
Das einzige verbleibende japanische Studio Sonys, Team Asobi, hat mit seinem Maskottchen Astro Bot eine interessante Karriere hingelegt. Hat Astro Bot anfangs nur als Held von Minispielsammlungen zur Demonstration neuer Hardware gedient, durfte er auf PlayStation VR erstmals als Jump & Run-Held in Erscheinung treten. Die PlayStation 5 begleitete Astro Bot dann über das beigelegte Demospiel Astro’s Playroom bevor er jetzt endlich sein erstes eigenständiges Abenteuer ohne Spezialperipherie bestreiten darf.
Astro Bot und seine Roboterfreunde fliegen munter mit ihrem Raumschiff, das frappierend an die PlayStation 5 erinnert, durch den Weltraum, als sie plötzlich von einem wohlbekannten fiesen grünen Alien aufgegriffen werden. Dieses zerhackt kurzerhand das Raumschiff und verstreut die Bots in aller Welt und lässt Astro Bot mit einem weitgehend nutzlosen PlayStation 5-Gehäuse zurück. Nun ist es an Astro Bot, seine 300 Freunde zu retten und die fünf fehlenden Teile seines Raumschiffes wieder zurückzuerlangen. Die Geschichte wird in kurzen Videosequenzen zu Beginn einer jeden Welt erzählt und setzt auf einfachen Comichumor, der hinsichtlich der Handlung ohne Bildschirmtexte auskommt. Im Spiel selbst gibt es aber natürlich dennoch immer wieder Text, der, wie man es erwarten würde, auch in deutscher Sprache vorliegt. Die Geschichte hält sich insgesamt angenehm im Hintergrund, ist aber niedlich und amüsant erzählt – also ideal für ein Jump & Run.

Spielerisch setzt Astro Bot ganz auf die aus dem Pack-In Vorgänger bekannten Grundlagen. Astro kann also laufen und springen, sowie ein Stück weit in der Luft hovern. Mit den hierzu verwendeten Strahlen kann Astro zudem Gegner schädigen und gewisse Untergründe, beispielsweise Glas oder Holz, zerschneiden. Letzteres wird gelegentlich im Spiel auch als besondere Herausforderung genutzt, indem gezielt Glasplattformen platziert werden, so dass man mit dem Hover-Gebrauch sparsam sein muss. Schließlich kann Astro Bot Gegner noch mit einem einfachen oder aufgeladenen Wirbelangriff erledigen und an hervorschauenden Kabeln ziehen, respektive sich festhalten. Mechanisch ist Astro Bot also simpel, aber funktional. Mit der Agilität und der reinen Freude an der Bewegung eines Mario-Spiels kann Astro Bot zwar nicht mithalten, aber dennoch geht die Steuerung hervorragend von der Hand und ist mit einer sehr befriedigenden Spielphysik gepaart. Etwas unglücklich ist, dass Astros Schatten nicht auf allen Oberflächen zu sehen ist und so das genaue Landen etwas erschwert ist – gerade im Kontrast zum VR-Vorgänger. Hier wäre etwas mehr Sorgfalt gut gewesen, allerdings ist Astro Bot auch so einfach, dass dieses Problem nur sehr selten ins Gewicht fällt.
Im Laufe des Spiels kann Astro immer wieder zeitweise Upgrades erhalten, die dann für den Verlauf des aktuellen Levels bestehen bleiben. Diese Upgrades kommen in aller Regel mit einer Spezialfähigkeit daher, die mit R2 aktiviert werden kann. Besonders beeindruckt hat mich die Schrumpf-Funktion, die im Grunde eine dynamische Version des Levels Gulliver Gumba aus Super Mario 64 erlaubt, aber es gibt auch beispielsweise eine Ente, die Astro einen Raketenrucksack verleiht, der nahezu identisch zum Raketenaufsatz in Super Mario Sunshine funktioniert, oder aber ein Upgrade, das Astro Bot erlaubt, sich aufzupumpen und wie ein Ballon in der Luft zu fliegen. Das Design der Spezialfähigkeiten ist durch die Bank sehr gut gelungen und sie stellen eine echte Bereicherung für das Leveldesign und dessen Abwechslungsreichtum dar.

