
Ich spiele ja Fun Racer knapp seit der Jahrtausendwende. Doch war ich damals fast rein auf PlayStation unterwegs, mit Titeln wie Crash Team Racing, Toy Story Racer oder Looney Tunes Racing. Spiele der N64 habe ich hingegen erst Ende 2022 begonnen nachzuholen, beginnend mit Mario Kart 64 über das Nintendo Switch Online Abo.
Nun war aber Mario Kart 64 nicht der einzige prominente Fun Racer auf der N64. Daneben gab es noch das durchaus bekannte Diddy Kong Racing von Rare, dessen Singleplayer Modus die Inspiration für Crash Team Racing war. Demnach stand dieses Spiel natürlich weit oben auf meiner Nachholliste und sollte mein erstes Spiel sein, wenn ich mir eine N64 nachkaufe.

Unglaublich verspielt
Diddy Kong Racing präsentiert sich erst mal mit einem Intro Video und einem Startbildschirm. Das Video zeigt alle Start Charaktere, wie sie durch die Strecken fahren oder fliegen, folgend vom Antagonisten des Abenteuer Modus „Wizpig“.
Nach dem Startbildschirm werden wir sofort zur Charakterauswahl geworfen – ungewöhnlich direkt. Dieser treibt die angestrebte Präsentation ordentlich in die Höhe. Eine schnelle verspielte Musik läuft und ändert sich dynamisch, je nach dem auf welchem Charakter man seinen Cursor hat. Optisch stehen alle tanzend nebeneinander und als Cursor sieht man ein Schild „1“ (für Spieler 1), welches der jeweilige Charakter hoch hält.
Diese Darstellung ist unglaublich witzig gemacht und liefert dabei sofort eine tolle Grundstimmung. Zudem hält bei mehreren Spielern jeder Charakter das jeweilige Spieler-Schild hoch. Charakterauswahl-Menü = 10/10.
Ebenso weiß die Charakterauswahl an sich mir sofort zu gefallen. Während ich in manchen Spielen eine gewisse Abwechslung vermisse, habe ich hier direkt 8 unterschiedliche Tiere zur Auswahl, welche mir alle gut gefallen. Darunter z.B. Affe & Hauptcharakter Diddy Kong (bekannt aus Donkey Kong Reihe, das Krokodil Krunch, den Tiger Timber und sogar die recht bekannten Banjo (aus Banjo-Kazooie) und Conker (aus Conker’s Bad Furday). Zusätzlich lassen sich noch 2 weitere Fahrer freischalten, die ebenso etwas eigenes mitbringen und gut ins Schema passen. Meine einzige Kritik wäre wohl, dass die Charaktere ein wenig zu freundlich im Gesamten sind, mit Krunk als einzigen der ein klein wenig „schurkisch“ wirkt, sowie Conker der eine leichte „Verrücktheit“ aufweist.
Übrigens war ich von einer Sache sehr genervt: Diddy Kong Racing lässt einen nicht jeden Fortschritt löschen. Explizit lassen sich freigeschaltete Charaktere nicht voll zurücksetzen. Daraus resultierend habe ich vor Beginn des Spiels länger genervt recherchiert, da bei meiner gebrauchten Version bereits ein Charakter freigeschaltet war.

Abenteuer – Der Kern von Diddy Kong Racing
Nach der Charakterauswahl hat man die Auswahl zwischen klassischen Modi (dazu später mehr) und als ersten Punkt das „Abenteuer“. Im Abenteuer Modus werden wir auf eine Karte gesetzt und sprechen erst mal mit einem Genie-Elefanten namens Taj. Die Story: Ein böses Zaubererschwein namens Wizpig ist auf die Insel eingefallen und hat diese mit einem Fluch belegt. Wir sollen nun Rennen fahren, um dann am Ende Wizpig zu besiegen. Alles klar.
Im Abenteuer fahren wir auf einer kleinen offenen Karte umher und können hierbei in weitere Gebiete reinfahren. In diesen weiteren Gebieten befinden sich Tore zu den Rennstrecken und weiteren Herausforderungen. Für abgeschlossene Rennen und ein paar kleine Nebenherausforderungen erhalten wir Ballons. Diese Ballons brauchen wir zum Freischalten neuer Rennen und Herausforderungen. Am Ende jeder Welt fahren wir Solo gegen einen Boss, welcher aber nicht als Fahrer antritt, sondern wegen seiner Größe z.B. läuft.
In diesem ganzen Aufbau werden nach und nach alle Herausforderungen mit Sammeln der Ballons und weiteren Objekten freigeschaltet. Jede normale Rennstrecke bietet zusätzliche ein „Münz-Rennen“ und außerdem gibt es sowohl Cups, als auch Kampfarenen und Zeitrennen im Abenteuer Modus. Letztere drei lassen sich übrigens auch außerhalb des Abenteuermodus spielen, auch im Multiplayer.
Mir ist dieser Aufbau ja gar nicht fremd, denn im Groben hat Crash Team Racing sich davon klar inspirieren lassen. Dennoch gibt es ein paar gewisse Unterschiede, vor allem in Schwierigkeit und Progression.

