
Vor einigen Jahren hat Sony das China Hero Project ins Leben gerufen, mit dem chinesische Entwickler unterstützt werden sollten. In dessen Zuge wurde auch Lost Soul Aside bekannt. Das Spiel startete als Soloprojekt und ist unter anderem von Final Fantasy 15 inspiriert gewesen. Seither sind einige Jahre ins Land gezogen, das Projekt gewachsen. Kann es nun auch überzeugen?
Kaiserreich, Monster und Drachen
Die Welt von Lost Soul Aside ist fast komplett in der Hand eines Kaiserreichs. Dieses gewann in Eroberungsfeldzügen durch fortschrittliche Technik und Magie die Oberhand gegen viele andere.
Der Protagonist Kaser gehört zur Widerstandsgruppe GLIMMER, die zu Beginn ihre Existenz während einer Parade zeigen will. Doch dann tauchen Monster auf, Chaos bricht aus. Kaser trifft den uralten Drachen Arena, der ihm Kraft verleiht. Die kann er auch gut gebrauchen, da die Monster die Seele seiner Schwester stehlen. Um sie zu retten, muss er um die Welt reisen.

Die Geschichte von Lost Soul Aside ist nicht sonderlich komplex und Charakteren fehlt es bisweilen an Tiefgang. Aber die Erzählung ist auch relativ knapp gehalten, das Gameplay steht im Vordergrund.
Immer voran
Lost Soul Aside ist ein lineares Character-Action-Spiel. Hauptaspekt sind Kämpfe, die durch simple Plattforming- und „Rätsel“-Aufgaben aufgelockert werden. Es gibt teilweise Abzweigungen mit Truhen oder optionalen Kampfherausforderungen zu finden, aber keine größeren Ablenkungen. Die Gebiete selbst sind kompakt gehalten. Auch für optische Abwechslung ist gesorgt, und etwas erweitert sich Kasers Repertoire für Bewegung und Interaktion im Verlauf auch.
Die Sprungphysik fühlt sich für mich nicht ganz so gut an und einzelne Sprungabschnitte können etwas hakelig wirken, wirklich schwierig wird das aber nicht. Vereinzelte Rätsel werden ebenfalls bei weitem nicht anspruchsvoll, den Spielfluss zu stark zu bremsen.

Neben automatischer Speicherung kann man manuell bei einer Person speichern, die man oft trifft. Diese schafft es irgendwie immer, Kaser zuvorkommen. Zudem stehen dann auch diverse andere Optionen wie Crafting, Einkaufen und Wiederholung gefundener Challengekämpfe zur Verfügung.
Schnelle Kämpfe
In das Kampfsystem von Lost Soul Aside habe ich mich schnell reingefunden. Leichte und schwere Angriffe lassen sich in Kombos aneinanderreihen, ohne dabei zu komplex zu werden. Sowohl am Boden als begrenzt auch in der Luft kann man geschwind kämpfen.
Während schwächere Gegner so gut im Zaum gehalten werden können, wird bei stärkeren Gegnern auch die Defensive wichtiger. Kaser kann blocken und ausweichen, beides wird erfreulicherweise bei gut getimten Einsatz belohnt und zudem mit Effekten unterstrichen. Parieren kann Gegner kurzzeitig verwundbar machen, knappes Ausweichen hat verschiedene Effekte je nach Waffenart.

Starke Gegner lassen sich zwar wie oben geschrieben nicht so einfach quasi ohne Gegenwehr verprügeln, wenn man agresdiv genug vorgeht. Dafür haben sie eine Stunleiste. Wird diese leer, sind sie ein paar Sekunden verwundbarer. Vereinzelte Gegner haben sogar spezielle Situationen, die zum sofortigen Leeren führen kann. Umgekehrt gibt es Gegner, die sich bei bestimmten Lebensenergiegrenzen aus dem Stunzustand befreien. Dann habe ich gerne vorher noch den starken Spezialangriff eingesetzt, den gestunnte Gegner ermöglichen.
Arena ermöglicht Kaser im Spielverlauf diverse „Arena Powers“, die nach dem Einsatz einen Cooldown haben. Diese lassen etwas Personalisierung zu und sind auch nicht alle nur offensiv. Ausserdem füllt sich im Kämpfen die Fusionsleiste, mit der Kaser kurzzeitig zusätzlich Arenas Kraft leihen kann um stärker und weitläufiger anzugreifen.

