Die „Tales of“-Reihe dürfte zu den bekannteren JRPG-Reihen mit Echtzeitkämpfen gehören. Sie ist auch schon lange genug auf dem Markt, dass so mancher Titel erneut veröffentlicht wurde. So diesmal Tales of Xillia Remastered, dessen Originalversion ein Titel zum 15. Reihenjubiläum war. Dieser Fakt findet sich auch beim Start der Remasterversion wieder, während es mittlerweile eher Zeit für das 30. Jubiläum wird.
Hierzulande erschien Tales of Xillia im Jahr 2013. Die Figur von Milla Maxwell aus der Collector’s Edition steht heute noch in meinem Regal. Kann Tales of Xillia auch heute überzeugen?

Herrin der Geister oder Medizinstudent
Zu Beginn von Tales of Xillia Remastered hat man die Wahl zwischen zwei Protagonisten. Manche Szenen und vereinzelte Spielabschnitte unterscheiden sich, der Großteil ist bei beiden gleich.
Oben erwähnte Milla Maxwell ist eine Option. Als Herrin der (Elementar-)Geister untersucht sie ein Massensterben von diesen. In der Stadt Fennmont vermutet sie eine spyrix genannte Maschine, die dafür verantwortlich sein soll. Dabei wird der zweite Protagonist in die Ereignisse verwickelt, der Medizinstudent Jude Mathis. Beim Eindringen in eine Forschungseinrichtung findet sich die Maschine, aber Millas große Elementargeister werden gefangen.

Die geschwächte Milla muss fliehen, Jude als Komplize angesehen ebenfalls. Der undurchsichtige Söldner Alvin hilft dabei. Auf der Reise finden sich weitere Mitstreiter. Die Gruppe wird zudem in die Spannungen zweier Länder verwickelt.
Ich finde Geschichte und Charaktere unterhaltsam. So trifft Millas weltfremde Art und Entschlossenheit auf Judes Naivität und Unerfahrenheit. Und auch andere Gruppenmitglieder sind natürlich nicht nur beiläufig dabei, sondern mit den Vorkommnissen verwoben. Platz für Humor findet sich dabei ebenfalls, wie auch nachdenklichere Momente.

Durch Rieze Maxia
Die Welt des Spiels ist in einzelne Bereiche und Städte unterteilt. Größtenteils sind diese optisch unterschiedlich genug gestaltet, Städte der verschiedenen Länder unterscheiden sich deutlich. Die Gebiete sind in der Regel kompakt genug, Materialien und Schatztruhen zu sammeln hält nicht allzu sehr auf. Vielleicht ein bisschen zu oft muss man dafür langsam durch niedrige Durchgänge kriechen, und das Klettern könnte etwas schneller sein. Die Laufgeschwindigkeit ist spätestens mit den Winged Boots hoch genug, die diesmal optional gleich zu Beginn verfügbar sind.
Außerhalb von Städten und festen Kämpfen sind Gegner auf der Oberwelt unterwegs. Der Kontakt startet einen Kampf, bei dem in der Regel zusätzliche Gegner teilnehmen. Wenn man Gegner auf der Oberwelt von hinten berührt, erhält man einen Startvorteil, andersherum einen Nachteil. Sind Gegner nah genug aneinander, muss man zudem beide Gruppen zusammen bekämpfen. Je nach Anzahl kommen weitere Gegner aber erst als Nachrücker.

LMBS – Linear Motion Battle System
Die Kämpfe in Tales of Xillia Remastered finden in Echtzeit in dreidimensionalem Raum statt. Aber abseits der freien Bewegung ist standardmäßig ein Gegner anvisiert. Der gesteuerte Charakter bewegt sich dann zum Gegner hin, von ihm weg, oder springt. Eine Ausweichbewegung findet durch Backstep statt. Daneben kann man auch Blocken, wenn auch nicht einfach unbegrenzt. Zudem kann Magie nicht mit dem normalen Blocken abgewehrt werden.
Charaktere haben AC, eine Begrenzung für die Kombolänge. Diese lässt sich durch Fertigkeiten und kritische Treffer erhöhen. Die Begrenzung fällt aber kaum ins Gewicht. Denn wenn man kurz nicht angreift, sind die AC sehr schnell wieder voll. Standardangriffe und Artes benötigen je ein AC. Artes benötigen zusätzlich TP, die durch Standardangriffe oder Items gefüllt werden können.

