
Wartile ist ein Cool-Down-basiertes Strategiespiel im Tabletop-Stil, das sich der nordischen Mythologie bedient und bei dem man eine Gruppe Wikinger durch hübsch gestaltete Dioramen führt, um seine Feinde in taktischen Kämpfen zu bezwingen und diverse Missionsziele zu erfüllen.
Ursprünglich 2018 für den PC erschienen und im März 2020 auf die PS4 und Xbox One portiert, ist nun auch endlich die Nintendo Switch an der Reihe und erhält die Complete Edition des Spiels.

Das Menü ist passenderweise ein Tisch, auf dem man neben der Kampagnenkarte auch ein Händler-Diorama, das Kartendeck, die Figurensammlung, einen Bereich für Anpassungen und die Taverne findet. Über die Karte wählt man natürlich die Mission aus, die man spielen möchte. Alle Missionen bieten dabei drei verschiedene Schwierigkeitsstufen, die nach und nach freigeschaltet werden und den Wiederspielwert erhöhen. Beim Händler kann man Ausrüstung kaufen und verkaufen. Im Kartendeck stellt man sich eine Hand voll Karten für die Missionen zusammen, die als Spezialfähigkeiten, wie beispielsweise Fallen oder Heilung genutzt werden können. In der Figurensammlung stellt man seine Gruppe für die nächste Mission zusammen und rüstet diese bei den Anpassungen mit Waffen, Helmen, Schulterpolstern und Rüstungen aus. Besonders gut gefällt mir, dass die Anpassungen auch an den kleinen Figuren sichtbar sind. Sogar eine Kürbismaske, die ich in einer Mission gefunden habe, kann ich ihnen als Helm aufsetzen. Die Taverne ist der Ort, an dem wir neue Figuren einkaufen können. Nachdem ich jedoch alle erworben hatte, wurde sie ein wenig nutzlos.

In den Missionen gibt es immer ein Hauptziel und meist mehrere Nebenziele. Je mehr Ziele man erfüllt, desto größer fällt die Belohnung aus. Zum Teil müssen jedoch auch zunächst die Nebenziele erfüllt werden, um eine Mission überhaupt abschließen zu können. Während man sich über das Spielbrett bewegt, stehen die Feinde zunächst still. Sobald man jedoch einen gewissen Radius um sie herum betritt, erwachen diese und bewegen sich fortan selbstständig und ebenfalls mit einem Cool-Down zwischen den Zügen über das Feld. Ab diesem Zeitpunkt ist es umso wichtiger, seine Umgebung im Auge zu behalten und sich richtig zu positionieren. Eine erhöhte Position bringt im Kampf ebenso einen Vorteil, wie ein Angriff von hinten. Bogenschützen und Lanzenträger können mit zwei Feldern Entfernung angreifen, während Schildträger vorne platziert werden sollten. Durch Levelaufstieg können die Figuren zudem auch besondere Fähigkeiten freischalten, wie zum Beispiel einen Pfeilregen beim Bogenschützen, einen Wutausbruch für den Krieger oder einen Krähengefährten für die Völva. Doch egal, mit welchen Figuren man kämpft, das richtige Timing ist der Schlüssel zum Erfolg. Denn nur wer die Cool-Down-Reihenfolge seiner Truppen beherrscht, kann quasi ohne Unterbrechung Schaden verursachen, sich wenn nötig heilen und Angriffe abwehren, um so gezielt seine Feinde ausschalten. Nun muss aber niemand befürchten, dass das Spiel in hektisches Micromanagement ausartet. Eine Zeitlupenfunktion lässt den Spieler per Tastendruck jederzeit das Geschehen verlangsamen, falls es einem doch mal zu hektisch wird.
Die düstere Atmosphäre, die sich durch das Spiel zieht, ist stimmig und lässt wirklich den Eindruck entstehen, dass man mit einer Horde Wikinger durch verschneite Lande zieht. Positiv überrascht war ich von der Menge an vertonten Texten, die die Geschichte der Kampagne erzählen, wenn auch nur auf Englisch.

Was man Wartile definitiv anmerkt, ist seine Herkunft auf dem PC. Die Steuerung auf der Switch gestaltet sich leider immer wieder als zu umständlich und wenig innovativ. Hier hätte ich mir wirklich eine Touchscreen-Unterstützung gewünscht, wenn man im Handheldmodus spielt. Natürlich will man die Figuren in einem Tabletop-Spiel anfassen, um sie zu bewegen oder ihre Aktionen auszuwählen. An dieser Stelle wurde leider eine große Chance verschenkt.
Der DLC Hel’s Nightmare ist in der Complete Edition bereits enthalten und kann gespielt werden, sobald die Kampagne abgeschlossen wurde. Ich habe zunächst gedacht, dass das eigentliche Spiel erst im Mehrspielermodus beginnt und die Kampagne mehr als ein Tutorial zu verstehen sei. Bedauerlicherweise gibt es jedoch gar keinen Multiplayer.
Getestet wurde die Version 1.0.0, die vor dem offiziellen Release zur Verfügung stand. Darin sind mir leider diverse Bugs begegnet, die ich nicht ignorieren konnte. Platziert man beispielsweise eine Bärenfalle auf einem Feld, so wird sie auf immer einem benachbarten Feld abgelegt und nie dort, wo man sie haben möchte. Außerdem gab es diverse Grafikfehler, bei denen meine Figuren abseits vom Spielbrett durch die Texturen gelaufen sind und den Weg zurück nicht mehr gefunden haben. Dies hat mich mehr als einmal dazu gezwungen, eine Mission neu starten zu müssen. Laut einer Vorab-Information vom Publisher, soll bis zum Release noch ein Patch erscheinen, der diese Fehler behebt.

Insgesamt hinterlässt Wartile Complete Edition auf der Nintendo Switch einen durchwachsenen Eindruck. Die Idee und das Gameplay sind gut und eignen sich eigentlich hervorragend für die mobile Konsole. Leider wurden zu viele Chancen vertan, um wirklich von der Plattform zu profitieren und die Umsetzung wirkt etwas übereilt. Dies, kombiniert mit den verwaschenen Texturen, den zu niedrig aufgelösten Charaktermodellen und den zum Teil recht langen Ladezeiten, bringt mich dazu, eher von der Switch-Version abzuraten und stattdessen einen Blick auf die PC-Version zu empfehlen, für die das Spiel ursprünglich ausgelegt war.

Vielen Dank an Deck13 für die Bereitstellung des Testmusters.