Das schnelle Kämpfen mit so einigen grafischen Effekten macht mir Spaß, auch wenn manchmal Gegner etwas weniger Lebensenergie haben könnten. Durch Warneffekte wird man auch nicht so leicht von Gegnern außerhalb des Kamerabereichs getroffen.
Die Bossgegner können etwas wilder werden, man wird sich im Storydurchgang aber kaum die Zähne an ihnen ausbeissen. Und die beiden höheren Schwierigkeitsgrade muss man erst durch Spielabschluss sukzessive freischalten und spielt sie mit dem bereits gestärkten Kaser.
Im Gegensatz zu so manchen Character Action Games verzichtet Lost Soul Aside übrigens auf ein Wertungssystem. Egal ob man super stylisch kämpft, oder unbehände wie aus Stein dauernd getroffen wird, das Spiel hält das dem Spieler nicht vor. Das finde ich persönlich gut, mag manchem aber fehlen.

Leichte RPG-Elemente
Lost Soul Aside ist an sich viel mehr ein Character Action Game, aber etwas RPG findet sich auch hier. Zum einen erhält man unterschiedliche Waffenarten, die man nach eigenem Geschmack nutzen kann. Zudem gibt es jeweils elementare Varianten, um Statusveränderungen und vereinzelte Schwächen zu nutzen. Ausserdem lassen sich Waffen mit platzierbaren Accessoires noch anpassen. Neben Statusboni gibt es auch Effekte wie Heilung bei kritischen Treffern. Das habe ich genutzt, auf die Optik habe ich wenig Wert gesetzt.
Als weitere Ausrüstung gibt es Trinkets mit verschiedenen Boni, von denen man im Verlauf bis zu drei gleichzeitig tragen kann. Auch oben erwähnte Arena Powers müssen ausgerüstet werden und können verstärkt werden, wenn man ihre entsprechenden Items durch Bosse oder Herausforderungen nochmal erhält.

Neben Ausrüstung erhält man aber auch Skillpunkte, jede Waffenart hat einen eigenen Skill Tree. Neben neuen oder alternativen Angriffen und Folgeangriffen nach bestimmten Kombos lassen sich auch allgemeinere Boni freischalten, sodass man teils nach eigenen Prioritäten vorgehen kann.
Ein Charakterlevel an sich gibt es meiner Einsicht nach nicht, mehr Gesundheit erhält Kaser durch Items, die man gefühlt irgendwann nebenbei findet. Denn eine andere Einblendung als beim Sammeln von normalen Materialien habe ich nicht wahrgenommen. Im Bezug auf Materialien fand ich es übrigens seltsam, dass ich auch bei Spielabschluss nur ein einziges Craftingrezept hatte. Wirklich vermisst habe ich weitere aber auch nicht.
Fazit
Lost Soul Aside war schon so lange bekannt, dass Hype bei manchem zu stark angestiegen, bei anderen wieder verfallen sein mag. Die richtige Erwartungshaltung liegt wohl irgendwo dazwischen. Ich hatte meinen Spaß mit den Kämpfen, die Bewegung durch Gebiete mit relativ simplen Plattformingabschnitten bietet Auflockerung.

Die Geschichte und Charaktere sind keine Stärke des Spiels, Szenen sind aber meiner Meinung nach knapp genug gehalten. Der Übergang vom Besiegen der Bosse zu anschließenden Szenen ist aber manchmal etwas plötzlich. Auch bei der Bewegung durch die Gebiete kommen vereinzelt Szenen, in denen Kaser ein erweitertes Bewegungsrepertoire zeigt. Das wiederum war mir fast zu viel.
Dass nicht standardmäßig Schwierigkeitsgrade zur Verfügung stehen, mag nicht jedem gefallen. Schließlich ist die Schwierigkeit im normalen Durchlauf nicht wirklich hoch. Das Balancing der optionalen Challengekämpfe aber könnte vor diesem Hintergrund auch etwas besser sein. Deren Schwierigkeit schwankt stark und ich habe nicht alle Belohnungen erspielt.
Insgesamt hatte ich beim Durchspielen aber eine gute Zeit von knapp über 20 Stunden mit Lost Soul Aside.

Vielen Dank an Sony für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PlayStation 5.