Während Standardangriffe schnell sind, können physische und vor allem magische Artes länger dauern. Der Casting-Vorgang bei Magie lässt sich abbrechen, kann aber auch leicht durch Gegner unterbrochen werden.
Bis zu vier Charaktere nehmen am Kampf teil, können aber mit Reservecharakteren ausgewechselt werden. Man kann per Menü nicht nur eigenen Itemeinsatz steuern, sondern auch Mitstreiter anweisen, Items oder Artes zu nutzen. Zudem gibt es ein einstellbares System, unter welchen Bedingungen Charaktere automatisch Items einsetzen sollen.

Das Kampfsystem macht Spaß und verschiedene Schwierigkeitsgrade stehen zur Verfügung. Nur vereinzelte Situationen können etwas ärgerlich sein, wenn zum Beispiel mehrere Gegner den Spieler angreifen und am Handeln hindern.
Jeder ist einzigartig
Die einzelnen Charaktere haben nicht nur eigene Waffen und größtenteils unterschiedliche Artes. Jeder Charakter hat ein eigenes System, noch etwas individueller zu wirken. Milla kann zum Beispiel Zauber langsam casten oder stattdessen eine alternative, schnelle Abwandlung einsetzen. Jude bewegt sich nach erfolgreichem Ausweichen zum verletzbaren Rücken von Gegnern. Aber auch bei der Unterstützung anderer Charaktere gibt es Unterschiede.
Gemeinsam sind wir stärker
Denn per Link-System können zwei Charaktere im Kampf noch effektiver sein. Jude als Partner hilft zum Beispiel, wenn ein Charakter zu Boden geworfen wurde; mit Glück kann er sogar wiederbeleben. Ein Charakter blockt auch automatisch magische Angriffe auf seinen Partner. Der Söldner Alvin durchbricht das Blocken von Gegnern.

Zudem wird eine Leiste gefüllt, die Kombinationsangriffe nach bestimmten Artes möglich macht. Je mehr Artes der gesteuerte Charakter und sein Partner gelernt haben, desto mehr Kombinationen sind möglich. Manche sind ziemlich wirkungsvoll.
Mit jedem Kombinationsangriff kann die Leiste weiter gefüllt werden. Am Maximum kann man dann Over Limit auslösen und ein paar Sekunden lang frei Kombinationsangriffe auslösen. Oder später auch starke Mystic Artes der Charaktere, wenn man eine Arcane Arte freigeschaltet hat.
Blumen blühen lassen
Arcane Artes sind eine von vielen Sachen, die per sogenannten Lilium Orbs freigeschaltet werden können. Die Menschen in Rieze Maxia können in der Regel nur durch Lilium Orbs gegen Monster bestehen. Beim Aufleveln erhält man Punkte, die man auf einem spinnennetzartigen Skilltree einsetzen kann.

Jeweils den nächsten inaktiven Knotenpunkt kann man so aktivieren. Die Knotenpunkte geben Statusboni, und wenn man alle Knotenpunkte um ein Feld aktiviert, werden Fertigkeiten wie Blocken von Magie und neue Artes verfügbar.
Fertigkeiten müssen dann noch ausgerüstet werden und benötigen unterschiedlich viele SP, die man ebenfalls durch Knotenpunkte erhält. Viele Fertigkeiten wirken auch auf den verbundenen Partner.
Wenn man schließlich genug Felder am Rand des Netzes aktiviert, wird es erweitert und eine Blume dahinter blüht auf. In der Regel ist ein Feld dabei vorgegeben, die anderen kann man sich frei aussuchen.

