
Wir sind heute mal wieder richtig cozy unterwegs. Tiny Bookshop hat sich zu einem richtigen Hype Titel unter den Cozy Games entwickelt und in kurzer Zeit sehr viele Fans gewonnen. Ein ganz einfacher Fall für mich.
Tatsächlich habe ich schon vor einiger Zeit einen Code für dieses Spiel bekommen und mich auch sehr darüber gefreut. Wenn ich mal im Kaufhaus verloren gehen sollte, muss man nur in den nächstgelegenen Buchladen gehen, um mich zu finden. Und wenn Geld und Zeit keine Rolle spielen würden, würde ich am liebsten selbst einen winzigen Buchladen führen und mein Geld damit verdienen wollen anderen den nächsten Schmöcker für ihre Sammlungen zu empfehlen. Tiny Bookshop ist also ganz klar das perfekte Spiel für mich. In der Theorie. Aber es gibt Gründe, warum ich mich so schwer mit diesem Spiel getan habe.

In diesem Simulationsspiel besucht man mit seinem winzigen Buchladenanhänger verschiedene Schauplätze in der fiktiven Küstenstadt Bookstonbury. Hat man sich für einen Schauplatz auf der Karte entschieden befüllt man das Regal mit Büchern aus verschiedenen Genres: Kinderbüchern, Drama, Klassikern, Fantasy, Krimis, Sachbüchern und Büchern zum Thema Reisen. Jeder Schauplatz zieht ein bestimmtes Publikum an und bestimmt dadurch auch die Nachfrage. Das Angebot ist auf eine bestimmte Anzahl beschränkt also sollte man sich merken welche Genres besonders bei den Kunden ankommt.
Über den größten Teil der Kundschaft erfährt man nicht allzu viel. Man erkennt eher was besonders gefragt ist, wenn man sich hinterher anschaut, was nach Ladenschluss noch übrig ist. Ein paar Kund:innen entwickeln sich aber zu Stammkunden und unterhalten sich mit dem Spieler. Sie geben einem immer wieder irgendeine Aufgabe die zu ihrem Storyarc passt. Mal sind es Rätsel, meist sind es aber kleine Fleißaufgaben a la “Verkaufe 10 Dramen am Leuchtturm”. Besonders viel Einfluss kann man darauf aber nicht nehmen. Eine Ausnahme stellen die Empfehlungen dar. Mehrmals am Tag erscheinen Menschen, die nicht genau wissen was sie kaufen sollen. Sie geben einem in wenigen kurzen Sätzen die Infos die man braucht, um hoffentlich das richtige Buch für sie zu finden.

Die Bücher die zur Auswahl stehen sind allesamt reale literarische Werke. Jedes Buch kommt mit einer kurzen Beschreibung wie man sie üblicherweise auf Klappentexten findet. Darüber hinaus gibt es auch immer eine Angabe über die Anzahl der Seiten und – bei manchen – auch die Zusatzinformation, dass es sich hierbei um ein Buch für Erwachsene handelt. Von Goethe und Shakespeare bis King und Riordan gibt es eine überschaubare Menge an verschiedenen Titeln die man an die Kundschaft vertickt.
Und hier frage ich mich an wen sich das Spiel überhaupt tatsächlich richtet. Auf der einen Seite sehe ich durchaus Potenzial, dass Spieler:innen durch die vielen recht unterschiedlichen Buchempfehlungen auch motiviert werden das ein oder andere Buch in die Hand zu nehmen. Schön und gut. Aber was mich nervt ist, dass man viele der Kundenwünsche nur dann wirklich erfüllen kann, wenn man schon sehr gut belesen ist und einen Großteil dieser Bücher bereits kennt. Als Bücherratte fiel es mir überhaupt nicht schwer, aber dafür hat mich das Spiel unglaublich gelangweilt. Es ist immer wieder das gleiche und bietet deshalb für mich viel zu wenig Abwechslung. Auf der anderen Seite sind dann Spieler:innen, die bisher weniger Berührung zu Romanen etc. hatten und dann andauernd raten müssten, welches Buch zum Kundenwunsch passt. Dabei geht es nicht nur um Fragen wie “Gilt Das Parfum schon als philosophisch?” sondern auch “Woher weiß ich jetzt ohne Google zu fragen, welcher dieser Autor:innen queer ist?”, da die Anfragen teilweise recht anspruchsvoll sind.
Hat man eine falsche Empfehlung gegeben reagiert die Person auch extrem prätentiös und gibt dem Spieler zu verstehen, dass er sich schämen solle, so dermaßen wenig über Bücher zu wissen. „Prätentiös“ ist meiner Meinung nach der Ton im gesamten Spiel. Es will scheinbar nur eine Menge sehr diverse Menschen zeigen – was sich schon fast so anfühlt, als hätte man eine Checkliste abzuarbeiten – und eine Liste von Büchern anbieten, die zu einem Drittel aus alten Schinken besteht, die man aus der Abiturvorbereitung kennt, einem weiteren Drittel neuerer Titel und dem letzten Drittel obskurer Lebens- und Reiseratgebern.

Für manche Leseratten klingt das vielleicht interessant, aber nach kürzester Zeit wiederholen sich schon die Buchtitel und Anfragen auf Empfehlungen. Es wäre schön, wenn man wenigstens darauf geachtet hätte, dass man nicht der gleichen Person jedes Mal das gleiche Werk erfolgreich empfehlen kann.
Im Laufe der Zeit kommt immer mal wieder ein neuer Schauplatz dazu und der Wechsel der Jahreszeiten bringt auch neue Aufgaben mit. Aber nicht ansatzweise genügend, um mich lange für das Spiel zu begeistern. Darüber hinaus kann man seinen Anhänger auch ausbauen und dekorieren, um durch die Eigenschaften der einzelnen Gegenstände den Verkauf bestimmter Genres zu befördern oder beispielsweise mehr Bücher anbieten zu können.
So schön das Design und das Grundkonzept von Tiny Bookshop auch sein mögen: ich frage mich jedenfalls ernsthaft, warum dieser Titel so gehyped wird. Aber ich mag auch keine Spiele, die geradezu zwanghaft Häkchen setzen um hoffentlich das Prädikat “besonders wertvoll” zu erhalten.

Ein herzliches Dankeschön an Skystone Games und 2P Games für die Bereitstellung des Mustercodes. Getestet auf PC.