
Französische Revolution, mitten in Paris. Die Krone verschwindet und ein mysteriöses Wesen aus einer fremden Dimension taucht auf. Davon habe ich im Geschichtsunterricht nicht viel gehört, aber im Deckbuilder-Roguelike Liberté bin ich live dabei.
Rene und die Fraktionen
Ich spiele einen Mann namens Rene, der zuerst nicht wirklich weiß, wie er in das Chaos geraten ist. Lady Bliss gibt ihm den Auftrag, eine geeignete Thronnachfolge zu finden. Dafür mischt er sich unter vier verschiedene Fraktionen innerhalb von Paris. Rebellen, Krone, Kirche und ein immigrierter Stamm kämpfen gegeneinander. Rene erschleicht sich nach und nach das Vertrauen der Fraktionen. Oft nutzt er auch eine Verbindung zu Lady Bliss aus und verrät Kleinigkeiten über sie, um seinerseits Informationen oder Unterstützung zu erhalten.
In Storymissionen unterstützt Rene jeweils eine Fraktion gegen eine andere. Glücklicherweise kümmert es niemanden, wenn er in einer Mission die Rebellen gegen die Krone unterstützt und kurz darauf für die Krone die Rebellen bekämpft.
Nach einem Intro beschränken sich die Storyszenen weitgehend auf Gespräche an bestimmten Punkten innerhalb eines Runs. Dadurch ist es nicht notwendig, einen Durchgang mit vier aufeinanderfolgenden Missionen erfolgreich abzuschließen, um in der Geschichte voranzukommen. Eigentlich gefällt mir diese Variante des Storyfortschritts, allerdings mangelt es an Missionsvarianz, weshalb Liberté schnell repetitiv wird.
Die Dialoge sind teilweise mit einer überzeugenden Synchronisation vertont. Mir hat es gefallen, zu Beginn immer mehr Verwicklungen zwischen der Rebellenanführerin Ana und Kronprinz Phillip aufzudecken. Auch die Arten, auf die Rene die Fraktionen von sich überzeugt, sind spannend. Nur leider bietet alles andere nicht genug, dass es sich lohnenswert anfühlt, jeweils zwanzig Kapitel pro Fraktion freizuschalten.

Rene und die Missionen
Ein Run in Liberté beginnt damit, dass ich eine Mission auf der Karte auswähle. Anschließend ist die Mission in mehrere Abschnitte innerhalb von Paris aufgeteilt, durch die ich linear laufe. Im ersten Abschnitt reden die beteiligten Fraktionen und können dadurch Hinweise auf den Missionsauftrag geben. Bei einer Wiederholung derselben Mission kann Rene aber auch ohne Probleme vorbeirollen.
Zu Beginn eines Runs und für Levelaufstiege erhalte ich Karten. Diese werden mitunter mitten im Kampfgetümmel angezeigt und verdecken das Geschehen, aber fatal ist das eher selten. Anleitungen für neue Karten erhalte ich durch durch besiegte Gegner, aber auch an bestimmten Storypunkten.
Die weiteren Abschnitte bestehen aus Kämpfen in Wellen, Läden, inspirierenden Gemälden, Storyorten und abschließenden Bosskämpfen. Meist bestehen die einzelnen Missionsziele nur daraus, Feinde zu besiegen, manchmal muss Rene aber auch mit Objekten in der Umgebung interagieren. Selten muss ich auch eine Entscheidung treffen (etwa, ob jemand schuldig oder unschuldig ist), was die Story nicht beeinflusst. Stattdessen unterscheidet sich je nach Entscheidung die Belohnung.
Ein Stickklick aktiviert eine Wegspur, die anfangs dabei helfen kann, den Überblick zu behalten, auch wenn die Level weitgehend schlauchig sind. Denn manchmal ist nicht sofort ersichtlich, wo der Weg weiterführt und wo nur Schutt liegt.
In Abwechslung mit den Kämpfen gibt es auch ruhige Abschnitte. Es gibt drei Varianten von Ladengegenden, in denen Rene einkaufen kann. Einer der Händler verschenkt sogar eine hilfreiche Karte. Manchmal trifft er auch auf einen Maler, dessen Gemälde Rene einen kleinen Boost verleihen.
Am Ende der Mission wartet ein Bosskampf. Dorthin zu gelangen, ist einfach, die Bosse zu besiegen, ist deutlich schwieriger. Sie lassen zwar auch neue Energie fallen, aber vor allem rufen sie weitere Gegner herbei und haben ein größeres Angriffsrepertoire. Interessanterweise sind unter den Bossen auch bekannte Charaktere aus den Runs.

