Metro Awakening (Review)

Bereits im Jahr 2010 ging es das erste Mal in den Moskauer Untergrund. Damals setzte das ukrainische Entwicklerstudio 4A Games mit ihrem Debutspiel Metro 2033 den gleichnamigen Roman des russischen Autoren Dmitri Gluchowsk spielerisch um. In dieser Dystopie ist die Oberfläche durch einen Atomkrieg unbewohnbar geworden, sodass die Menschen gezwungen sind, sich in den U-Bahn Schächten der Stadt niederzulassen. In diesem sind die Mutanten, die durch die Strahlung entstanden sind nicht die einzige Gefahr, denn die Menschen machen das, was sie am besten können, wenn Ressourcen knapp und das überleben mühsamer wird: sie kämpfen, stehlen und morden.

Spielerisch hat die Reihe mich persönlich nie ganz abholen können, durch die dichte Atmosphäre und das ungewöhnliche Setting habe ich aber dennoch jeden Teil gerne (an)gespielt. Stärken, die in VR noch um ein vielfaches besser zur Geltung kommen können. Ein guter Grund, auch Metro Awakening eine Chance zu geben. Dieses wird nicht wie üblich von 4A Games entwickelt, sondern durch das niederländische Studio Vertigo Games, das durch den frühen VR Hit Arizona Sunshine bekannt wurde. Das Spiel erscheint für alle gängigen VR Plattformen.

Worum geht es?

Metro Awakening spielt im Jahr 2028, also fünf Jahr vor den bisherigen Teilen. In der ebenfalls von Dmitry Glukhovsky erschaffenen Vorgeschichte schlüpfen wir in die Rolle des Arztes Serda, der gemeinsam mit seiner Frau in einer der zahlreichen unterirdischen Kolonien lebt und dort auch praktiziert. Trotz seiner Ausbildung gibt es jedoch eine Person, die Serda bisher nicht helfen konnte: ausgerechnet seiner Frau, die nach einem schweren Verlust Dinge sieht, die nicht zu existieren scheinen. Um ihr zu helfen wagt sich der Protagonist in den gefährlichen Untergrund, um knappe Medizin zu besorgen.

Seine Frau ist von der Idee wenig begeistert und beschließt in ihrem Wahn ebenfalls die Kolonie zu verlassen. Es folgt eine lebensgefährliche Suche nach der Medizin, der Ehefrau und der Antwort auf die Frage, ob diese wirklich verrückt geworden ist. Die Geschichte ist unterhaltsam und erfüllt ihren Zweck, einen bei der Stange zu halten. Überzeugen kann sie vor allem durch ihre Charaktere und die Dialoge, die alle super in die schwierige Spielwelt passen. Auch die okkulten Elemente, die im späteren Storyverlauf eingeführt werden fügen sich hier nahtlos ein.

Solide Schleichmechaniken mit kleinen Macken

Rein spielmechanisch ist das Spiel ebenfalls unterhaltsam, kann aber – für mich serientypisch – nicht immer voll überzeugen. Aber der Reihe nach. Spielerisch besteht das Spiel im Grunde aus vier Phasen. Storyabschnitte, in der die oben schon gelobten Dialoge im Vordergrund stehen. Erkundungsphasen, in der man versucht die stets knappe Munition und Medizinflaschen zur Heilung zu finden, versteckte Postkarten zu sammeln oder gelegentlich einfache Rätsel zu lösen. Diese Phasen leben besonders von der Atmosphäre und dem Setting und sind gut gelungen. Sie machen zeitlich den größten Teil des Spiels aus. Es kommt jedoch auch regelmäßig vor, dass man auf Mutanten oder andere Menschen trifft und hier kann es dann schon manchmal zu unerwünschten Situationen kommen.

Die menschlichen Gegner sind in der Regel in einer klaren Überzahl, sodass es sich anbietet sich ihnen nur schleichend zu nähern. Ich bin normalerweise kein großer Fan von Schleichmechaniken, muss aber sagen, dass diese mir in VR deutlich mehr Spaß machen. Hierbei hilft die Immersion, dass man quasi selbst in der Situation ist und den Gegner selbst patrouillieren sieht. Dies beseitigt mein häufigstes Problem in Schleichpassagen, nämlich meine Ungeduld.

Was allerdings sehr schlecht funktioniert hat ist die Möglichkeit, sich an Gegner anzuschleichen und diese mit einem gezielten Schlag an den Kopf lautlos auszuschalten. Möglicherweise habe ich mich nur dumm angestellt, möglicherweise lag es daran, dass ich die Teleportsteuerung verwendet habe und mich daher nicht präzise genug positionieren konnte, um den Gegner gezielt zu treffen. Fest steht aber: es war jedes Mal ein großer Nervenkitzel, aber nicht in der gewünschten Form, sondern weil es sehr regelmäßig nicht funktioniert hat. In Kombination mit den recht seltenen Rücksetzpunkten kann dies dann schon einmal zu Frust führen.

Panik im Gefecht!

Wenn es dann doch einmal zu einem Feuergefecht kommt passiert dies in der Regel entweder weil ein Schleichvorgang gescheitert ist, oder weil man gegen Monster kämpft. Hier setzt das Spiel auf ein recht realistisches Waffenverhalten (zumindest denke ich das, ich hatte noch nie eine Waffe in der Hand) und man muss sehr vorsichtig sein, damit die Waffe nicht zu sehr verzieht. Dies kann man etwas minimieren, wenn man die Waffe mit beiden Händen hält. Außerdem dauert es recht lang, bis das Magazin nachgeladen ist und man verliert hierbei die noch verbleibenden Kugeln, wodurch man auch nicht auf Vorrat nachladen kann. All dies zusammen führt dazu, dass das Gunplay relativ träge und schwerfällig ist.

