
Eigentlich bin ich ja kein Riesenfan von Early Access-Spielen. Meist sind sie spürbar unfertig, und gerade bei längeren Sessions merkt man schnell, dass einfach etwas fehlt. Dann passierten vor allem zwei Spiele: Hades hat mir bewiesen, dass auch technisch unfertige Spiele Spaß machen können, und Baldur’s Gate 3 hat doppelt unterstrichen, dass sie potentiell sogar einen Spiel-des-Jahres-Titel abholen könnten.
Warum erzähle ich das nun? Gold Gold Adventure Gold, der Debuttitel von Indie Studio Can Can Can a Man ist ebenfalls gerade in den Early Access gestartet, und ich bin mir absolut noch nicht mit mir selbst einig, wie fertig – oder unfertig – es nun eigentlich wirklich ist. Einerseits fühlt es sich, wenn man nach dem schwer erklärbaren Gamer-Gefühl ™ geht (und ihr wisst sicher, was ich meine), fertig an. Es spielt sich okay, die Visuals und der Sound sind stimmig, und es macht einen prima Eindruck. Aber gut, lasst mich erstmal vom Spiel selbst erzählen:

Grundsätzlich belegt Gold Gold ein Genre, welches heutzutage extrem unterbesetzt ist. Wer vor vielen Jahren Klassiker wie Black & White gespielt oder Stunden, Tage oder gar Jahre in frühe Populous-Teile gebechert hat, erinnert sich noch an die “God Games”. Dem guten, alten Peter Molyneux kann man viel vorwerfen, aber dieses Genre hat er quasi im Alleingang entwickelt und hochgehalten, bis es einfach irgendwann vorbei war. Einige letzte Atemzüge – besonders erwähnt sei hier die Majesty-Serie – gab es noch, doch das Genre selbst schien verlassen und vergessen.
Nun kommt Gold Gold um die Ecke und bedient sich fröhlich bei den beliebtesten und markantesten Features dieser Spiele:
Eine Stadt, die man in Grundzügen aufbaut, aber dann sich selbst überlassen muss? Check. Ein himmlischer Avatar, der den Willen des Spielers mehr oder weniger direkt in die Welt bringen kann? Jawohl. Jede Menge wuseliger Bewohner und Monster, die nie direkt gesteuert, aber ermutigt werden können? Aber hallo.

Gold Gold nimmt sich all diese Punkte und setzt noch ein paar eigene drauf. Unser Dörfchen lockt durch diverse Gebäude wie Taverne und Marktplatz schnell einige Helden auf der Durchreise an, die sich gern niederlassen. Besonders, da das Spielerstädchen in der Nähe einiger fieser Dungeons und bösartiger Domänen liegt, finden sie hier schließlich schnell etwas zu tun.
Wie der Name des Spiels schon zart andeutet, geht’s aber nicht nur um die reine Lust am Abenteuer, sondern in erster Linie um hartes Gold, dass die Helden aus verschiedensten Quellen einsacken können, und letztendlich auch uns – dank der fantastischen Erfindung des Steuersatzes – anteilig zuschieben. Aber von selbst machen die faulen Schlawiner nichts, bereits früh im Spiel wollen sie für die Arbeit, die sie für uns verrichten, handfeste Belohnungen sehen.
Eine Quest im Dungeon braucht schließlich etwas Ansporn, und genauso die weitere Erforschung desselbigen. Und die Verteidigung des Dorfes. Und das Sammeln von Gegenständen, das Auskundschaften der Gegend, und, und, und. Etwas Loot ist zwar schön, aber so ein Bier kauft sich halt nicht von alleine. So entwickelt sich ein stetes Hin- und Her des Goldes.

Wenn die Helden, die man übrigens alle selbst benennen darf, durch geschaffte Aufgaben und das Besiegen von Monstern nach und nach aufleveln und stärker werden, ist das nicht nur für sie und ihre Brieftasche von Vorteil, sondern auch für unser Dörfchen, dass nun besser verteidigt ist. Und vor allem reicher. Und das gilt auch für besagte Heroen, die ihre gesammelten Plünderschätze nun artig in unseren Etablissements ausgeben – in der Schmiede gibt’s schicke Waffen und Rüstungen, am Markt schon mal seltene Artefakte, und irgendwo übernachten muss man ja auch. Dieser persönliche Faktor, das Geben und Nehmen mit den Helden, die einem richtig ans Herz wachsen, ist einer der großen Stärken von Gold Gold gegenüber klassischen God Games, in denen – nicht nur bildlich gesprochen – die Perspektive oftmals ein bisschen höher liegt.
Ebenso stärker wie die Helden wird auch unser kleines Gottmonsterchen, das über Pokemonähnliche Evolutionen auch visuell immer imposanter wird. Und wie es sich für ein Fabelwesen gehört, beherrscht es immer mehr magische Fähigkeiten, die der Spieler – genau wie viele anderen kleinen und großen Belohnungen – per Sammelkartensystem für erledigte Aufgaben erhält. So kann euer himmlisches Pikachu vielleicht bald Donner vom Himmel regnen lassen, oder Gegnern mit finsterer Blutmagie das Leben abzwacken – was genau ihr für ein Gott sein wollt, entscheidet ihr schließlich selbst.

