Batman: Arkham Shadow (Review)

Der VR Markt ist ein merkwürdiger. Immer wieder als die Zukunft verkauft, die neue Art zu spielen, um die sich schon bald alles drehen wird, schaffte es noch keine der Brillen so richtig im Mainstream anzukommen, wodurch teure Softwareprojekte von großen Studios meist nur einmal realisiert werden und selbst Sony, die schon zum zweiten Mal ein Headset veröffentlicht haben, versuchen dies so schnell wie möglich wieder zu vergessen. Die große Ausnahme ist hier Meta und die dazugehörigen Oculus Studios. Seit Jahren versucht der Mega-Konzern alles, um VR mit Gewalt durchzusetzen. Koste es, was es wolle. Auch Milliardenverluste und Flops wie das Metaverse haben sie nicht davon abgehalten, weiter richtig Kohle in die Hand zu nehmen und VR regelmäßig auf die nächste Stufe zu bringen. Sei es durch für den Preis enorm leistungsfähige Budgetbrillen wie die Quest 3S oder durch jährliche Prestigetitel wie Asgards Wrath 2 oder eben in diesem Jahr Batman: Arkham Shadow.

Das Spiel braucht nicht lang, um in Fahrt zu kommen. Schon in der ersten Szene steht Gotham Kopf und die Nachrichtensender überschlagen sich, da der dunkle Ritter, der sonst für Gerechtigkeit sorgt, abtrünnig geworden sein soll. Man muss als Spieler sogar selbst ein Batsymbol mit einem Molotowcocktail zerstören. Was ist da nur passiert? Es folgt ein Rückblick und wir übernehmen endlich Batman, der schnell auf bekannte Gesichter wie Jim Gordon oder Harvey Dent trifft. Der Widersacher des neuen Abenteuers: der Rattenfänger und sein Kult. Die Ratten, die er mit populistischen Propaganda aufhetzt, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Im Verlauf des Abenteuers wird die Geschichte einige Wendungen bereithalten, die ich hier natürlich nicht verraten möchte. Man trifft auch auf weitere bekannte Gesichter, sowohl Freunde als auch Superschurken. Die Geschichte hat mich stets gut unterhalten und bietet eine Menge Abwechslung. Auch spielerisch wird es durch die Wechsel der Locations und sogar der Perspektive nie langweilig.

Das Gameplay ist im Grunde jedem bekannt, der eines der älteren Arkham Spiele gespielt hat. Auch hier gibt es wieder die legendären Wasserspeier, die zufällig in jeder geräumigeren Kampfarena in großer Zahl vorhanden sind, damit Batman sich mit Hilfe seines Greifhakens ohne von den Feinden entdeckt zu werden durch die Luft anschleichen kann. Anschließend versucht er, die bewaffneten Feinde möglichst unauffällig auszuschalten. Hierfür steht ihm wie gewohnt ein großes Repertoire an Tricks und Gadgets zur Verfügung. So kann man Gegner kopfüber an die Wasserspeier hängen, mit dem Cape durch die Luft fliegen und sie so mit einem schwungvollen Tritt ausschalten, Rauchbomben werfen um sie zu verwirren, den Baterang werfen um sie abzulenken und und und.

All diese Gadgets sind hervorragend in die VR Steuerung umgesetzt worden. Man hat alles immer griffbereit an seinem Anzug, muss nur an die richtigen Stellen greifen. Dies kann am Anfang etwas viel sein, doch schon schnell weiß man zielsicher, wo sich alles befindet und kann sich ganz auf die Feinde konzentrieren. Auch der Umhang, mit dem größere Abhänge überwunden oder Feinde betäubt werden, wird nicht etwas per Knopfdruck ausgelöst, man greift einfach nach hinten und zieht den Umhang selbst nach oben. Das ist nicht nur immersiv, es fühlt sich auch extrem cool an. Abhängig davon, wie geschickt man sich im Kampf angestellt hat, wie viele Gadgets man benutzt und wie selten man getroffen wurde, gibt es im Anschluss Erfahrungspunkte. Diese können nach einem Levelaufstieg dafür verwendet werden, dass Batman noch unaufhaltsamer wird, in dem man etwa seine Rüstung verbessert oder neue Varianten der Ausrüstung freischaltet.