Rene und die Flüche
Nach einem Sieg ist die Mission abgeschlossen, der Run geht jedoch weiter. Ich wähle wieder eine Mission aus, diesmal wird Rene jedoch von Lady Bliss mit einem Fluch belegt. Mit jedem besiegten Boss steigt die Anzahl an Flüchen, während ein Fluch(set) immer nur für eine Mission gilt.
Viele Flüche sorgen dafür, dass die Gegner automatisch weitere Angriffe einsetzen oder nach ihrem Tod etwas passiert, das Rene eventuell schadet. Sobald ich mich daran gewöhnt hatte, waren viele davon keine große Gefahr mehr. Jedenfalls, solange es sich um einen einzelnen Fluch handelt und nicht mehrere ähnlicher Art.
Daneben gibt es auch einen Fluch, der die Verteidigung von Gegnern erhöht, wenn ich sie länger nicht angreife. Allerdings passiert das bei mir eher selten, weshalb mich dieser Fluch kaum einschränkt. Konnte ich keine Mission damit starten, bin ich auch gern darauf ausgewichen, dass besiegte Gegner zu Zombies werden, wenn ich das stattdessen wählen konnte.
Rene und die Ränder des Spielfelds
Größeren Bugs bin ich in Liberté nicht begegnet, allerdings stoßen Angriffe Rene manchmal aus dem spielbaren Bereich heraus. Einmal blieb er in der Schwärze stecken, unfähig, anzugreifen. Schaden einstecken konnte er trotzdem. Glücklicherweise wird Rene meist automatisch nach einigen Sekunden an den Beginn des Bereichs zurückgesetzt. Es gibt aber auch einen Menüpunkt, um Rene retten zu lassen, wenn er feststeckt.
Hin und wieder bricht auch die Framerate ein. Das geschieht besonders dann, wenn viele Gegner auftauchen und diese eventuell durch Flüche Dauerangriffe nutzen.

Rene und die Kämpfe
Anders als beispielsweise Once Upon A Rogue’s Tale hat Liberté zwar auch einen Deckbuilder, aber das Kampfsystem ist aktiv. Karten schalten Nah- und Fernangriffe, Supportfähigkeiten und Talente frei.
Der Standardangriff baut eine Kombo aus bis zu drei Angriffen auf. Mit Rolle oder Sprint weicht Rene aus. Parieren passiert automatisch, greift ein Gegner währenddessen an. Ein Ausdauersystem gibt es nicht, stattdessen kann Rene unbegrenzt ausweichen, was meinem Spielstil sehr entgegenkommt.
Manche Gegner haben eine Rüstung, die Rene zuerst zerstören muss, ehe er Schaden anrichtet. Es sei denn, er nutzt eine entsprechende Karte, um etwa bei Angriffen von hinten die Verteidigung zu ignorieren.
Gemeinsam mit verschiedenen anderen Karten, die Backstab-Angriffe stärken oder einen Nahkampfangriff zu einem Angriff von hinten machen, hatte ich so nach ein paar Versuchen meine perfekte Kombination aus Karten und den normalen Kampfmöglichkeiten gefunden. So konnte ich mit Freude angreifen, hinter die Gegner rollen und viele von ihnen schnell vernichten.
Während Talente dauerhaft aktiv sind und ihre Stärke sich teilweise durch Stapel erhöhen lässt, nutzen Angriffs- und Support-Karten einen Cooldown. Besonders daran ist, dass der Cooldown nicht zeitbasiert, sondern angriffsbasiert ist. So werden Angriffe gegenüber dem Abwarten eines ablaufenden Timers belohnt. Besonders werden Angriffe dadurch auch nicht zwischen zwei Kampfabschnitten automatisch wieder verfügbar.

