
Kürzlich hat ein Kumpel von mir Wrestling als so eng mit der menschlichen Historie wie die Unregelmäßigkeit des Verbs “sein” verbunden bezeichnet. Ob nun antikes Ringen oder heutiges Pro Wrestling, abseits von Fotos, Wrestling-GIFs und Anekdoten hatte ich bisher nie viel Kontakt damit. Immerhin schaue ich weder Sport noch ähnliche Entertainmentshows. Doch mit WWE 2K25 bin ich nun tief in die Welt des Videospiel-Wrestlings eingetaucht, weil meine Neugier geweckt war.
Die Grundlagen
Als kompletter Neuling habe ich mir erst einmal das Tutorial angeschaut. Ob Schläge, Sprünge, Waffeneinsatz oder Pins – alles wird ausführlich erklärt und hilft ungemein, damit ich nicht nur schlage und trete. Auch wenn ich dennoch viel schlage und trete. Hin und wieder ist die Einführung in eine Technik ungenau, meist erklärt der Pausenbildschirm denselben Move jedoch leicht anders und beseitigt Unklarheiten.
Praktisch ist das auch dann, wenn ich innerhalb eines Matches bestimmte Aktionen durchführen soll, mir aber nicht auf Anhieb einfällt, wie ich das machen kann. Bei der Vielzahl an Möglichkeiten kommt das durchaus hin und wieder vor.
Die Grundtechniken bestehen aus leichten und starken Schlägen, die ich gemeinsam mit Griffen zu Kombos verknüpfe. Wenn mein Gegner die Kombo vorausahnt, kann er diese unterbrechen. Ich selbst profitiere ebenfalls von hellseherischen Fähigkeiten, denn auch wenn die Ausweichtaste auf dem Bildschirm eingeblendet wird, ist das Reaktionsfenster unfassbar winzig. Während ich also anfangs zumeist zu spät reagiert habe, habe ich später häufig überkorrigiert und bin stattdessen zu früh ausgewichen. Tendenziell ist das dennoch besser, da ich zwar keinen Gegenangriff initiiere, aber häufig dennoch erfolgreich ausweiche.
Traktiere ich einen Gegner ausreichend, geht er (potenziell sehr lange) zu Boden. Dort liegt er ganz gut, damit ich fest zutreten kann. Anfangs hatte ich dabei ein schlechtes Gewissen, aber alle anderen Angriffe haben so viel Wucht, dass sowieso alles nach einer Menge Schmerz aussieht. Insgesamt macht das Wrestling viel Spaß.
Starte ich einen der vielen Modi, erklärt WWE 2K25 diesen mit sehr vielen Textboxen. Die meisten Erklärungen kann ich mir bei Bedarf erneut anzeigen lassen, was praktisch ist, weil die Menge an Informationen unfassbar groß ist. Häufig funktionieren die Modi aber auch dann, wenn ich die Hälfte gleich wieder vergesse oder versehentlich wegdrücke. Durch viele Kästen und wechselnde Seiten sind Modi wie My Faction und My GM dennoch optisch überwältigend.

Mutiny
Nach dem Tutorial bin ich in den Storymodus My Rise von WWE 2K25 eingestiegen. Dieses Jahr handelt es sich dabei um die Geschichte eines Aufstands gegen die Traditionen des WWE. Ich erstelle einen weiblichen und einen männlichen Charakter, die in ihrer jeweiligen Division, aber auch in brandneuen Intergender-Matches kämpfen. Die Story teilt sich dabei in verschiedene Pfade auf, die von meinen Entscheidungen beispielsweise bei der Persönlichkeitsauswahl abhängen. Neben einer Persönlichkeit haben die selbst erstellten Charaktere auch eine Stimme.
Rund 15 Stunden habe ich für meinen ersten Durchlauf der Geschichte gebraucht. Für weitere Durchgänge kann ich meine beiden Charaktere samt aufgelevelter Stats beibehalten. Was leider nicht beibehalten wird, ist eine Anzeige bereits gewählter Antwortmöglichkeiten. Dadurch fehlt es beim erneuten Spielen etwas an Komfort, weil ich mir stattdessen merken muss, was ich bereits ausgewählt hatte. Zusätzlich lassen sich Cutscenes nicht überspringen und Dialogzeilen nur einzeln weiterdrücken.
Auch wenn es letztlich meist darauf hinausläuft, Probleme mit Gewalt oder Schaukämpfen zu lösen (immerhin handelt es sich um ein Wrestlingspiel!), hatte ich sehr viel Spaß mit der Story. Wrestling ist in vielerlei Hinsicht eine Performance zur Publikumsunterhaltung, was sich in unglaublichen Moves und sprachlich ausgefeilten Dialogen zeigt. Daneben ist auch das Verhöhnen der Gegner sehr unterhaltsam.