Sollte es trotz aller Hilfen doch einmal zu einer offenen Konfrontation kommen, kommt das ebenfalls hervorragende Nahkampfsystem zum Einsatz. Dieses bietet eine Vielzahl an Variationen den Ratten das Gesetz näher zu bringen. Für den Angriff der Gegner reicht es zunächst, die Faust in ihre Richtung zu schwingen. Ist man allerdings erstmal im Kampf, werden einem verschiedene Kombinationen abverlangt, die teilweise aus einfachen Faustschlägen, teilweise aus Haken, die eine bestimmte Richtung vorschreiben bestehen. Liegt ein Gegner auf dem Boden kann man sich auf ihn stürzen und ihn bewusstlos schlagen. Natürlich sind seine Kumpanen damit aber nicht einverstanden, sodass man permanent alle Gegner im Blick behalten und ihre Schläge durch abblocken mit dem eigenen Arm kontern muss. Wenn man einmal außerhalb der Kamera angegriffen wird spürt Batman dies und man bekommt ein entsprechendes Symbol angezeigt, in welche Richtung man blind schlagen kann. Dies ist am Anfang alles noch ein wenig hektisch, doch man hat es schnell raus und fühlt sich beim Kampf dann nicht nur extrem cool, sondern auch wirklich ein wenig wie Batman. Dies wurde den alten Arkham Spielen schon nachgesagt, durch die hervorragende VR Umsetzung wird dies allerdings auf eine neue Stufe gehoben.

Doch natürlich besteht Batmans Leben nicht ausschließlich aus Kämpfen. In den ruhigeren Momenten erkundet man die recht linearen Gebiete, die allerdings immer mal wieder Abzweigungen und Geheimräume bieten, in denen man eins der beiden Collectibles des Spiels finden kann. Hierfür müssen auch kleinere Rätsel gelöst werden, in dem z.B. ein Schalter für einen Aufzug mit dem Baterang ausgelöst wird oder man ein paar Ventile drehen muss, damit kein Dampf mehr austritt und für Verbrennungen sorgt. Dies ist selten anspruchsvoll, sorgt jedoch für regelmäßige Auflockerung. Ebenfalls nicht fehlen darf der berüchtigte Detective Mode. In den alten Arkham Spielen noch als willkommene Innovation gesehen, wurde er für Jahre zu einer Krankheit der Videospielbranche, da man in jedem zweiten Spiel ständig in einer farblosen Sicht in Zeitlupe durch die Gegend lief und Hinweise suchte. Wie sich herausstellt ist dieser Modus aber extrem gut für die virtuelle Realität geeignet und es macht das erste Mal seit Jahren wieder Spaß, Hinweise in dieser Sicht zu verfolgen oder Feinde aufzuspüren.

Optisch ist das Spiel eine Wucht. Was hier aus der Mobile-Hadware rausgeholt wurde ist wirklich beeindruckend. Die actiongeladenen Kämpfe und fulminanten Schauplätze schaffen es leider gelegentlich, selbst das modernste Headset ins stottern zu bringen. Da wundert es nicht, dass es exklusiv für die Quest 3 erscheint und die Besitzer der Vorgänger leer ausgehen, auch wenn deren Frust natürlich nachvollziehbar ist. Eine Kompromisslösung wäre es, wenn das Spiel parallel dazu noch im Oculus Store für den PC angeboten werden würde. So könnten die Besitzer aller Headsets in den Genuss kommen, dieses Spiel zu genießen und das in einer deutlich höheren Bildqualität – denn so beeindruckend das Spiel für die limitierte Quest Hardware aussieht, als Oculus Rift Spieler erster Stunde bin ich es schon seit vielen Jahren gewohnt schärfere VR Spiele zu spielen. Da stößt die Mobile-Hardware einfach an seine Grenzen, das kann man den Entwicklern nicht vorwerfen. Der Kompromiss ist aber offensichtlich nicht gewollt, was aus marketingtechnischer Sicht verständlich ist – man möchte ja möglichst viele Quest 3 Brillen verkaufen.

