Gaucho and the Grassland (Review)

Videospiele können nicht nur in fremde Welten einladen, sondern uns auch unsere eigene Welt näherbringen. Im Falle von Gaucho and the Grassland handelt es sich dabei um Lateinamerika. Die Farmsim legt dabei den Fokus auf die Gaucho-Kultur und folkloristische Aspekte. Die Verknüpfung von südbrasilianischer Kultur und Farmingsimulation sorgt für einen frischen Ansatz, behält dabei aber auch einige gernetypische Aspekte bei. Ich war sofort interessiert, also habe ich mir meinen Chimarrão (Mate) geschnappt, ein paar Boitatá (eine mythische Feuerschlange) vertrieben und mit dem Lasso Kühe eingefangen. Da mir die Steuerung mit Maus und Tastatur nicht zusagte, habe ich zusätzlich einen Controller in die Hand genommen. Mit dem spielt sich das Spiel einwandfrei.

Grasende Kühe in einem eingezäunten Berereich mit zwei Tränken und einer kleinen Hütte.
Auf der väterlichen Farm

Ähnlich wie in Stardew Valley, übernehme ich die Farm eines Vorfahren. Diesmal ist es die Farm meines verstorbenen Vaters, der auch als Geist auftritt. Anders als der Großvater in Stardew Valley, bleibt der Geistervater dauerhaft auf der Farm und meldet sich auch außerhalb hin und wieder zu Wort. Er ist es auch, der mir im Tutorial die ersten Aufträge gibt und mir alles beibringt, was ich wissen muss.

Zuerst sammle ich nur ohne Werkzeuge Zweige, Steine und Gräser ein. Die genretypischen Äxte und Spitzhacken stelle ich selbst her. Anschließend kann ich auch Baumstämme und einfache Felsen zerkleinern. Upgrades für Werkzeuge sind ebenfalls vorhanden, aber bis auf einzelne spezifische Formen nicht für das Durchspielen der Story notwendig. 

Die Farm, auf der ich beginne, ist ein kleines Gebiet mit einem kleinen Haus, das ich erst repariere und möbliere. Da ich keine Pflanzen anbaue, benötige ich aber auch keinerlei Felder (es gibt auch keinerlei Zeitsystem). Ställe und Hühnerschuppen schalte ich in den drei Gebieten außerhalb der heimischen Farm frei.

Aber es ist auch nicht die eigene Farm, auf der in Gaucho and the Grassland der Fokus liegt. Abseits der ersten Aufträge meines Geistervaters gibt es nichts, was ich dort wirklich tun muss, wenn ich nicht möchte. Nach und nach schalte ich neue Häuser und Möbel frei, die ich benutzen kann. Aber wenn ich nicht einrichten möchte, kann ich auch darauf verzichten. Die Farm fungiert vorwiegend als Hubwelt, von der aus ich in die drei Gebiete aufbreche. Diese kann ich in beliebiger Reihenfolge angehen, benötige für jedes Tor in ein Gebiet jedoch einen Schlüssel, den ich durch den Abschluss eines anderen Gebiets erhalte.

Neben meinem eigenen Charakter gestalte ich auch Hund und Pferd. Ersterer gräbt Materialien aus, während ich auf dem Pferd mein Lasso schwingen und Vieh hüten kann.

Screenshot von Gaucho and the Grassland. Die Umgebung ist neblig, Gaucha auf dem Pferd hat ein braunes Schaf mit dem Lasso gefangen und hält das Seil.
Über das Grasland wachen

Mein Auftrag ist es, den Bewohner:innen des Graslands bei ihren Problemen zu helfen. In jedem der drei Gebiete besteht das Hauptziel darin, die Boitatá zu vertreiben. Dafür muss ich sieben Nebenaufträge abschließen und die notwendigen Materialien in der Tasche haben.

Daraus ergibt sich sehr viel Freiheit. Zwar werden viele der über 120 Aufgaben des Spiels erst nach Abschluss eines Gebiets freigeschaltet, doch auch davor sind weit mehr als die notwendigen sieben Aufgaben verfügbar. Wenn ich nicht angeln möchte, muss ich nicht angeln. Wenn ich ein vermisstes schwarzes Haustier einfach nicht finde, finde ich stattdessen ausreichend andere Personen, denen ich helfen kann. Verhindert ein Bug, dass ich vorhandene Milch gegen eine Anleitung für eine bessere Spitzhacke eintausche, hängt daran nicht der Storyfortschritt.

