The Last of Us Part 1 (Review)

Für Naughty Dog ist nach drei Teilen einer Videospielreihe üblicherweise Schluss, so könnte man jedenfalls meinen, wenn man sich die Entwicklungen des Studios für die PlayStation anschaut. Nach drei Crash-Teilen folgte Jak and Daxter, was wiederum nach drei Teilen von Uncharted abgelöst wurde. Nach dem dritten Uncharted-Teil war für die Reihe zwar noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, aber Naughty Dog hat dennoch erst einmal mit The Last of Us einer neuen IP den Vorzug gegeben. Thematisch und atmosphärisch geht The Last of Us deutlich andere Wege als zuvor Uncharted, orientiert sich aber spielerisch an den filmischen PS3-Hits.

In The Last of Us Part 1 schlüpft der Spieler in die Rolle von Joel, der als alleinerziehender Vater den Ausbruch einer Pilzinfektion miterlebt, die die ganze Welt verändert. Die Pilzinfektion ist nämlich hochgradig ansteckend und verwandelt infizierte Menschen in blutrünstige Monster. Die Gesellschaft, wie Joel sie bisher kannte, bricht also zusammen. Doch damit nicht genug, auch Joels persönliche Welt zerbricht an dieser Krise. Bei der Flucht vor den aggressiven Infizierten wird seine Tochter nämlich tödlich verletzt. Diese markante Szene setzt nicht nur den Ton für das gesamte Spiel und motiviert Joels späteres Handeln, sondern ist auch eine der stärksten filmischen Szenen, die Naughty Dog gestaltet hat.

Jahre später, die Gesellschaft ist weitgehend zum Erliegen gekommen und Waffengewalt bestimmt den Alltag. Joel verdient sich als Mann fürs Grobe in verschiedenen Konstellationen seinen Lebensunterhalt und bekommt einen Auftrag, der den Rest des Spiels umspannen soll: ein vierzehnjähriges Mädchen namens Ellie zu einer regierungsähnlichen Organisation namens Fireflies zu bringen. Der Weg dahin ist beschwerlich, da unzählige Nester von Infizierten genauso zu überwinden sind, wie das offizielle Militär, das augenscheinlich nicht wesentlichen kommunikationsfreudiger ist, als die infizierten Menschen.

Die Geschichte wird im Spiel fortschreitend mit einer Mischung aus Videosequenzen und Konversationen im Spielablauf vorangetrieben und hat inhaltlich bis kurz vor Ende kaum nennenswerte Entwicklungen zu bieten. Stattdessen dreht sie sich vor allem um das persönliche Drama der beiden Protagonisten und der sich entwickelnden Beziehung zwischen Joel und Ellie, die mehr und mehr die Rolle einer Ersatztochter einnimmt. Die Darstellung dieser Beziehung ist weitgehend glaubhaft dargestellt, wohingegen der Kern der Handlung recht gewöhnlich bleibt.

Spielerisch kombiniert The Last of Us Third Person Shooter- und Stealth-Elemente. Eine besondere Rolle spielen hierbei die Infizierten, die besonders empfindliche Ohren haben und daher auch ohne direkte Sichtlinie den Spieler entdecken können, dafür aber blind sind und beispielsweise auf Joels Taschenlampe nicht reagieren. Das Zusammenspiel aus menschlichen und infizierten Gegnern ist also grundsätzlich einigermaßen interessant, allerdings wird das Potenzial durch das Leveldesign nur sehr unzufriedenstellend ausgenutzt.

Die prinzipielle Wahlfreiheit der Vorgehensweise wird massiv durch das Szenario eingeschränkt. Insbesondere reine Stealth-Ansätze sind schnell ziemlich frustrierend, da es immer wieder vorkommt, dass das Spiel das erfolgreiche Durchschleichen nicht goutiert, sondern vom Spieler verlangt, alle Gegner zu besiegen. Besonders ärgerlich fand ich das in einem Abschnitt, der in einer Schule gespielt hat, die das erfolgreiche Schleichen bis zum Ende stark erschwert hat und dann bei Erreichen des Interaktionspunktes zum Ausgang ein aggressives Vorgehen eingefordert hat. Man sollte aber dennoch The Last of Us nicht einfach als Shooter verstehen, denn anhaltende Materialknappheit erfordert in jedem Fall einen sparsamen Umgang mit Munition.

In den Kampfsituationen ist das Leveldesign von The Last of Us leider fast ausschließlich situativer Natur und es gelingt den Entwicklern zu keinem Zeitpunkt, dem Leveldesign durch übergreifende mechanische Überlegungen spielerische Tiefe zu verleihen. In vielen Fällen erscheint das Leveldesign allzu austauschbar und im Vergleich zum etwa gleich alten Tomb Raider (2013) wird in meinen Augen sehr viel Potenzial verschenkt. Das ist schade, weil The Last of Us spielerisch neben den Kämpfen nur wenig zu bieten hat.

Außerhalb der Kämpfe ist die Welt zwar optisch eindrucksvoll, aber substanziell leblos gestaltet. Die Umgebungen dienen mehr als Kulisse, denn als interaktive Welt und besonders auffällig ist das langweilige Missionsdesign. Kaum mehr möglich erscheint es, die Zahl an Leitern und Paletten zu zählen, die man im Spiel von A nach B tragen muss, um einen Zugang zu schaffen – nie mit irgendeiner designtechnischen Finesse, dafür in einer Frequenz, die geradewegs erstaunlich wirkt. Ein regelrechtes Ärgernis ist in dieser Hinsicht die rigide Gestaltung der Interaktionspunkte. Wenn man Ellie mal wieder mit einer Palette übers Wasser schiebt, setzt sie ihren Weg nur fort, wenn man das Floß in genau der richtigen Ausrichtung an genau die richtige Stelle schiebt. So kann es sogar leicht passieren, dass man denkt, dass die Palette ganz woandershin geschoben werden muss, einfach weil Ellie gerne in einem anderen Winkel herangeschoben werden möchte. Darüber hinaus ist die strikte Abfolge von Interaktionspunkten auf eigenwillige Weise restriktiv.

Technisch ist The Last of Us Part 1 in der PlayStation 5-Fassung, auf der dieses Review basiert, ziemlich beeindruckend. Der Detailgrad sowohl was die Umgebungsgestaltung als auch die Animationen der Spielfiguren anbelangt, ist hervorragend. Selbst die zahlreichen Abschnitte, die im Grunde einfach nur Korridore sind, sind mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet. Einzig das Verhalten Ellies ist häufig etwas eigenartig und wird auch nicht durch die gelungenen Animationen aufgewogen.

The Last of Us Part 1 ist eine gelungene Demonstration dessen, dass Videospielfiguren in der Darstellung von Konversationen und Emotionen mit einer geschickten Regie Schauspielern in Spielfilmen nicht nachstehen müssen. Spielerisch wird allerdings leider allenfalls passable Kost geboten. In den Kämpfen ist das Spiel systemisch gut umgesetzt, das Leveldesign ist aber gehaltlos und wiederholt die wenigen Ideen, die die Entwickler aus gestalterischer Sicht hatten, trotz einer moderaten Spielzeit von ca. zehn Stunden so oft, dass sie sich komplett abnutzen und – im Fall der Leitern und Paletten – geradewegs wie eine Parodie wirken.

Getestet auf PlayStation 5.