
Dass ein Spiel vor seinem Launch mit negativem Echo bedacht wird, passiert nicht allzu oft. Entweder die Inhalte entpuppen sich kurz vorher als gänzlich anders, als gemutmaßt, was dann in der Regel mit falschen Erwartungen einhergeht. Oder äußere Faktoren – nehmen wie Hogwarts Legacy als sehr prominentes Beispiel – überstrahlen am Ende das gesamte Spiel. Ein wenig betrifft zweiter Fall auch die Nintendo Switch 2 Welcome Tour. Die virtuelle Einführung in die neue Nintendo-Generation ist ein markanter Puzzle-Teil einer weitaus größeren Debatte rund um Nintendos neue Preispolitik. Doch jetzt nach einem Besuch in der Ausstellung stellt sich für mich viel eher die Frage, wie können wir in diesem speziellen Fall zu einem fairen Urteil gegenüber Nintendo und Fans gleichermaßen kommen. Aus diesem Grunde versuche ich mich gar nicht an einer Review von Nintendo Switch 2 Welcome Tour und lasse lieber meine Eindrücke und Gedanken für sich sprechen.
Nintendo Switch 2 Welcome Tour und seine Identitätskrise
Doch zunächst müssen wir dringend genau klären, was die Nintendo Switch 2 Welcome Tour eigentlich sein will. An dieser Stelle scheiden sich meiner Ansicht nach bereits die Geister. Denn erwarte ich ein kostenloses Spiel à la Astro’s Playroom, Wii Sports oder Aperture Desk Job auf der einen Seite? Oder individuelle Spielideen zum Launch wie Nintendo Land und 1-2 Switch auf der anderen Seite als Showcase für die Möglichkeiten der Plattform? Oder doch eher sowas wie The Playroom (VR)? Und die Antwort ist: Von allem ein bisschen und keines davon so richtig.

Denn mit der Nintendo Switch 2 Welcome Tour serviert uns Nintendo eine Hybride aus Minispielsammlung, Tech-Demo und gamifizierter Museumsausstellung. Diese besteht aus diversen Bereichen, aufgeteilt auf die Bestandteile und das Zubehör zur Nintendo Switch 2. Um vom linken Joycon, unserem Startbereich, weiterzukommen, müssen wir Stempel sammeln, die sich im Areal verstecken. Nur mit allen Stempeln öffnet sich der Weg zum nächsten Bereich, wo dasselbe gilt.
Es reicht in der Theorie vollkommen aus, alle Stempel zu sammeln, um die Nintendo Switch 2 Welcome Tour “durchzuspielen”. Allerdings ist dies das Äquivalent eines durch das Museum hetzenden Besuchers, welcher der Ausstellung selbst keinen Blick widmet, sondern nur dort ist, weil…ja warum eigentlich? Verstehe einer manche Menschen…
Neben den Stempeln bieten die Bereiche unterschiedliche “Exponate”, welche uns nicht nur Wissen auf den Weg geben, sondern auch die Technik der Nintendo Switch 2 näher bringen. Und Minispiele geben einen Hinweis darauf, was für spielerische Konzepte möglich sein könnten.
Wer weiß denn sowas?
Kern jedes Museumsbesuches sind die zahlreichen Infotafeln, die viele von uns auf den ersten Metern noch wissbegierig aufsaugen, um dann mit fortlaufender Dauer weitaus selektiver mit unserer Aufmerksamkeit zu werden. Auf der Nintendo Switch 2 Welcome Tour begegnen wir diesen Tafeln ebenso. Jeder Quizstand bietet ein bis fünf solcher Infofelder, die wir nacheinander studieren können. Haben wir alles zu einem Thema gelesen, können wir ein Quiz versuchen, um unser Wissen zu festigen. Mediendidaktik 101 meiner Ansicht nach. Für eine Medaille müssen wir alle Fragen korrekt beantworten. Gelingt uns dies nicht, werden die Infotafeln, zu denen wir falsche Antworten gegeben haben, wieder markiert. Ein sehr netter Service, wenn man sich mal vertippt hat oder das Wissen noch nicht gefestigt ist.

Medaillen sind neben Stempeln und Fundsachen, die über das Gelände verstreut sind, die wichtigsten Sammelgegenstände der Nintendo Switch 2 Welcome Tour. Mit diesen können wir Minispiele und Tech-Demos freischalten. Letztere haben nicht zwingend einen spielerischen Aspekt, worauf die Museumsangestellten auch wieder und wieder und wieder hinweisen wollen. »Achte darauf, das ist hier nur eine Demo und kein Minispiel.« Immer schön die Erwartungen in Schach halten.
Es ist dennoch faszinierend, wie gelungen diese kurzen Demos sind, um beispielsweise die Mausfähigkeiten, das HDR, die Framerate oder das HD Rumble 2 verständlich zu vermitteln. Solche Exponate können wir in ähnlicher Form – ob nun digital oder physisch – in zahlreichen Museen und Ausstellungen wiederfinden. Ein Hinweis darauf, was Nintendo mit seiner Welcome Tour im Grunde beabsichtigt. Ich mag es auf alle Fälle sehr, wenn wir die technischen Grundlagen be”greif”bar erhalten, da selbst ausprobieren didaktisch in der Regel für die meisten Lerntypen viel wertvoller ist.
Minispielereien
Den meisten Spaß bringen hingegen die Minispiele, die sich auf den verschiedenen Arealen der Nintendo Switch 2 Welcome Tour tummeln. Ziel ist es dabei, die einzelnen Fähigkeiten der Konsole auf spielerische Weise zu erfahren. Die meisten Spiele nutzen dabei die neue Maussteuerung, welche in meinen Augen wirklich unerwartet präzise ist. Fans von Spielen wie Civilization VII oder andere Titel, die davon profitieren werden, dürfen sich definitiv freuen. Ob es nun um die Präzision der Bewegung selbst oder die Einbindung mit dem Gyro-Sensor geht, diese Minispiele waren in meinen Augen das Highlight der Ausstellung. Allerdings bin ich wahrscheinlich mehr von der Maussteuerung fasziniert und weniger von ihrem Nutzen für die Nintendo Switch 2 Welcome Tour.