Charaktereditor
Besonders beeindruckt hat mich der Charaktereditor in WWE 2K25. Ich könnte Tage darin verbringen. Hin und wieder ist zwar nicht sofort ersichtlich, was ein Regler tatsächlich beeinflusst, aber es gibt unfassbar viele Einstellungsmöglichkeiten.
Na gut, die Körperform lässt sich eher eingeschränkt anpassen. Während die Körpergröße sichtbar ist, verändert das Gewicht lediglich die Gewichtsklasse. Daneben gibt es für den Körper Behaarung, Narben und Tattoos.
Viel wichtiger ist aber ohnehin das Gesicht. Hier kann ich beide Seiten des Gesichts unabhängig gestalten, aber auch Veränderungen auf die andere Seite kopieren. Während der ein Bearbeitungsmodus auf Regler zurückgreift, ziehe ich im anderen bestimmte Punkte auf dem Gesicht zurecht.
Anpassungsmöglichkeiten gibt es dabei sogar für kleinste Details wie die Musterung der Augen. Am allermeisten gefällt mir jedoch die Möglichkeit, Farben frei zuteilen zu können. Nach Die Sims 3 vermisse ich das in den anderen Simsspielen sehr. In vielen Fällen kann ich zusätzlich die Textur beispielsweise zu Leder oder Stoff ändern oder sogar leuchten zu lassen.
Nachdem ich mich an Green Rooks Gesicht ausgetobt habe, habe ich mich an Unmengen von Frisuren erfreut. Gefolgt von Massen an Kleidungsstücken. Hin und wieder clippen Kleidungsstücke oder Kopfbedeckungen ineinander, aber bei der großen Auswahl lässt sich oft eine Alternative finden. Während einige Frisuren und Kopfbedeckungen oder verschiedene Kombinationen beispielsweise aus Oberteilen und Jacken nicht erlaubt sind, gibt es gerade bei den Frisuren oft Anpassungen. Kopfbänder drücken dann die Frisur etwas platt oder ein Haarknoten verschwindet komplett. Einzig ein Filter wegen noch nicht freigeschalteter Kleidungsstücke wäre praktisch.
Manchmal dauert es ein wenig, bis ein Kleidungsstück am Charakter geladen ist, und es gibt auch kleine Anzeigenbugs, aber davon abgesehen bin ich sehr zufrieden mit dem Charaktereditor.
Anschließend passe ich verschiedene Moves an wie beispielsweise den Signature Move oder Finisher. Daneben kann ich auch den Einlauf meiner Charaktere personalisieren.
Missionsziele
Häufig endet ein Storykampf mit meinem Sieg, bei einer Niederlage starte ich also einen Rückkampf. In Einzelfällen ist meine Niederlage egal, aber deutlich häufiger kommt vor, dass das Ende vorbestimmt ist. Selbst wenn ich es nicht immer vorher weiß.
Kämpfe gehen oft mit bestimmten Aufgaben einher, die ich währenddessen erledigen muss.
Dabei kann es sich um den Einsatz bestimmter Moves handeln, teilweise auch an bestimmten Positionen innerhalb oder außerhalb des Rings. Einzelne Kämpfe werden dadurch deutlich schwerer, gerade wenn ich eine Aufgabe nach der anderen abarbeiten muss, während Teammitglieder die Gegner rücksichtslos pinnen oder aus dem Ring werfen und dort festhalten. In Tag-Team-Matches die Gegner auf der anderen Seite des Seils anzugreifen, fühlt sich zwar ein wenig falsch an. Aber einmal habe ich darauf zurückgegriffen, um schneller zur nächsten Aufgabe übergehen zu können.
Besonders aufreibend werden die Missionen dann, wenn ich nur noch den Gegner besiegen muss, dann aber doch scheitere. Immerhin kann das auch durch meine eigene Niederlage geschehen, und ich bin zwar durch mehr gespielte Matches immer besser geworden, aber mit Profis kann ich lange nicht mithalten. Beim Neustart eines Kampfes muss ich die Aufgaben in derselben Reihenfolge lösen, auch wenn nicht alle aufeinander aufbauen und beispielsweise mit Cutscenes verbunden sind.
Insgesamt sorgen die Aufgaben jedoch für Abwechslung und führen mit unterschiedlichen Matchregeln gut in das grundsätzliche Kampfgeschehen ein. Auch wenn bei der schieren Masse an möglichen Regeln und Matchtypen bei weitem nicht alles im Storymodus vorkommt. Ich wurde immer routinierter, was das Ausweichtiming oder komplexere Moves wie das Tragen von Gegnern angeht.
Showcase: The Bloodline’s Dynasty
Noch routinierter wurde ich im Verlauf des Showcases. Hier sind die Missionsziele optional, bringen jedoch Belohnungen wie neue Wrestler:innen für die anderen Modi ein, erledige ich alle innerhalb eines Matches. Einmal hat mir bedauerlicherweise mein Team einen der Gegner besiegt, während ich gerade mit der letzten Aufgabe beschäftigt war. Insgesamt sind die Kämpfe hier etwas fordernder als in My Rise. Zwischendurch habe ich die Schwierigkeit probehalber von Normal auf Leicht gesenkt, allerdings habe ich dabei kaum einen Unterschied bemerkt.
Erkennungsmerkmal des Modus’ sind die legendären Matches der Bloodline. Diese besteht aus den Familien Anoa’i, Fatu und Maivia, die viele legendäre und titeldekorierte Wrestler:innen hervorgebracht haben. Einige der Matches spiele ich lediglich nach, wobei das Erledigen bestimmter Aufgaben zu Cutscenes innerhalb der Kämpfe führt. In anderen Fällen erhalte ich die Möglichkeit, Unrecht wiedergutzumachen. Das bedeutet, dass ich Matches nachspiele, die die Bloodline aus verschiedensten Gründen verloren hat, diesmal aber gewinne. Bei außenstehender Betrachtung ist die eine oder andere Niederlage vielleicht verdient, aber innerhalb des Showcases ist gut verständlich, warum entsprechende Niederlagen schmerzlich sind. Einzelne Kämpfe sind komplett hypothetisch.
Vor jedem Match erzählt Paul Heyman Eckdaten zu der Persönlichkeit, die ich anschließend Spiele. Familienverbindungen und erzielte Siege gehen über in Details zum spezifischen Match. Es geht darum, wie bedeutsam der Sieg war oder welch kurzer, unfairer Moment zur unverdienten Niederlage geführt hat. Tribal Chief Roman Reigns fügt Anekdoten und Erinnerungen hinzu. Für mich war alles neu, aber dennoch verständlich und interessant.

