Einmal und nie wieder? 100% in Breath of the Wild

Sommer 2017. Der Semesterbeginn weit entfernt, Breath of the Wild aber schon längst durchgespielt. Erst war ich nicht besonders versessen darauf, die 100% zu holen, immerhin hatte ich die letzten beiden fehlenden Schreine in meinem ersten Durchgang schon lange genug gesucht. Dabei gibt es davon nur 120. Aber 900 Krogs zu finden, die sich auf der ganzen Weltkarte verbergen?

Doch dann wollte ich das Spiel ein weiteres Mal durchspielen. Diesmal wollte ich weniger klettern und dafür mehr die Straßen und Wege und Pferde nutzen. Zufällig bin ich über ein Video gestolpert, in dem jemand den Schrein des Lebens verlassen hat, ohne zu klettern. Das fand ich so großartig, dass ich zwei Tage lang im Schrein festsaß, bis ich es auch geschafft hatte.

Irgendwann hatte ich wieder alle Schreine und Ganon besiegt. Aber ich war noch nicht bereit, das Spiel wieder auf die Seite zu legen.

Also wollte ich alles mitnehmen, auf das ich vorher verzichtet hatte. Die Medaillen von Kilton. Komplett aufgelevelte Kleidungsstücke. Nicht nur eine aufgedeckte Karte, sondern wirklich alle benannten Gebiete. Alle Krogs.

Ich bin ohne Orientierung im dichten Schneegestöber über das Hebra-Gebirge gestapft, habe Tage damit verbracht, Link ans Lagerfeuer zu setzen, um Drachen mit Pfeilen zu beschießen. Habe die Karte studiert, um auffällige Landmarken ausfindig zu machen und zu besuchen. Felskugeln gerollt, Krüge zerschossen, Steine aufgehoben.

Ich bin vom äußersten Nordwesten bis tief in den Südosten gewandert, bin systematisch die Karte abgelaufen, habe jedes einzelne Gebiet nach Auffälligkeiten durchkämmt. Allerdings war ich nicht gründlich genug. Auch nach mehreren Runden durch ganz Hyrule hatte ich rund 200 Krogs noch immer nicht gefunden.

Aber so ganz stimmt das nicht. Es gab einen Krog, bei dem ich schon lange wusste, wo er sich befindet. Den ich vorerst ignoriert habe, weil alle meine Versuche, ihn zu erreichen, gescheitert sind.

Hinter dem Dschungel an der malerischen See von Necluda gibt es ein kleines Dorf, in dem die Leute vom Meer leben. Angelstedt. Dort gibt es ein paar Kühe auf einer umzäunten Wiese, ein paar Palmen darum herum. Neben der Weide steht ein Haus mit einem sehr auffälligen, lückenhaften Dreieck aus Steinen auf dem Dach. Ziemlich eindeutig, dass sich dort ein Krog versteckt. Es ist auch klar, dass einer der vielen Steine aus der Umgebung auf das Dach befördert werden muss.

Ich habe rund um das Haus herum Bäume gefällt in der Hoffnung, dadurch eine Brücke bis nach oben bauen zu können. Dafür habe ich auch mit Stasis gearbeitet, aber ohne Erfolg. Dann habe ich Stasis auf die Steine angewendet und sie mit verschiedensten Waffen bearbeitet. Manchmal kamen die Steine dem Dach ziemlich nah, aber dann sind sie jedes Mal irgendwo abgeprallt und durch das ganze Dorf geflogen. Ich bin auf den nahegelegenen Berg geklettert, um zu schauen, ob ich von oben Steine werfen kann. Ich bin weggegangen, habe andere Krogs gesucht und bin später wiedergekommen.

(Szene nachgestellt)

Nichts hat mir dabei geholfen, einen Stein auf das Dach zu bekommen. Da ich die verbliebenen Krogs so oder so nicht allein gefunden hätte, habe ich mich schließlich vertrauensvoll an das Internet gewandt. Einen Moment lang war ich enttäuscht. Aber dann war ich fest entschlossen, die eine Möglichkeit auszuprobieren, die mir selbst nicht eingefallen war.