Dennoch fehlt etwas, und es ist gerade bei diesem Spiel sehr schwer zu beschreiben, was genau. Das UI ist okay, aber irgendwie unstimmig. Die Tastaturbelegung und allgemeine Steuerung funktionieren, aber kommen sich oft selbst in die Quere. Features im Spiel sind vorhanden, aber nur sehr selten wirklich erklärt. Wirklich oft bemerkt man diese Punkte nicht – das Spiel spielt sich gemütlich weg und der Flow, den man erwarten würde, ist da. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich die EA-Version empfehlen würde. Zu oft habe ich gestutzt, zu oft war ich für ein paar Sekunden verwirrt, habe ich mich gefragt, wie es weitergeht, oder was gerade passiert ist. Natürlich kann das durchaus mein Fehler sein, aber eigentlich bin ich mir meiner Unschuld sicher.
Darüber hinaus ist auch einfach der Mangel an spannendem, unterschiedlichen oder irgendwie relevantem Content ein ständiger Begleiter. Ja, es macht ein- oder zweimal Spaß, den Helden beim Erkunden eines Dungeons über die Schultern zu schauen, während das Geschehen wie in einem Anstoss-Fussballmanager-Match per Lauftext vorgetragen wird. Auch freut man sich über Updates im Dorf, oder das Entdecken weiterer Dinge auf der Karte. Aber durch das komplette Fehlen einer Story, oder auch nur eines ansatzweise roten Fadens, und des doch ständigen Wiederholens der gleichen Tasks und Abläufe frage ich mich oft: Warum? Worauf arbeite ich hinaus, was genau ist mein Langzeitziel und wie komme ich ihm näher? Das Spiel beantwortet all diese Fragen leider kaum.
Und so negativ das nun klingen mag: Gold Gold Adventure Gold hat mir für ein paar Abende sehr viel Spaß gemacht und ich bin sicher, dass es nur noch besser werden kann. Die Grundidee zieht, der “nur noch ein paar Minuten”-Faktor ist definitiv vorhanden. Und in seinen besten Momenten, so klein und unscheinbar sie auch sein mögen, ist Gold Gold Adventure Gold fast besser als die großen Klassiker des Genres.
Wenn ein Held, den ich von Anfang an beobachtet habe, erfolgreich aus einem Dungeon zurückkehrt, oder ein Angriff fieser Zombies gerade noch zurückgeworfen werden kann, bevor sie ein essentielles Gebäude zerstören. Oder wenn plötzlich eine zweite Gruppe Gegner auftaucht und randalieren will, während meine ganze Bürgerschaft und ihre Heroen noch am anderen Ende der Karte schwer beschäftigt ist, und ich sie vor dem Monitor anfeuere, sich gefälligst zu beeilen. Der einfache Trick, dass man eben keinen direkten Einfluss auf seine zahlreichen, bunten und wunderhübsch designten Charaktere, Dorfbewohner, Helden und Monster hat, macht einen immens großen Reiz aus, bei dem das Zuschauen und Mitfiebern fast so involviert ist wie das eigentliche Spielen – und das besteht hauptsächlich aktuell eh nur daraus, neue Gebäude zu setzen, Questziele auszurufen und bestehende Architektur aufzustufen, um für selbige neue Fähigkeiten freizuschalten.

Darum weiß ich nicht, ob ich Gold Gold Adventure Gold wirklich jedem empfehlen kann. Für reine Strategical-Fans gibt’s doch zu viel hektische Action. Für Actionfans gibt’s zu viel Downtime, in der man sich einfach zurücklehnen und beobachten kann.
Das eigens gesteuerte Monster hat zwar Einfluss, aber auch nicht so viel, dass es spielentscheidend wäre, und manchmal wird ein liebgewonnener Held einfach durch dumme Umstände aus dem Leben geholt.
Wirklich handfestes Gameplay gibt es wenig, und man klickt sich so durch die Levelbäume der Gebäude und ruft verschiedenste Quests aus.
Für Kartenspielfans sind die gezogenen Karten (noch) zu irrelevant, was die Reihenfolge angeht, für Echtzeitstrategie-Spieler gibt’s einfach zu wenig direkten Einfluss im Game.
Trotzdem: Das Spiel kann fesseln, wenn man genau die Art Spieler ist, die genau diese Art Spiel zu schätzen weiß.
Was Gold Gold Adventure Gold aber auf jeden Fall mitbringt, ist quasi unendliches Potential.
Sollte es die Early Access Phase gut überstehen, und entsprechend mit neuen und unerwarteten Features eingedeckt werden, wird es auf jeden Fall seine Fans finden – und für diese Fans hat es die Chance, ein Dauerbrenner zu werden.
Spaß macht es definitiv schon jetzt, nur halten sich Abwechslung und Motivation noch in engen Grenzen. An Grafik oder Musik jedenfalls wird es mit Sicherheit nicht scheitern, allein das Hauptthema pfeife ich schon jetzt immer mal zwischendurch vor mich hin.
Auf eine Ampel verzichte ich – dank Early Access – aber mir persönlich hat Gold Gold Adventure Gold wirklich gut gefallen und ich bin sehr gespannt, wie es in einem Vierteljahr aussieht.
Goldigen Dank an Can Can Can a Man für die Bereitstellung des Testmusters! Getestet auf Windows PC.