Legenden und Persönlichkeiten
Insgesamt sind über 300 Wrestler:innen in WWE 2K25 vertreten, wobei einige in verschiedenen Versionen vorhanden sind. So gibt es beispielsweise The Rock, aber auch Rocky Maivia aus seiner Zeit, als er noch ein junger Kiesel war.
Auch wenn Wrestler:innen durch ikonische Outfits und Frisuren über deutliche Erkennungsmerkmale verfügen, sind häufig auch die Gesichter gut erkennbar. Auch wenn es beispielsweise bei der Dichte von Bartwuchs von Shinsuke Nakamura, den ich im Universe-Modus ausprobiert habe, deutliche Unterschiede gibt. Aber ich bin sehr stolz auf mich, als ich kürzlich Seth Rollins in einem GIF wiedererkannt habe.

Ab auf die Insel
Ein brandneuer Modus ist The Island. Hier nutze ich ebenfalls einen selbsterstellten Charakter, den ich mit der Kaufwährung VC aufbessern oder mit neuer Kleidung ausstatten kann. Vielleicht habe ich ein wenig zu viel VC in die Werte gesteckt, allerdings hatte ich dank Bloodline Edition auch eine Menge davon.
Manuell durch die Gegend zu laufen, um einzelne Läden zu besuchen, bietet zwar keinen wirklichen Mehrwert, stört aber auch nicht besonders. Allerdings leidet die Insel darunter, dass ich nicht einmal auf einer Karte nach Orten suchen kann. Das Tutorial schickt mich zwar nur sehr kurz durch die Gegend, aber zweimal musste ich nach dem Ort suchen, zu dem ich als nächstes sollte.
Anschließend darf ich Roman Reigns von meinen Fähigkeiten überzeugen. Dafür siege ich in Matches mit unterschiedlichen Gegnern und Regeln. Allerdings hatte ich bereits mit dem zweiten Match ziemlich zu kämpfen. Wenn die Singleplayer-Herausforderung nicht ausreicht, gibt es auf der Insel aber auch die Möglichkeit, nach Online-Matches zu suchen.
Einen besonderen Mehrwert hat die Insel für mich nicht. Da ich allerdings mit anderen Modi sehr viel Spaß hatte oder habe, kann ich die Insel auch gut ignorieren.
Der komplett freie Modus, bei dem ich (freigeschaltete) Charaktere in vielen unterschiedlichen Matchtypen nutzen kann, gefällt mir deutlich besser.

