
Ich weiß was du letzten Sommer getan hast… So ähnlich wirkt Until Dawn. Nach einer Tragödie, bei der beide Schwestern von Josh spurlos verschwunden sind, finden sich die Freunde ein Jahr später wieder am gleichen Ort ein, um alles zu verarbeiten. Die Hütte am Berg könnte glatt aus einem Teenieslasher aus den 90ern stammen und ist prädestiniert für schöne Meuchelmorde. Nach einer Vorstellung aller Charaktere fiel es mir schon schwer meine Gamer-Ehre zu verteidigen, denn eigentlich gebietet es sich, alle durch die Nacht bringen, wären bloß die meisten nicht so furchtbar unsympathisch. Natürlich kommt es wie erwartet und nach dem ersten Mord verstreuen sich die Teenager und es ist an uns, sie entweder einen von vielen fürchterlichen Toden sterben zu lassen oder doch einzugreifen und ihnen eine weitere Chance zu gewähren.

Seit Sony mittlerweile viele Spiele auf den PC portiert bekommen wir Konsolenspieler als Nebenprodukt auch aufgemöbelte Versionen. So geschehen auch mit Until Dawn, das Original ist neun Jahre alt und auf der PS4 erschienen und auch auf der PS5 spielbar. Leider gibt es für Käufer keine Möglichkeit des kostengünstigen Upgrades wie bei vielen anderen Spielen, so wird also annähernd der Vollpreis fällig. In die Bewertung fließt dieser Aspekt nicht mit ein, ich bewerte nur das reine Spiel ohne die Umstände des Kaufs, ob es einem das wert ist muss jeder für sich persönlich entscheiden.

Die Grafik wurde ordentlich aufgehübscht und bietet entweder einen Performance- oder Grafikmodus, wie immer habe ich mich für den Performancemodus entschieden, der schön flüssig ist und trotzdem sehr gut aussieht. Leider wirken die Charaktere wie auch im Original teilweise leblos und bewegen ihr Gesicht nicht so, wie es echte Menschen tun würden, das kann die Immersion stören. Die Umgebung und die Beleuchtung hingegen ist wunderbar umgesetzt und hat mir ein Gefühl des positiven Unwohlseins gegeben. Die Synchronisation ist auch sehr gut, die Schauspieler haben sich Mühe gegeben um den Charakteren Leben einzuhauchen, leider hat es mit der Lippensynchronität nicht so gut funktioniert, hier gibt es heutzutage eigentlich viele Möglichkeiten, es besser zu machen.

Spielerisch wird, wie bei diesem Genre üblich, nicht viel von uns abverlangt. Es ist eine Mischung aus Walking Simulator und Quick Time Events. Die QTE lassen sich in den Optionen auch abmildern, mir fiel es insbesondere schwer, den Controller mehrere Sekunden stillzuhalten, das würde sich zum Beispiel auch komplett abschalten lassen. Mit den Optionen lässt sich somit auch der Schwierigkeitsgrad beeinflussen, wenn man nur die Story erleben möchte kann man das im Endeffekt auch so einstellen, dass man praktisch nicht scheitern kann. Zwischendurch hat man die Wahl bei Entscheidungen, nicht immer ist die offensichtlich logischste Lösung auch die Beste. Durch den Schmetterlingseffekt kann jede noch so banale Entscheidung Folgen in der Zukunft haben, so gibt es auch die Motivation für mehrere Durchläufe mit verschiedenen Enden. Am Ende ist bei mir nur ein Charakter gestorben, es war aber öfter mal knapp. Mein erster Durchlauf hat circa sieben Stunden gedauert, was für dieses Genre schon sehr viel ist. Wenn man sich auf die Thematik und das wenig vorhandene Gameplay einlässt kann man sehr viel Spaß mit Until Dawn haben. Auch wenn ich es schon vor neun Jahren gespielt habe und somit die Twists kannte war ich doch durchweg ge- und auch angespannt, weil ich alle Charaktere lebend durch die Nacht bringen wollte.

Bis auf die visuelle Komponente und vermutlich andere Kameraperspektiven sind mir ansonsten keine wirklichen Unterschiede zum Original aufgefallen, hier kann mir mein Gedächtnis natürlich auch einen Streich spielen. Was mich am meisten gestört hat war die langsame Laufgeschwindigkeit der Charaktere, gerne hätte ich Ihnen in den Hintern getreten dass sie sich doch etwas schneller bewegen mögen, diese Option gibt es aber leider nicht.
Für Fans von Spielen wie Detroit oder Heavy Rain UND denjenigen, die das Original nicht gespielt haben, wird hier eine Menge geboten. Die Motivation für mindestens zwei Durchläufe ist durchaus gegeben, denn einerseits will man alle Charaktere lebend wiedersehen, andererseits auch die verschiedenen Tode sehen. Der Preis ist natürlich ein großer Haken, 70 Euro sind nur für bessere Optik kein Pappenstiel, wer das Geld aber investieren mag dem steht hier ein tolles Spiel bevor, das mit Grusel, Klischees und Spannung überzeugen kann.

Vielen Dank an Sony für die Bereitstellung des Testmusters. Getestet auf PlayStation 5.