Denn am Ende des Tages sind die meisten Minispiele spielerisch interessante, aber anspruchslose Ideen. Ganz abstrakt war meiner Ansicht nach das Verstellen des Winkels der Konsole im Tischmodus. Hier bekommt man nicht allzu viel Gameplay, sondern vielmehr eine Form der Beschäftigung, welche ihren didaktischen Zweck maskiert…und somit die gesamte Welcome Tour Gefahr läuft, falsche Erwartungen zu wecken.
Erwartungsmanagement
Denn auch wenn sich durch das Erreichen gewisser Highscores in den Minispielen hier und da schwierigere Versionen freischalten, will uns die Nintendo Switch 2 Welcome Tour kein spielerisches Highlight des Launchkatalogs anbieten. Und da kommen wir wieder zurück auf die Erwartungen an diesen Titel. Es ist kein “vollwertiges” Spiel oder eine spaßige Sammlung an Konzepten. Hierfür darf man meiner Ansicht nach auch Geld verlangen. Genauso ist es aber auch keine reine Demo der Fähigkeiten einer in weiten Teilen an Überraschung armen neuen Konsolengeneration. Wer die erste Switch sein Eigen nennt, dürfte die meisten Features bereits kennen. Und für eine solche Demo ist jeder Euro einer zu viel.
Wer mit diesen Erwartungen an die Nintendo Switch 2 Welcome Tour herangeht, der stimmt nur logischerweise ein in die große Debatte, dass die Preispolitik von Nintendo einen ungeheuerlichen Start hinlegt. Doch mein eigener Besuch zeigt mir, dass Nintendo solche Erwartungen gar nicht erfüllen will, da der Einsatzzweck von Welcome Tour ein gänzlich anderes ist. Wir haben es hier mit einem didaktischen Werk zu tun, welches durch die bekannte Handschrift von Nintendo vor allem Wissen über die neue Konsole vermitteln will.
Ein virtueller Museumsbesuch in der Welcome Tour

Aber wir sind leider an einem Punkt in der Wahrnehmung der Switch 2 angekommen, in der dies alles nicht zählt. Die Nintendo Switch 2 Welcome Tour wird in der Review-Sphäre als reines Videospiel betrachtet und dementsprechend bewertet. Scores von gegenwärtig 57 bei OpenCritic und 55 bei MetaCritic sind da nicht allzu unverständlich. Aber zugleich auch schade.
Die Nintendo Switch 2 Welcome Tour ist kein klassisches Spiel und auf Basis dieser Beobachtung gar nicht mit den eingangs erwähnten Titeln vergleichbar. Wäre es schön, wenn dieser Titel ein kostenloser Download oder vorinstalliert wäre? Definitiv. Nintendo hätte sich mit dieser Entscheidung auf alle Fälle viel Stress und negatives Feedback sparen können. Es wären mehr Leute mit neutraler oder wohlgesinnter Attitüde an die Nintendo Switch 2 Welcome Tour herangegangen.
Es ist in meinen Augen auch ein Fehler von Nintendo gewesen, gerade wenn man „Drop the Price“ der letzten Wochen bedenkt. Aber stattdessen kostet der Titel und – ja, auch dieses Recht hat Nintendo meiner Ansicht nach. Zu viel Liebe ist in die Gestaltung der Software geflossen, zu viele Ideen versprühen den typischen Nintendo-Geist. Und lehrreich ist die Nintendo Switch 2 Welcome Tour auf alle Fälle, gerade je mehr Abstand die Besucher:innen zum Gaming haben. Und hier steckt für uns alle hier im Gaming Village das Dilemma. Wir haben diesen Abstand kaum. Nahezu jeder von uns hat über die letzten acht Jahre eine Switch gekauft oder kennt sich mit dem Medium aus. Für uns ist die Nintendo Switch 2 Welcome Tour nicht gemacht, aber für all jene, die Nintendo mit seiner neuen Konsolengeneration neu an Bord holen will.
Die Switch 2 von außen nach innen erkundet auf…offensichtlich Nintendo Switch 2. Ein herzlicher Dank geht an Nintendo für die Bereitstellung eines Mustercodes.