Drei Fahrzeuge – Der andere Kern von Diddy Kong Racing
Diddy Kong Racing ist nicht nur für seinen Abenteuer Modus bekannt, sondern auch für sein Gimmick, drei unterschiedliche Fahrzeuge zu verwenden. Hierbei lassen sich Karts, Hovercrafts und Flugzeuge steuern. Besonders daran: Sogar unterschiedliche im selben Rennen! Sprich, man kann ein Rennen mit drei Spielern starten, bei dem jeder ein anderes Fahrzeug verwendet. Ein wirklich besonderes System.
Im Detail wird dies jedoch tricky. Zum einen scheinen die Fahrzeuge nicht unbedingt ausbalanciert zu sein, weshalb es so gesehen immer ein „bestes Fahrzeug“ gibt. Auch haben manche Strecken mal ein oder zwei der drei Fahrzeuge gar nicht zur Auswahl und leider ist die Fahrzeugauswahl der Bots nicht gemischt. Dennoch überwiegt natürlich das Besondere dieses Gimmicks, über diesen kleinen Mankos. Sollte man jedoch nicht alle Fahrzeugtypen mögen, könnte es aber schon blöd sein wenn man diese dennoch alle spielen muss. Ein Problem, welches sich jedoch jeder Racer mit multiplen Fahrzeugtypen stellen muss.

Gameplay – Wirkt einfach, ist erbarmungslos
Ja, ich komme mit der Zwischenüberschrift direkt auf den Punkt. Bei den ersten Rennen in Diddy Kong Racing dachte ich mir „och ja, das ist ja locker“, denn man hat keinen Drift-Boost, die Streckengestaltung ist am Anfang sehr schlicht und auch gibt es auf den ersten Blick keine komplexen Mechaniken – doch der Schein trügt.
Auffällig wird der Schwierigkeitsgrad dann, wenn die Bots einfach wegfahren und man gefühlt nichts dagegen tun kann. Denn ja, es gibt doch eine besondere Boost-Technik: Nutzt man einen Boost, egal ob durch Item, Booster auf der Strecke oder beim Turbo-Start, sollte man den Gas-Knopf loslassen, denn dadurch wird dieser Boost IMMENS stärker. Auch aufgezeigt durch eine andere Farbe des Feuers aus dem Auspuff. Später, bei sehr schweren Zeitrennen, merkte ich dazu noch, dass dieser Boost auch noch länger hält, wenn man den Gas-Knopf länger loslässt und nicht einfach nach Aktivierung direkt wieder drückt. Besonders heutzutage finde ich ein solches Boost-System, welches nicht auf Mario Kart Driften aufbaut, doch sehr erfrischend – gefällt mir sehr gut.
Doch leider ist die Boost-Mechanik der mit Abstand positivste Faktor bei der Steuerung. Denn die eigentlich Handhabung der Fahrer lässt sehr viel zu wünschen übrig. Die Fahrer steuern zwar sehr direkt, doch in der Animation und Position (nach dem Lenken) wird es richtig unpräzise. Ich weiß gar nicht, wie oft ich auf ein Boost-Pad zugefahren bin, nur leicht justieren wollte und mein Fahrer durch die Lenkung eher noch mehr vorbeigefahren ist … aber in die andere Richtung, als die ich gelenkt habe! Das gezielte Fahren auf kleine Objekte wird somit, zumindest anfangs, zur reinen Glückssache. Dies wird vor allem dann auffällig, wenn man einen schweren Fahrer auswählt. Selten spiele ich Rennspiele, bei denen sich schwere Fahrer so gewaltig nach „Schiff“ anfühlen, wie hier in Diddy Kong Racing. Denn diese lenken sooo unglaublich schlecht, dass man einfach gezwungen ist, einen engen Drift dauerhaft zu verwenden (dafür drückt man Drift + Bremsen).
Also wählt man nun lieber einer der beiden leichten Fahrer, da diese deutlich besser lenken und dadurch einfach besser in kurvigen Strecken sind. Doch weil Diddy Kong Racing die Rennziele bzw. die Schwierigkeit sehr knapp bemisst, bin ich dann auf einmal verwundert, warum bestimmte Strecken nicht mehr klappen. Ja, denn in nicht kurvigen Strecken, vor allem Flugzeug-Strecken, ist dann doch wieder einer schwerer schneller Fahrer deutlich sinnvoller. Glücklicherweise erlaubt der Abenteuermodus das Wechseln der Charaktere (dafür muss man wieder ins Hauptmenü), was ich leider doch konstant ausnutzen musste. Zumindest für Casual-Gameplay empfinde ich also das Balancing absolut schlecht.