Zugegeben, die vereinzelten Bugs, über die ich bei der Erkundung des Graslands gestolpert bin, sind etwas schade. Die teils unnötig unklaren Aufgabenbeschreibungen schmälern den Spielspaß auch ein wenig. Aber dadurch, dass die Anforderungen für den Storyfortschritt im Verhältnis zum Angebot so niedrig sind, ärgere ich mich kaum, sondern mache stattdessen etwas anderes. Das ausgebüxte Haustier kann ich schließlich auch später noch suchen. Bei der Menge an Nebenaufgaben klickt vielleicht auch nicht jede auf Anhieb, aber weitgehend sind sie entspannend. Auch die zugehörigen Charaktere fühlen sich authentisch an. Erst später kommen die Aufgaben hinzu, die sich deutlich komplexer anfühlen und bisweilen große Mengen unterschiedlicher Materialien benötigen.

Nachdem die Wächter:innen der drei Gebiete verschwunden sind, leiden die dort Lebenden unter verschiedenen Katastrophen. Am Strand stürmt es dauerhaft, anderswo brennen Feuer. Dadurch entstehen starke Kontraste zwischen den Gebieten bevor und nachdem ich sie gerettet habe. Zwar gibt es Bedrohungen, das Spiel kommt jedoch völlig ohne klassische Kämpfe aus. 

Die Figur hält eine Axt und hat gerade einen Baum gefällt. Holz liegt darum herum auf dem Boden.
Herumliegende Materialien sammle ich automatisch ein.
Eier, Fische und neue Möbel

Die Nebenaufgaben in Gaucho and the Grassland sind vielfältig, auch wenn sich verschiedene Aufgabentypen natürlich ähneln. Mal repariere ich Zäune, mal einen Karren. Ich entzünde Lampen in der Dunkelheit, befreie Leute nach einem Erdrutsch und baue sogar neue Häuser. Benötige ich bestimmte Fische, kann ich diese angeln, aber als Belohnung für andere Nebenquests kann ich ebenfalls Fische erhalten.

Mal schaltet der Abschluss einer Aufgabe neue Möbel frei, mal neue Skins für Hund und Pferd. Mal schalte ich durch die Annahme einer Aufgabe eine neue Anleitung oder Fähigkeit frei. Insbesondere bei den Tierfangaufgaben kann ich die Fähigkeiten auch davon unabhängig nutzen. Nicht nur fange ich entlaufene Kühe, ich kann auch meine eigenen Kühe einfangen und auf eigenen Land in einen Stall bringen.

Neues Land kann ich in jedem der Gebiete erwerben. Dabei benötige ich verschiedene Materialien, aber ich komme komplett ohne Geld aus. Im Falle von Land ist das vielleicht nicht ganz überzeugend. Aber tausche ich Eier, Milch und Wolle gegen Anleitungen oder Materialien, fügt sich der Tauschhandel natürlich in die Welt ein. 

Ghost Father: "I had already felt the absence of my guardian frend Zee, the Shepherd for some time, but I didn't imagine that our mountain would be freezing. What a sad thing!"
Fazit

Die Stärken von Gaucho and the Grassland liegen in der erlebbaren mythologischen Gaucho-Welt und der großen Freiheit in den Aufgaben für den Storyfortschritt. Kleinere Bugs schmälern bisweilen den Spielspaß, halten aber selten lange auf. Die Aufgaben sind leider bisweilen etwas unklar. Es gibt viele Anpassungsmöglichkeiten bei Spielcharakter, Hund, Pferd und Häusern inklusive Einrichtung, wobei ständig neue Optionen freigeschaltet werden. Genretypische Aspekte sind zuhauf vorhanden, teilweise auch mit Twists, die auf dem Setting basieren, statt sich auf Konventionen auszuruhen. Ich habe gern Tiere mit dem Lasso gefangen. Für Fans entspannter Cozy-Games lohnt sich ein Ausflug in das lateinamerikanische Grasland.

Herzlichen Dank an Epopeia Games für die Bereitstellung des Testmusters. Kühe gefangen auf PC via Steam.