Strukturell ist Astro Bot in fünf Hauptgalaxien (Welten) unterteilt, die jeweils mehrere Planeten (Level) bieten, die über eine Weltraumkarte ausgewählt werden können. Die Planeten einer Galaxie sind in Umlaufbahnen eingeteilt und es gilt, dass man die Level einer Umlaufbahn in beliebiger Reihenfolge spielen kann, aber mindestens ein Level der letzten Umlaufbahn absolvieren muss, um die nächste Bahn freizuschalten. Jede Galaxie wird mit einem Endgegnerlevel abgeschlossen und als Bonus folgt danach ein Extralevel, das ganz der Parodie einer bekannten PlayStation-Marke gewidmet ist. Welche das sind, sei an dieser Stelle nicht verraten, aber Team Asobi hat hier eine Mischung aus klassischen Japan Studios IPs für alle Altersklassen und eher gewaltaffinen West-IPs gewählt. Selbstverständlich wird bei der Umsetzung der sehr gewalttätigen Spiele auf eine weiche Comic-Darstellung wertgelegt, die jüngere Spieler nicht verschrecken dürfte.
In Sachen Leveldesign kann Astro Bot mit zahlreichen tollen Ideen aufwarten und stellt dabei sicher, dass kein Level übermäßig lange dauert. Die meisten Level sind weitgehend linear, es gibt allerdings auch eine Hand voll offener Level, die aber in meinen Augen eher zu den schwächeren – damit aber beileibe nicht schlechten – Levels in Astro Bot gehören. Wenngleich neben jungen Spielern auch Vielspieler klar durch Astro Bot angesprochen werden sollen, hat sich Team Asobi entscheiden, den Schwierigkeitsgrad äußerst moderat zu halten. Einzig der Umstand, dass Astro Bot -mit Ausnahme sehr weniger Spielszenen – keine Lebensenergie hat, sondern bei jedem gegnerischen Treffer sofort stirbt, wirkt erstaunlich streng. Genre-Fans, die sich unterfordert fühlen, können aber immerhin in vier etwas knackigeren Extralevels je Welt (ab der zweiten Welt) ihr Können unter Beweis stellen. Es sei allerdings auch dazu gesagt, dass der niedrige Schwierigkeitsgrad von Astro Bot nicht dermaßen exzessiv ist, dass es die Spielerfahrung für Genre-Kenner ruinieren würde.

Ein wichtiger Aspekt von Astro Bot ist die Suche nach den Bots und Puzzleteilen, sowie in jeweils zwei Levels je Welt versteckten Levelausgängen. Die meisten Geheimnisse sind an gut erkennbaren Stellen versteckt, in jedem Fall sind die Sammelgegenstände aber an kreative Zusatzaufgaben und gelegentlich auch kleine Rätsel gebunden. Gelegentlich wird es etwas gimmickhaft, wenn beispielsweise die Offenlegung eines Geheimnisses mit Hilfe der Suche mit dem Rumblemotor erfolgt, aber Astro Bot verhält sich, was die Gimmick-Nutzung anbelangt, wesentlich moderater als sein direkter Vorgänger und dürfte selbst Griesgrame in der Hinsicht nicht verärgern.
Technisch ist Astro Bot makellos und läuft mit stabilen 60 Bildern in der Sekunde. Der saubere, etwas sterile Look des Spiels wird durch niedliche Animationen und einfache Bildsprache aufgewertet. Inwiefern man die zahlreichen oberflächlichen PlayStation-Anspielungen als Nostalgie-Bonus oder störende Werbung empfindet, ist sicherlich individuell, dürfte aber so und so keinen großen Einfluss auf die Spielerfahrung haben. Trotz der vielen Memorabilien aus Sonys Konsolen-Historie steht die eigene Identität Astro Bots hier schon klar im Vordergrund. Musikalisch baut Astro Bot auf seinen beiden Vorgängern auf und bietet angenehme Begleitung, ohne sich in meiner Erfahrung dauerhaft im Ohr festzusetzen.

Astro Bot ist ein fokussiertes, ideenreiches und sorgsam designtes 3D Jump & Run, das über die gesamte Spieldauer immer frisch und energiegeladen wirkt. Mit seinem klaren Schwerpunkt auf Interaktion und Verspieltheit setzt Astro Bot einen willkommenen Akzent zu dem Großteil von Sonys eher bombastischen Line-Up und gemäß meiner persönlichen Vorstellungen eines Videospiels ist Astro Bot nicht nur eine Feier von Sonys Historie, sondern auch das beste Spiel das das Traditionsunternehmen produziert hat. Astro Bot schafft es insbesondere, die quirlig-lebendige Atmosphäre früherer Japan Studios Spiele mit einer starken mechanischen Grundlage und Leveldesigns zu verbinden und so einen echten Pflichttitel im PlayStation 5-Line-Up herauszubilden. Ganz persönlich kann ich auch sagen: Ich habe für Astro Bot eine PlayStation 5 gekauft und einen tollen Gegenwert hierfür erhalten.

Vielen Dank an Sony für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PlayStation 5.