
Wie geht man den Nachfolger eines legendären Spiels an? Das kleine Team Cherry stellt sich diese Frage seit vielen Jahren und versuchte dem unerträglichen Druck damit etwas zu lösen, dass der Nachfolger ja gar nicht Hollow Knight heißt – erfolglos. Nintendo selbst stand auch schon vor dieser Herausforderung und hat sie nach Mario Galaxy so pragmatisch gelöst, dass einige Banausen von einem „Levelpack“ reden, wenn sie von dem vielleicht besten Videospiel der Geschichte sprechen. Nachdem sie die Welt mit der unter Fans nicht unumstrittenen Neuausrichtung der Reihe verzaubert haben wie seit Jahren oder vielleicht Jahrzehnten nicht mehr, stand Nintendo vor einigen Jahren erneut vor der schwierigen Entscheidung, wie man grenzenlosen Erwartungen gerecht werden soll.
Die Spielwelt
Pragmatismus hat sich schon einmal bewährt, also warum nicht den heimlichen Star des Vorgängers, den die Fans so lieben beibehalten? So oder so ähnlich muss es abgelaufen sein, als das erste Mal jemand in einem Meeting bei Nintendo vorgeschlagen hat, die komplette Oberwelt des Vorgängers einfach beizubehalten. Ein mutiger Schritt, bei dem Nintendo klar gewesen sein muss, dass er nicht überall gut ankommt. Immerhin verbringt man sehr viel Zeit damit, durch die Welt zu laufen und sie zu erkunden und jetzt soll es einfach die Welt sein, die wir schon kennen? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Nintendo hat sich nicht nur Mühe dabei gegeben jede Menge neue Inhalte in die bekannte Welt einzufügen, sondern sie haben sie auch noch erweitert. Größtenteils dadurch, dass es jetzt ein unterirdisches Höhlensystem gibt und eine große Menge schwebender Inseln, durch die man den Himmel erkunden kann.

Neue Schreine – jetzt mit Klemmbausteinen
Natürlich wurden auch die Schreine auf der Oberwelt nicht einfach übernommen. Sie sind komplett neu und basieren jetzt weniger auf klassischen Rätseln, sondern auf dem großen neuen Konzept des Spiels – dem zusammensetzen von Klemmbausteinen. Das Konzept, sich aus diversen Einzelteilen jederzeit ein Fahr- oder Flugzeug zusammensetzen zu können ist etwas, das ich als alter Nintendo Fan in äußerst kritischer Erinnerung habe, denn den Bären wollte man mir schon 2008 aufbinden. Vom dann nicht mehr Nintendo gehörenden Rare wurde das Problem zwar interessant gelöst, war aber extrem weit weg davon das zu sein, was ich mir als Banjo Fan gewünscht hatte.
Mit diesen Fahrzeugen eine offene Welt zu erkunden klingt aber doch erstmal nach einer besseren Idee. Das Problem bei der Sache: der Komplexitätsgrad des Bastelns geht in der Regel nicht darüber hinaus, die neben dem Hindernis auf einem. Haufen liegenden Bauteile zusammenzustecken. Dies macht ein paar Mal Spaß, wird dann aber schnell zur Last, da es einfach nur ein stumpfes abarbeiten ist und weniger ein interessantes Rätsel. Wirklich herausfordernd waren die Schreine zwar auch in BotW nicht, sie hatten aber einen besseren „flow“ und ich habe mich jedes Mal darauf gefreut, einen zu entdecken. Lästig waren hier höchstens die sich immer wiederholenden Kampfschreine. Es ist enorm wichtig, dass man sich auf die Schreine freut, da sie zu entdecken ein Hauptteil des Erkundungsreizes ausmachen. Dieser ging für mich persönlich leider ein wenig verloren.