Mit einigen Oktorok-Ballons und sehr viel Geduld habe ich es schließlich geschafft. Als Link oben auf dem Dach stand, neben ihm der Krog, dachte ich mir: „Das mach ich nie wieder.“

Jedes Mal, wenn ich seitdem in Angelstedt unterwegs war, habe ich kurz zu diesem Dach hinübergeschaut und mich gleich wieder abgewendet. Es gibt so viele Krogs, also kann ich auf diesen einen problemlos verzichten.

Frühjahr 2021. Inzwischen habe ich mir Switch und Season Pass zugelegt. Und kürzlich ein Langzeitprojekt. Weil ich mir dachte, dass es doch schön wäre, wenn ich Screenshots von einem 100%-Durchgang machen könnte. Bisher habe ich nur den Bildschirm des Wii U GamePads schlecht abfotografiert.

Nachdem ich sowieso kurz nach Spielbeginn in der Gegend unterwegs bin, stand bald fest, dass ich diesen Krog früh holen werde. Wobei „Gegend“ die östliche Hälfte der Karte umschließt. Auf dem Weg habe ich Oktorok-Ballons gesammelt, damit ich gleich loslegen kann.

Dachte ich zumindest. Tatsächlich hatte ich nur drei Stück im Inventar, die ziemlich schnell aufgebraucht waren. Also habe ich Angelstedt verlassen und bin an den nächstbesten Fluss gereist, um ein paar Oktoroks zu töten. Auf der Suche nach einem Krog-Fächer habe ich eine Axt und ein Schwert zerstört. In der Nähe des Dorfes ist schließlich einer aus einem Baum gefallen.

Vollständig ausgerüstet, bin ich zum richtigen Haus hinübergegangen. Ich habe Steine an unterschiedlichen Stellen auf dem Gras platziert und Ballons an ihnen befestigt. Mit dem Fächer gewedelt. Irgendwie hatte ich nicht den Eindruck, als hätte der Fächer überhaupt einen Effekt.
Nachdem die Ballons ein Stück aufgestiegen sind, zerplatzen sie immer. Meistens landet der Stein dann wieder auf dem Gras, manchmal prallt er erst vom Haus ab. Dasselbe Ergebnis habe ich, wenn ich den Stein in der Luft mit Stasis anhalte und dann Pfeile auf ihn schieße oder Waffen gegen ihn werfe.

Also habe ich meine alten Methoden wieder hervorgekramt, aber die Steine sind wieder überall gelandet außer auf dem Dach. Mit den letzten Ballons und fünf (vermutlich verschwendeten) Pfeilen ist schließlich ein Stein an einer Ecke des Hauses hängengeblieben. Ich konnte erst nicht glauben, dass das geklappt hat. Immerhin war ich mit dem ganzen Zusammensuchen nur eine Stunde damit beschäftigt.

Beim Hochklettern ist Link erst einmal abgerutscht. Einen kurzen Moment hatte ich Angst, dass der Stein noch despawnen könnte. Oben angekommen, war ich mir nicht sicher, ob ich den Stein wirklich erreichen kann. Dabei ist der Krogsamen im Grunde schon gesammelt, sobald der Stein auf dem Dach landet.

Aber endlich stehe ich oben. Ich bin entspannt genug, um stehen zu bleiben und Screenshots zu machen. Ich lege den Stein an seinen Platz und der Krog begrüßt mich wie jeder andere. Ohne die Mühen anzuerkennen, die ich seinetwegen auf mich genommen habe. Aber ich tue das nicht für eine Belohnung. Ich weiß ja, was Maronus mir letzten Endes geben wird.

„Das mache ich nicht noch einmal“, sage ich leise zu ihm. Der Krog lächelt nur.