Items ohne Zufall
In besserem Licht stehen die Items. Das System ist nett und kenne ich in ganz grober Richtung auch aus anderen Spielen (die sich Diddy Kong Racing als Vorbild dafür nahmen). Die Items auf der Strecke sind keine ?-Boxen für zufällige Items, sondern Ballons in verschiedenen Farben, an denen man erkennen kann, welches Item man bekommt. Womit der zufällige Faktor komplett eliminiert wird.
Dazu kann man Items der selben Farbe bis zu drei mal einsammeln, um diese so zu verbessern. Das blaue Boost-Items erzeugt einen deutlich stärkeren Boost, je Aufwertung. Das rote Raketen Item gibt beim zweiten Einsammeln eine Verfolgungsrakete und beim dritten Einsammeln multiple Raketen. Sprich auch hier kann man gut strategisch vorgehen. Doch Achtung: fährt man durch eine andere Farbe, wird das aktuelle Item überschrieben.
Einsammeln kann man rote, blaue, grüne, gelbe und regenbogenfarbene Item-Ballons. Also theoretisch 15 Items insgesamt. Welche in dieser Reihenfolge Projektil, Boost, Falle, Schutzschild und einen Magneten geben. Der Magnet ist ein interessantes Item, welches den Fahrer zum nächsten Gegner heranzieht. Übrigens gibt es kein größeres Comeback-Item, wie der Blaue Panzer oder der Blitz aus Mario Kart.

Noch mehr zu Schwierigkeit …
Joa, ich bin noch nicht fertig, denn im Abenteuermodus gibt es ein paar Problemchen damit. Dass die Rennen schwer sind, ist nun klar. Doch muss man im Abenteuer-Modus äußerst viel machen, um den gesamten Umfang zu sehen/spielen. Bosse sind teils sehr schwer und ebenso das zusätzliche Münzrennen. Bei diesem muss man 8 Münzen auf der Strecken einsammeln und dennoch Erster werden.
Das „Erschreckende“: Für den „finalen“ Boss muss man nicht nur die Rennen fahren und deren Boss schaffen, sondern dazu noch die Münzrennen schaffen und danach die Bosse in einer zweiten, schwierigeren Tour schaffen. Ich bin ja ein Freund von solch zusätzlichen Herausforderungen, aber nicht im normalen Verlauf des Durchspielens. Das ist meiner Meinung nach einfach zu viel.
Nach dem finalen Boss geht es aber noch weiter. Denn eine ganze 5. Welt steckt hinter weiteren schwierigen Aufgaben. Wobei es sich hierbei um Cups handelt und diese sich daher noch im Rahmen halten. Doch dort angekommen muss man eben wieder alle normalen Rennen und Münzrennen fahren, für den wirklich finalen Boss. Meiner Ansicht nach ist hier einfach zu viel Inhalt hinter anstrengenden Aufgaben gesperrt. Wobei ich in der 5. und letzten Welt dann schon dran gewöhnt war und es mich nicht mehr so „erschrocken“ hat.
Eine letzte Sache dazu sind die Zeitrennen im Spiel, mit denen man den 10. Charakter namens T.T. freischaltet. An sich mag ich so was, doch auch hier sei gesagt: T.T. ist der Zeitgeist den es zu schlagen gilt, wobei dieser statistisch richtig „overpowered“ ist, durch sehr hohe Grundgeschwindigkeit, gepaart mit sehr guter Lenkung. Die Zeitrennen waren … anstrengend.