Mit zunehmendem Storyfortschritt schalte ich auch weitere Skins für Rene frei. Damit nimmt er die Gestalt einer Person aus einer der Fraktionen an und erhält entsprechende Angriffe. Einer der Skins bietet stärkere Angriffe, agiert dafür aber langsamer.
Sind die Kämpfe zu schwierig, gibt es auch einen Storymodus. Kämpfe werden dadurch einfacher, aber nicht trivial. Dafür lassen Gegner keine neuen Karten fallen.
Als Roguelike startet Rene in Liberté einen Run immer auf Level 1 und mit zufälligen Karten aus dem Deck in seiner Tasche. Daneben verbleiben auch gemachte Storyfortschritte.
Rene und die Karten
Für neue Karten benötige ich in Liberté Anleitungen und Materialien, die ich während Runs erhalte. In der Basis stelle ich die neuen Karten anschließend her.
Anschließend stelle ich mein Deck zusammen. Das Standarddeck bietet Platz für 40 Karten, die ich bunt mischen kann. Es gibt Empfehlungen für ungefähre Anzahlen verschiedener Kartentypen, aber daran muss ich mich nicht halten.
Um während eines Runs Karten zu benutzen, benötige ich Mana. Zur Verfügung stehen mir immer nur die Karten, die ich zufällig aus dem Deck gezogen, gekauft oder gefunden habe. Jede Karte hat einen Manawert und um an Mana zu gelangen, muss ich Karten verbrennen. Der Manawert einer verbrannten Karte wird Rene gutgeschrieben, gleichzeitig erweitert sich die Größe seines Manapools erst beim Aufleveln. Überschüssiges Mana verbrannter Karten geht verloren, Liberté warnt aber auch davor, bevor ich eine Karte verbrenne.
Die Deckgröße und die Art des Managewinns bringen einen taktischen Faktor ins Spiel. Einerseits möchte ich Karten, die ich gern benutze, andererseits brauche ich aber auch Karten, die ich verbrennen kann. Allerdings hatte ich irgendwann meine Lieblingskarten gefunden und brauchte eigentlich nicht einmal mehr die vorhandene Deckgröße.
Das liegt auch daran, dass sich zwar einzelne Talente durch mehrere gleiche Karten verstärken können, Angriffe jedoch nicht. So brauche ich im Grunde nur von Nah- und Fernangriff sowie Support nur eine Kartenart, während ich sehr viele Karten einfach verbrennen kann. Lediglich von Heilmitteln brauchte ich auch mehrere Karten, da ich diese jeweils nur einmal einsetzen kann.
Dauert ein Run entsprechend lang, kommt es außerdem vor, dass ein Levelaufstieg gar keine neuen Karten mehr bringt. Denn ist das Deck einmal leer, kann ich keine neuen Karten ziehen. Da ein erfolgreicher Run nicht nennenswert belohnt wird, ist es so eher ein Nachteil, lange zu überleben.

Fazit
Das Deckbuilder-Roguelike Liberté hat einige spannende Ansätze, verliert sich aber in viel zu viel Wiederholung. Die Story um die vier Fraktionen und Lady Bliss ist zwar spannend, doch viel zu kleinteilig für die geringe Missions- und Ortvarianz. Das Kampfsystem macht mir zwar Spaß, aber auch nicht genug, dass ich wirklich gern dieselben Missionen wiederholt ablaufe, um einen kleinen Storyabschnitt freizuschalten. In Verbindung mit der teils mäßigen Performance kann ich daher nur eine eingeschränkte Empfehlung aussprechen.

Herzlichen Dank an Ultimate Games S.A. für die Bereitstellung des Testmusters. Gespielt auf Xbox Series X.