Kartenpacks
Ein weiterer potentieller Geldfresser ist My Faction. In diesem Modus öffne ich Kartenpacks für zufällige Wrestler:innen oder Kosmetika für meine Fraktion, die in diesem Kartenset enthalten sind. Kartenpacks kaufe ich wahlweise mit VC oder in My Faction erspielten MFP. Glücklicherweise möchte ich keine spezifische Karte, weshalb ich nicht möglichst viele Punkte sammeln muss.
My Faction bietet zeitlich begrenzte Matches, die teilweise nur mit Karten bestimmter Werte spielbar sind. Daneben gibt es eine Welttournee, bei der ich die Orte auswähle, an denen ich mit meinen Karten antrete. Zudem ist My Faction einer der Modi, bei denen Aktionen innerhalb der Kämpfe Punkte bringen, die zu einer Bewertung von bis zu fünf Sternen führen. Dadurch verdiene ich auch MFP.
Auch hatte ich hier bei Faction War das Problem, dass ich bei Pins mehrfach davon überrascht wurde, dass die Pinbrechervariante eine andere als meine gewohnte war. Wenn ich dann schnell reagieren soll, ist das nachteilig.
Management
My GM unterscheidet sich am deutlichsten von den anderen Modi in WWE 2K25. Hier sind Kämpfe optional, ich kann sie also simulieren oder zuschauen. In Universe dagegen kann ich innerhalb eines Monats nur drei Matches simulieren.
In My GM schlüpfe ich in die Managementrolle, kaufe Wrestler:innen und lasse diese gegeneinander antreten. Wrestler:innen kann ich mir dabei empfehlen lassen, für alles weitere muss ich mich jedoch auf meine eigenen Entscheidungen verlassen. Im Wettstreit mit anderen Personen, jetzt auch online, oder der KI versuche ich, möglichst viele Fans zu gewinnen.
Bei der Auswahl der Wrestler:innen, Matchtypen und Zusatzregeln gilt es, strategisch zu denken. Allerdings sind dabei so viele Informationen auf dem Bildschirm, dass es schwierig ist, den Überblick zu behalten. Zwar reicht es meist aus, um wenigstens ein paar Fans zu gewinnen, aber gegen meinen KI-Gegner konnte ich nicht gewinnen.
Oft melden sich auch die Wrestler:innen zu Wort und wollen beispielsweise Boni oder bestimmte Matches gegen Rival:innen. Erfülle ich ihre Wünsche, steigt ihre Moral. Allerdings sollte ich nicht vergessen, wenn ich etwas versprochen habe. Mithilfe von Karten kann ich zudem die Ausdauer einzelner Wrestler:innen per Wellness regenerieren oder auch die Kartenpreise eines Gegners für eine Woche erhöhen.
Insgesamt ist My GM ein sehr langwieriger Modus. Die Matches nicht selbst zu spielen oder dabei zuzuschauen, verkürzt eine Spielwoche zwar, aber eine einzelne Saison dauert dennoch gefühlt Ewigkeiten.

Fazit
Mit Mutiny und The Bloodline’s Dynasty bringt WWE 2K25 zwei sehr lohnenswerte Modi mit. Die Intergender-Matches sorgen für noch größere Freiheit beim Aufeinandertreffen verschiedener Persönlichkeiten aus dem Wrestling. Da stört es kaum, dass die Insel überflüssig und unübersichtlich ist. Auch die Kämpfe selbst machen Spaß, obgleich einzelne Reaktiosfenster sehr klein sind. Die Geschichten sind gut inszeniert und die verschiedenen Sprünge, Finisher und Signature Moves bereiten beim Anschauen Freude. Manchmal liegt mein Charakter allerdings sehr lange auf dem Boden und es stört ein wenig, wenn ich warten muss und nicht immer etwas tun kann. Durch gute und teilweise unterschiedliche Erklärungen eignet sich das Wrestlingspiel auch für den Einstieg ohne Vorkenntnisse. Wer nicht gerade besonders anfällig dafür ist, zu viel Geld in digitale Karten zu stecken, kann hier also gern in den Ring steigen.

Herzlichen Dank an 2K Games für die Bereitstellung des Testmusters. Gewrestelt auf XBox Series X.