Neue Gebiete in der Luft und unter Tage. Endlich wieder Dungeons?
Ich erinnere mich sehr gut, als ich das erste Mal einen Hinweis auf das große Höhlensystem in dem Spiel gefunden habe und es hieß, dass dort irgendwo ein besonderer Schatz auf mich wartet. Es fühlte sich an wie eine gefährliche, optionale Ebene, in der große Belohnungen auf mich warten und mein Entdeckergeist war wieder geweckt. Als ich dann eine Weile in den Höhlen war hatte sich dies aber leider wieder erledigt. Zu monoton, zu wenig zu entdecken und vor allem spielerisch zu uninteressant war es dort leider. Deutlich mehr Spaß gemacht hat sich das Erkunden der Inseln in der Luft, da man hier häufig genau überlegen und erkunden muss, um herauszufinden, wie man zur nächsten Insel kommen kann.
Vielen Fans der klassischen Zelda Spiele haben im Vorgänger die Dungeons gefehlt, die diese Reihe so legendär gemacht haben. Es gab zwar fünf Dungeons, allerdings waren diese eher klein und weniger komplex als in den Vorgängern. In Totk gibt es vier und diese sind irgendwo in der Mitte zwischen dem, was die Fans wollten und dem, was BotW bot. Sie sind definitiv ein Schritt nach vorne und wieder näher an den klassischen Dungeons, dir Hauptfokus des Spiels liegt aber auch diesmal wieder auf der Erkundung der Oberwelt.

Neue Fähigkeiten
Heimlicher Star des Spiels ist für mich die Fähigkeit sich durch die Decke nach oben zu katapultieren. Klingt erstmal wenig beeindruckend, aber wenn man sich mal überlegt, wie viel Arbeit im gesamten Spiel stecken muss, damit diese Funktion nicht alles kaputtmacht, dann ist das schon sehr beeindruckend. Auch das zurückdrehen der Zeit ist eine Fähigkeit, die mir viel mehr Spaß bereitet hat als die eigentliche Hauptfähigkeit, Sachen zusammenbauen.
Die Switch 2 Version – den Aufpreis wert?
Die Switch 2 Version ist nicht nur schärfer, sie läuft anders als die Switch Version auch in 60 Bildern pro Sekunde und das merkt man sofort. So geschmeidig hätte ich mir Links Abenteuer schon auf der Vorgängerkonsole gewünscht. Allein hierfür sind die zehn Euro, die das Upgrade der Versionen kostet definitiv wert. Außerdem sind die Ladezeiten deutlich kürzer als auf der Vorgängerkonsole. Weniger gelungen ist das HDR, dies scheint aber ein generelles Problem der Konsole zu sein – und das unabhängig davon, ob man auf dem Display (das ohnehin nur gerade so für HDR geeignet ist) oder einem hochwertigen OLED TV spielt. Die Schwarzwerte scheinen einfach nicht zu passen, wodurch alles etwas verwaschen aussieht. Diesen Eindruck bestätigen auch immer mehr andere Magazine und YouTube Kanäle, die sich speziell mit dieser Technologie auseinandersetzen. Im Zweifel kann man das HDR aber auch einfach ausschalten und das Spiel so genießen wie gewohnt, nur eben schärfer und flüssiger. Klare Upgradeempfehlung!

Fazit
Insgesamt kann man, trotz all meiner Kritik, sagen, dass der Nachfolger der Legende gelungen ist. Einerseits, weil auch ich viel Spaß damit hatte, nur einfach nicht so viel, wie ich erhofft habe. Und andererseits, weil ich auch einfach eine Minderheit bin. Die meisten Menschen im Internet lieben dieses Spiel und viele Nintendo Fans listen es als eines ihrer Lieblingsspiele oder sogar das beste Spiel aller Zeiten. Vielleicht liege ich ja auch falsch, wenn ich es „nur“ gut finde. Ich persönlich möchte dennoch daran appellieren, dass Nintendo sich wieder darauf besinnt, dass weniger mehr sein kann. Der Trend zu immer größer werdenden Spielwelten hat meiner Meinung nach noch keinem Spiel gutgetan, denn kleinere, mit Liebe zum Detail erstelle Areale, die voller Leben und vor allem Inhalt sind, halte ich für spielerisch weit überlegen. Auch das Recyceln von Inhalten muss nicht dermaßen offensichtlich passieren. Das grandiose Majoras Mask hat gezeigt, dass verhältnismäßig aufwandslose Spiele dennoch einen extrem eigenen Charakter haben können und sich völlig anders spielen als der Vorgänger, statt einfach nur ein noch größeres, teilweise noch leereres BotW mit Klemmbausteinen zu sein.

Getestet auf Switch 2. Vielen Dank an Nintendo für die Bereitstellung des Testmusters.