Strecken – Umfang und Gestaltung
Die Streckengestaltung ist für mich ja der so ziemlich wichtigste Punkt in einem Rennspiel. Diddy Kong Racing macht hier größtenteils einen guten Job. Die Strecken sind nicht nur plumpe Straßen, sondern haben immer ein wenig Szenerie, in die man abdriften kann. Dazu Abkürzungen über Gelände und auch verzweigte Bahnen sowie schöne vertikale Streckenverläufe. Minimal negativ anmerken würde ich die Komplexität der Strecken, die bis zum Schluss doch recht seicht bleibt, was aber wohl dem Rahmen der unterschiedlichen Fahrzeugtypen zugrunde liegt und demnach so in Ordnung ist.
Diddy Kong Racing hat 20 Strecken und 4 Kampfarenen. Bei den Strecken gibt es je Setting/Gebiet 4 Strecken, sprich es gibt 5 unterschiedliche Settings, wobei das letzte Setting leider keine Kampfarena hat. Damit ist natürlich die optische Abwechslung etwas beschränkt, wobei die Settings selbst unterschiedlich genug sind, zumindest gegen Ende. Diese sind Prähistorisch, Schnee, Strand, Mittelalterlich und Weltraum. In der farblichen Gestaltung finde ich diese doch meist etwas zu ähnlich, bis auf die Schnee-Strecken.
Technisch lässt die Optik natürlich an Detail zu wünschen übrig, was aber nicht verwunderlich ist, für ein N64 Spiel. Positiv möchte ich hierzu aber anmerken, dass die Charaktere und meisten Objekte in 3D modelliert wurden, anders als noch in Mario Kart 64. Sprites wurden nur in wenigen Fällen verwendet, wie z.B. für die Reifen oder die Ballons.

Der Sound zum Schluss
Soundeffekte und Musik sind fröhlich und teils hektisch gestaltet. Sie schmiegen sich gut dem Rest des Spiels an und geben den Charakteren sowie Strecken Persönlichkeit. Die Musik wiederholt sich hier und da (also wird mehrfach verwendet), doch das fiel mir nicht wirklich negativ auf.
Leider hat Diddy Kong Racing das selbe Problem wie Mario Kart 64: Spielt man zu dritt oder zu viert, läuft keine Musik. Für mich persönlich ein Dealbreaker, der den 3- oder 4-Spieler Modus kaputt macht – Schade.

Fazit – Sehr guter besonderer Fun Racer mit Mankos im Nacken
Diddy Kong Racing ist so ein Spiel mit vielen ärgerlichen Problemen, welche jedoch stark von den guten Aspekten aufgefangen werden. Glanzstück sind eindeutig der Abenteuermodus und die drei Fahrzeugtypen, aber auch in vieler Hinsicht die Präsentation.
In dem Sinn verstehe ich den guten Ruf des Spiels vollkommen – und wären da eben nicht die angesprochenen Probleme, welche besonders durch den hohen Schwierigkeitsgrad auffällig werden, dann hätte ich wahrscheinlich den Stempel gezückt. So wurde es leider „nur“ grün.
Empfehlen kann ich das Spiel vor allem Einzelspielern (die sich gerne da durchbeißen wollen) ODER Leuten die zu zweit nur den Multiplayer spielen wollen.

Mag ich
– Abenteuermodus (toll für Einzelspieler)
– Darunter zusätzliche Rennarten (Münz, Boss)
– Gemischtes 3 Fahrzeugsystem …
– Tolle Charaktere
– Gute Streckengestaltung
– Besonderes Boost-System
– Sehr witziges Charakterauswahlmenü
– Audiovisuell flott und witzig
Mag ich nicht
– Teils zu schwer, ohne Wege drumherum
– Letztere Strecken hinter schwierigen Aufgaben im Abenteuermodus gesperrt
– … Bots nutzen keine gemischten Fahrzeuge
– Schlechtes Balancing
– Teils unpräzise (bei mittleren und schweren Fahrern)
– Keine Musik im 3- und 4-Spielermodus
– Freigeschaltete Charaktere lassen sich nicht löschen
Gespielt auf Nintendo 64