Dies ist an und für sich kein Problem, allerdings sind gleichzeitig einige der Monster, die unerwartet aus diversen Tunneln auf einen zuschießen, außergewöhnlich schnell. Eine gewisse Hektik ist hier sicherlich erwünscht, manchmal war ich aber wirklich sehr orientierungslos und habe nur deshalb überlebt, weil man erstaunlich viele Monsterangriffe aushält. Letzteres ist sicherlich eine Folge dessen, dass den Entwicklern dieses Problem auch schon selbst aufgefallen ist. Das klingt jetzt alles sehr negativ, ist in beiden Fällen aber nur der worst case. Der Großteil der Kämpfe macht durchaus Spaß, allerdings sind diese auch im besten Fall nicht die große Stärke des Spiels.

Die beklemmende und düstere Atmosphäre ist das Highlight

Diese liegt ganz eindeutig in der Atmosphäre und der VR Umsetzung, die diesen in der Reihe traditionell starken Aspekt noch einmal deutlich hervorhebt. Dies fängt in den Kolonien an, die über verschiedene Locations und Charakteren bestehen, die miteinander und mit dem Spieler interagieren und ihren traurigen Alltag bewältigen. Die Hoffnungslosigkeit und Armut der Menschen wird dabei sehr deutlich und die Welt wirkt dadurch lebendig.

Auch außerhalb der Kolonien herrscht eine düstere Atmosphäre, die mit zerstückelten Leichen, bedrohlichen Geräuschen und sogar regelmäßigen Jump Scares regelmäßig Ausflüge ins Horror Genre unternimmt. (TW: Arachnophobie) Für einige sicherlich besonders gruselig: an einigen Stellen krabbeln einem unerwartet Spinnen direkt über das Gesicht und kleben am eigenen Arm fest, sodass man sie abschütteln muss. Wer hiermit große Probleme hat sollte es sich genau überlegen, ob das Spiel das richtige ist. Hiervor warnt das Spiel auch beim Start, allerdings hat man es dann ja schon gekauft. Daher hier der Hinweis.

Vertigos VR Erfahrung zahlt sich aus

Die VR Umsetzung ist hervorragend gelungen. Das Spiel kann sowohl im sitzen, als auch im stehen gespielt werden bietet diverse bekannte Komforteinstellungen, wie Teleportation und verschiedene Möglichkeiten sich zu drehen. Doch auch bei den Mechaniken im Spiel wurden sich viele Gedanken gemacht. Um die Waffe nachzuladen muss man zum Beispiel das Magazin aus der Waffe ziehen, (so kann man auch überprüfen wie viele Kugeln sich noch darin befinden) es wegwerfen, ein neues Magazin vom Brustgurt nehmen, es in die Waffe stecken und zuletzt den Schlitten betätigen. Dies kann in einer Kampfsequenz zu sehr großem Stress führen, was definitiv zur Bedrohlichkeit der Situation beiträgt und die Immersion vergrößert.

Gleiches gilt für die Taschenlampe. Diese muss regelmäßig aufgezogen werden. Hierfür zieht man sich den Rucksack vom Rücken, nimmt sich Gerät heraus und betätigt eine Kurbel. Dies kann manchmal ein bisschen nerven, sorgt aber dafür, dass man, sobald man ein Geräusch hört, hektisch nach dem Rucksack greift um in einem evtl. anstehenden Kampf nicht auf einmal ohne Licht dazustehen. Dies trägt definitiv dazu bei, dass man sich in der Metro nie sicher fühlt und immer eine positive Anspannung verspürt. Das Gerät wird zudem verwendet, um regelmäßige andere Geräte aufzuladen. Hierfür wird es per Kabel damit verbunden und erneut kräftig gekurbelt. Eine Zeit lang passiert das ein wenig sehr oft, aber es wird später besser.

Im Rucksack befinden sich auch neue Filter für die Gasmaske, die man in radioaktiv verseuchten Gebieten aufsetzen muss. Dies sorgt für zusätzlichen Stress, da jeder Filter nur drei Minuten hält und man diese nicht im Überfluss findet. Ein Timer an der eigenen Armbanduhr gibt Auskunft darüber, wie lang der derzeitige Filter noch hält. Verpasst man den Moment des Austausches hat man nur noch wenige Sekunden, bevor die Strahlung einen erwischt. Eine Mechanik, die sicher nicht allen gefällt, aber durchaus Abwechslung in das Spielgeschehen bringt.

Fazit

Trotz einiger kleiner mechanischer Probleme, die ich mit dem Spiel hatte, habe ich meine Zeit in der Metro sehr genossen. Wie schon in der Einleitung erwähnt, lebt die Reihe meiner Meinung nach besonders von der dichten Atmosphäre. Vertigo Games gelingt es, diese auch perfekt in die virtuelle Realität zu übertragen, sodass ein ständiges Gefühl der Anspannung und Gefahr herrscht. Auch gelingt es auch den Niederländern , den besonderen, osteuropäischen Charme der Reihe aufrecht zu erhalten und bei aller Hoffnungslosigkeit kommt der Humor in den mit russischem Akzent eingesprochenen Dialogen nicht zu kurz. Die VR Welt kann sich über einen weiteren großen Titel freuen, bei dem sich nicht nur der Name nach großem Budget anhört, sondern das Spiel auch danach aussieht. Wenn ihr mit den Horroraspekten klar kommt und eine hervorragende Atmosphäre euch über einige kleine spielerische Schwächen hinwegtrösten kann ist das Spiel auf jeden Fall einen Kauf wert.

Vielen Dank an PLAION für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet wurde die Meta Quest 3 Version.