spieler nicht frustrieren. Sie sind aber gleichzeitig gut genug konstruiert, dass auch Genre-Fans nicht gelangweilt werden. Insofern ist Dungeons of Hinterberg eine entspannte Zelda-artige Erfahrung. Die zwei Phasen, die man in klassischen Zelda-Dungeons findet, bietet Dungeons of Hinterberg nicht, in der Tat sind die Dungeons sogar größtenteils sehr strikt linear. Nichtsdestotrotz gibt es einige Geheimnisse zu entdecken, sei es bessere Ausrüstung oder auch die Erinnerungsmünze eines jeden Dungeons.
Hat man den Dungeon für den Tag abgeschlossen, wird man wieder in dem Dorf abgesetzt, in dem das Hotel steht. Hier muss man dann mit einem der Charaktere Zeit verbringen, beispielsweise in einem Gespräch, manchmal aber auch im Zuge einer kleinen Aufgabe, z. B. um das Kampfsystem zu üben. Basierend auf diesen Gesprächen verbessert sich die Beziehung zu dem jeweiligen Charakter und man schaltet kleine Boni frei, wenn man die nächste Beziehungsstufe erreicht. Glücklicherweise für mich lassen sich diese Gespräche aber in wenigen Sekunden überspringen und die Suche nach einer Person zur Interaktion ist ebenfalls im Regelfall sehr schnell erledigt. Wer an Social Sim-Elementen Spaß hat, kann hier aber sicher mehr herausziehen als ich, wenngleich die Mechanik offenkundig nicht allzu tief ist.

Dungeons of Hinterberg ist ein entspanntes Zelda-artiges Action-Adventure, das mit gelungenem Rätseldesign und einer ungewöhnlichen Spielstruktur, die große Freiheit bei der Dungeonwahl bietet, glänzen kann. Wer das klassische Zelda-Konzept vermisst und Social Sim-Elementen zugeneigt ist, oder jedenfalls damit leben kann, diese großzügig zu überspringen, kommt hier zweifelsohne auf seine Kosten. Derzeit ist Dungeons of Hinterberg übrigens auch noch im Game Pass enthalten.

Getestet auf Xbox Series X.