Tokyo Clanpool (Review)

Der Publisher eastasiasoft hat in den vergangenen Jahren manches japanische Spiel auf neuere Hardware gebracht, das etwas doppeldeutigere oder als anzüglich ansehbare Elemente beinhaltet. Nachdem die ursprünglich geplante Steam-Version von Tokyo Clanpool doch nicht mehr kommen sollte, setzte Eastasiasoft auf GoG. Mit gutem Grund? Ich habe mir das Spiel auf dem Steam Deck genauer angesehen.

Politik, in meinem Spiel?

Ihr wolltet schon immer den Premierminister (genauer die Premierministerin) von Japan spielen? Tokyo Clanpool ermöglicht das. Natsume ist Premierministerin, und kämpft gemeinsam mit drei weiteren Kabinettsmitgliedern für Japan.

Wie es genau dazu gekommen ist, wird kaum behandelt. In ferner Zukunft tauchten Monster oberhalb von Tokyo auf. Die Selbstverteidigungskräfte wurden dezimiert. Aber manche Menschen haben Stigmata, die besondere Kräfte verleihen. Die Stigmata von Natsume und ihren Mitstreiterinnen können Ether absorbieren, das von besiegten Monstern hinterlassen wird. Somit können sie noch besser kämpfen.

Das würde Teile der Bevölkerung verunsichern.

Zu Beginn des Spiels taucht ein großer Turm auf, und ein Vertreter des Dark Realm erklärt Japan den Krieg. Fortan erkundet die Gruppe um Natsume den Turm. Können sie Japan retten? Zum Glück muss man sich nicht allzu sehr mit Politik rumschlagen.

Dungeon Crawling

Die Erkundung des Turms findet in Form eines Dungeon Crawlers in „first person perspective“ statt. Felder werden automatisch auf der Karte eingetragen, auch zuerst versteckte Löcher im Boden, wenn man durch sie fällt. Teils kann man durch Löcher und Abgründe mehrere Stockwerke tief fallen. Meist kostet das nur Zeit, in Einzelfällen hilft es dem Fortschritt. Auch schadende Fallen gibt es, oder rutschiges Eis. Manchmal muss man Schalter suchen, um den Weg zu öffnen.

Ein besonderes Merkmal sind im Spielverlauf freigeschaltete Fertigkeiten. Mit genug Energie kann man zum Beispiel bestimmte Wände durchbrechen oder Abgründe überwinden. Energie wird bei Rückkehr in die Basis wiederhergestellt. An bestimmten Punkten und mit Items lässt sie sich jedoch ebenfalls auffüllen.

Das ist keine besondere Fertigkeit.

Die Dungeons sind in Design und spielerisch abwechslungsreich, nur manchmal wird mit Abgründen und zerstörbaren Wänden übertrieben. Warppunkte sind zudem oft genug vorhanden, um zu viel Wiederholung zu vermeiden.

Nach der Rückkehr wird die Performance der Gruppenmitglieder bewertet und die beste erhält Boni, meist zusätzliche Erfahrung. Das kann dafür sorgen, dass ein einzelner der vier Charaktere den anderen voraus ist. Tendenziell der Charakter, der am schnellsten ist.

Rundenbasierte Kämpfe

Tokyo Clanpool hat ein recht klassisches rundenbasiertes Kampfsystem. Man gibt den eigenen vier Charakteren Aktionen vor und startet die Runde. Danach handeln Charaktere und Gegner abhängig von ihrer Geschwindigkeit. Die allermeisten Fertigkeiten sind offensiv, es gibt nur wenige Buffs. Abgesehen von nur begrenzt nutzbarer Magie gibt es fast keine Heilfertigkeiten.

Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Das lassen ja nicht besiegte Monster fallen.

Eine Besonderheit ist das EP-System. Jede Runde erhalten Charaktere EP, und unverbrauchte EP bleiben für die nächste Runde erhalten. Somit kann man dann mehr Aktionen durchführen. Gemeinsam mit einem Combobonus kann der Schaden zusätzlich erhöht werden. Darauf habe ich aber nicht sonderlich geachtet.

Mit ausgerüsteten Gadgettia können Charaktere ausserdem kurzzeitig in einen stärkeren Modus wechseln. Die Wahrscheinlichkeit wird bei der Auswahl angezeigt und steigt im Kampf. Bei Erfolg wird der Charakter geheilt und erhält EP für zusätzliche Aktionen.

Praktisch ist die Funktion, Aktionen aus der Vorrunde erneut ausführen zu lassen, statt immer neu auszuwählen. Da das über Kämpfe hinweg funktionierz und man zudem die Animationen überspringen kann, dauern Kämpfe gegen schwache Gegner somit nicht unnötig lange. Wenn man sich halbwegs um seine Ausrüstung kümmert, hilft das bei sehr vielen Kämpfen. Bei Bossen dagegen ist es weniger empfehlenswert, und auch ohne das zu nutzen wurde öfter mal ein Charakter besiegt. Zum Glück nicht so oft, dass mir Wiederbelebungsitems ausgegangen wären.

Die Charaktere treten im Kampf nur als Chibiversion in Erscheinung.

Durch die hohe mögliche Geschwindigkeit bei schwachen Gegnern und etwas fordernderen stärkeren Gegnern artet das Kampfsystem trotz hoher Kampfhäufigkeit nicht in Längen aus.