Ich habe versehentlich oben genannte Arcane Artes lange ausser Acht gelassen, weil man so frei ist. Aber dramatisch war das nicht. Nur die Einblendung, „auch“ manche Gegner können Mystic Artes nutzen, hatte mich kurz verwirrt.
Ausrüstung
Die Ausrüstung in Tales of Xillia Remastered ist zum großen Teil in linearer Folge jeweils stärker. Meist habe ich für Charaktere die aktuellste Waffe und Rüstung ausgewählt, wenn genug Geld vorhandenwar. Zwar können Waffen Elemente haben und Rüstungen gegen bestimmte Elemente besser schützen, allzu wichtig schien mir das nicht. Accessoires bieten dagegen vielerlei mögliche Boni, und nur recht wenige sind klare Upgrades von anderen.
Eine Eigenheit bei Läden ist jedoch, dass man mit gesammelten Materialien oder Geld Kategorien wie Waffenläden aufleveln muss. Nur so schaltet man neues Inventar und Rabatte dort frei. Wenn man auf dem Weg nicht zu viel liegen lässt, sollte man immer genug aufleveln können. Denn nur auf gefundene Ausrüstung und Items möchte man sich auch nicht unbedingt verlassen.

Wer sich viel mit Ausrüstung beschäftigen möchte, wird hier eher nicht zufrieden sein. Wer dagegen die Einfachheit mag, viel eher.
Inkludierte Boni
Ein Remaster ist immer auch eine Gelegenheit, neben technischer Politur auch weitere Boni zu beinhalten. So sind manche ursprüngliche DLC-Kostüme, Frisuren und optische Accessoires enthalten. Damit hat man eine größere Auswahl.
Außerdem ist der Grade Shop gleich beim ersten Durchgang verfügbar, der ursprünglich eigentlich für Boni im New Game plus gedacht war. Dort kann man zum Beispiel auch Erfahrungsboni auswählen oder jeden Schaden erhöhen. Auch kann die Tragekapazität der Items von 15 auf 99 erhöht werden.

Ist denn heute schon Weihnachten? 
Oder mögt ihr den Sommer lieber?
Manche der Boni lassen sich dann im laufenden Spiel frei aktivieren und deaktivieren. So kann man zum Beispiel die Bonuserfahrung am Anfang freischalten, dann aber nur bei Bedarf aktivieren. Das habe ich lediglich beim Bonusdungeon nach der Geschichte genutzt, als der Boss dort zu stark für mich war.
Fazit
Tales of Xillia hat mir vor über zehn Jahren gefallen, und als Tales of Xillia Remastered ist das auch heute noch der Fall. Technisch habe ich nur Kleinigkeiten zu Bemängeln. So gibt es in Städten Popups von NPCs und manchen Objekten in der Ferne, obwohl genug Hardwarepower vorhanden sein sollte. Und in seltenen Fällen hat sich das Spiel auch im einem Ladebildschirm nach Szenen verfangen. Glücklicherweise ging dabei kaum Fortschritt verloren. In der Regel sind Ladezeiten auch kurz, sodass das Problem beim Auftreten schnell auffällt.

Charaktere und Story wissen zu unterhalten, die Musik ist toll. Die Gebiete sind zwar spielerisch nicht unbedingt abwechslungsreich, aber optisch. Zudem sind sie kompakt, Bewegung meist schnell genug. Das Kampfsystem macht Spaß und man hat beim Freischalten neuer Fertigkeiten relativ viel Freiheit in der Reihenfolge, da nur ein geringer Anteil Pflicht ist.
Mit fast allem Optionalen abseits des Bonusdungeons habe ich zum Durchspielen mit Milla knapp über 40 Stunden benötigt. Auch wenn die PS5 dann nur 50% Fortschritt angibt, ist der Durchgang mit einem Charakter dabei schon ein vollwertiges Erlebnis. Das Durchspielen mit beiden Charakteren ist dann eher ein Bonus für besonders Begeisterte, oder für einen zweiten Durchgang später.
Was auf euch zutrifft, könnt ihr beim Spielen für euch herausfinden.

Vielen Dank an Bandai Namco Entertainment für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PlayStation 5.