Auch wenn ich wie schon erwähnt seit vielen Jahren VR Nutzer bin gibt es eine Sache, an die ich mich bisher nie herangetraut habe: die freie Bewegung mit dem Stick. Dies gilt für Menschen, die für Motion-Sickness anfällig sind seit jeher als Endgegner und wird in den meisten Spielen durch eine (meist) optionale Möglichkeit zu teleportieren gelöst. Hier wird die Bewegung durch einen kleinen Sprung zur ausgewählten Stelle umgangen, bei dem das Bild einen Moment dunkel wird. Dies ist natürlich ein großer Verlust der Immersion und senkt in der Regel auch den Schwierigkeitsgrad der Spiele, da man so extrem leicht ausweichen kann. Es ermöglicht aber auch anfälligen Menschen wie mir solche Spiele zu genießen.

Eine solche Option bietet Batman nicht. Es hätte durchaus sein können, dass der Test mit dieser Erkenntnis endet und wir hätten dem Publisher schreiben müssen, dass der Tester das Muster leider nicht weiterspielen kann, da er über der Toilette hängt. Das Team von Camouflaj hat sich allerdings einiges einfallen lassen, um dies zu verhindern. Das Spiel fragt einen direkt zu Beginn, ob man Anfänger, regelmäßiger VR Nutzer oder gar Profi ist. Entsprechend der Antwort wird ein Preset auf das wohl umfangreichste Accessibility-Menü gelegt, das ich in einem VR Spiel je gesehen habe. Art der Drehung, wackeln des Bildschirms, Balance zwischen stabiler Framerate und Auflösung und vieles mehr kann hier eingestellt werden. Das Wichtigste: ein Vignette Effekt, der immer dann die Ränder des Bildschirms unscharf werden lässt, wenn man läuft. Diesen kann man unterschiedlich stark einstellen und in der stärksten Einstellung ermöglicht er es mir, mich endlich frei durch virtuelle Räume zu bewegen. Zwar noch nicht Stunden am Stück, aber es ist überhaupt möglich, wofür ich sehr dankbar bin. Nach etwas Training kann ich den Effekt vielleicht sogar reduzieren.

Trotz dieser Bemühungen finde ich es dennoch mutig, dass Meta das Spiel derzeit mit der Quest 3/3S im Bundle verkauft. Ein neuer Spieler, der sehr anfällig ist und dieses Spiel als seine erste VR Erfahrung probiert, schickt die Brille vielleicht schneller zurück als er zur Toilette rennen kann. Daher ein Tipp für alle, die neu in der virtuellen Realität sind: Erzwingt es nicht! Sobald ihr merkt, dass es euch irgendwie schlecht geht, hört sofort auf. Wenn ihr es nicht macht, habt ihr den ganzen Tag was davon. Ich weiß, dass ihr gerade erst angefangen habt. Die nächste Runde wird schon etwas länger gehen. Und die übernächste noch länger. Versprochen.

Abschließend kann man sagen, dass sich die Oculus Studios – diesmal in Form des durch Iron Man VR bekannten Studios Camouflaj – treu bleiben und einen weiteren Knaller für die oft so stiefmütterlich behandelte Technik bringt. Wenige Spiele haben es bisher geschafft, ein bekanntes Spielprinzip so überzeugend in die virtuelle Welt umzusetzen. Egal ob man ermittelt, schleicht oder kämpft, es fühlt sich einfach alles so gut an, dass man sich, auch wenn es abgedroschen klingt, einfach wie Batman fühlt. In den gut 10 Stunden, die die Geschichte einen beschäftigt, zeigt der Entwickler, warum an der Quest 3 für VR Fans kein Weg vorbei führt.

Vielen Dank an die Oculus Studios für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet wurde auf der Meta Quest 3.