Vorbereitung in der Stadt

Wenn man nicht den Turm erkundet, kann man in der Stadt per Menü verschiedene Vorbereitungen treffen. Ein Laden darf nicht fehlen. Mehr oder weniger hilfreiche Apps lassen sich freischalten und verstärken. Kurze Szenen können stattfinden.

Und man kann das Parlament mit gefundenen Items bestechen, um die eigene Politik durchzudrücken. Ist das nicht toll? Damit kann man zum Beispiel Ausrüstung erhalten. Oder neue Schwierigkeitsgrade freischalten. Etwas unpraktisch ist, dass man auch Punkte benötigt, die man nach der Rückkehr aus dem Turm erhält. Diese sind bei mir teils der Engpass geworden, weil meine Ausflüge zu lang andauerten und die Menge pro Rückkehr begrenzt scheint.

Auch alleine kann man mehrere Angriffe einsetzen, deren Namen sich dann ändert.

Ausrüstung

Neben dem reinen Aufleveln ist es in Tokyo Clanpool vor allem die Ausrüstung, was für Kämpfe wichtig ist.

Neben diversen Rüstungsteilen mit oft passiven Boni gibt es Einhand- und Zweihandwaffen, die einsetzbare Skills verleihen. Diese Ausrüstung kommt zudem in verschiedenen Seltenheitsstufen, die Einfluss auf Werte, Boni und Skills haben. Ich habe mir natürlich nicht jede Ausrüstung sofort angesehen. Bei längeren Dungeonaufenthalten kann es sich aber lohnen, auch zwischendrin mal nachzusehen.

Als sehr wichtig empfinde ich auch die sogenannten Gadgettia. Gadgettia sind eine Art von Ausrüstung, von der Charaktere mit genug Kapazitätspunkten bis zu fünf anlegen können. Gadgettia ermöglichen den Einsatz verschiedener Fertigkeiten und geben Statusboni. Sie steigen zudem durch Kämpfe im Level und können in der Basis noch weiter verstärkt werden. Dabei werden auch ihre %-Boni für Statuswerte später sehr hoch, weshalb man sie nicht stiefmütterlich behandeln sollte.

My precious.

Gadgettia werden als weibliche Charaktere dargestellt, aber da muss man nicht viel reinlesen. Allzu anzüglich gestaltet sind sie übrigens nicht.

Zuletzt gibt es dann noch Digiskins. Digiskins werden als Klasse oder Job umschrieben und können gewechselt werden. Sie haben Einfluss auf Statuswerte, ermöglichen Fertigkeiten und Zauber. Zudem ändern sie das Outfit des entsprechenden Gruppenmitglieds. Manche verdecken sehr viel, die optional als ehemaliger DLC des Originals freigeschalteten Bikinis sehr wenig. Seltsam fand ich allerdings, dass man lediglich anfangs eine kleine Zahl neuer Digiskins freischalten konnte. Den Rest vom Spiel kam nichts mehr dazu.

Da fehlt doch was?

Aha.

Vielleicht erinnert ihr euch noch an den Eingangstext. Dann könnt ihr vielleicht denken, dass ich bei der Erklärung von „Ether Infusion“ hellhörig wurde. Dabei solle man die richtigen Punkte des gewählten Teammitglieds mit verschiedenem Ether durchströmen. Nach der Wahl eines Teammitglieds kann man per Textmenü zwischen zwei Kleidungsalternativen wählen. Und dann… erhält man mit Zufallsfaktor einen ausrüstbaren Bonus wie zum Beispiel „Angriff plus 10%“. Das Minispiel, das ich zuerst noch als den Grund der fehlenden Steamversion vermutet habe, findet einfach nicht statt. Und man hat sich nicht einmal die Mühe gegeben, die Erklärung des Minispiels ebenfalls rauszuschneiden und zu ersetzen?

Fazit

Tokyo Clanpool ist ein solides Dungeon Crawler RPG. Auch wenn der Turm manchmal etwas unübersichtlich gestaltet ist und man manche Wege zu oft abläuft, bin ich doch gern weiter vorgedrungen. Auch das Energiesystem und die speziellen Fertigkeiten haben ihren Reiz.

Das Kampfsystem ist solide, aber bei vielen Gegnern kommt man mit der Funktion, die Handlungen der letzten Runde zu wiederholen, gut zurecht. Zusammen mit der Überspringfunktion für Animationen sind diese Kämpfe dann simpel und schnell. Bei der Menge an Zufallskämpfen ist das ein Segen. Die Schwierigkeit von Bossen ist dabei höher, ohne aber besonders fordernd zu werden.

Wie die aussehen, bleibt in dieser Version ein Mysterium.

Die Geschichte und Charaktere gewinnen sicherlich keine Preise, sind für das Genre aber gut genug. Der Stil ist zudem ansprechend, auch die musikalische Untermalung gefällt.

Etwas ratlos bleibe ich in Hinsicht auf Tags wie „mature“ zurück, oder dass GoG eine 18+ -Warnung beim Aufruf hatte. In rund 40 Stunden für Story, Post-Story und gefundenen optionalen Szenen ist mir nichts sonderlich wildes untergekommen. Das fehlende Minispiel habe ich oben schon erwähnt.

Insgesamt reicht es auch abgesehen davon nicht für eine allgemeine Empfehlung. Dafür ist mir der Aufbau der Dungeons von Tokyo Clanpool teils zu unübersichtlich und repetitiv, sowie die Kämpfe standardmäßig zu anspruchslos aber zahlreich.

Vielen Dank an eastasiasoft für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PC (GoG-Version auf Steam Deck).