Was ist los in Zentraleuropa?

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Cube
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Was ist los in Zentraleuropa?

#1

Beitrag von Cube »

Söder zum Bürgergeld:
Das Bürgergeld benachteiligt die unteren Einkommensgruppen, die hart arbeiten müssen: Kassiererinnen, Friseurinnen, Busfahrer, Polizeimeister, die jeden Tag versuchen, über die Runden zu kommen – und am Ende feststellen müssen, dass Nichtarbeiten annähernd so lukrativ ist wie Arbeiten. Das ist ungerecht“
https://www.faz.net/aktuell/politik/inl ... 53194.html

So nahe dran und doch so weit entfernt.
Wenn das Bisschen an Bürgergeld schon nahe dran an dem ist, was manch Berufstätige verdienen, dann gibt es ein Problem mit dem Verdienst letzterer und nicht mit ersteren.
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Yoshi
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#2

Beitrag von Yoshi »

In der Tat ist es doch absurd, dass die Diskussion dahin geht, dass eine Erhöhung des Existenzminimums in Zeiten enorm hoher Inflation ungerecht sei, weil Arbeitslose sonst von unten an Geringverdiener heranrücken, statt darum, dass zu viele Menschen nur knapp oberhalb dessen liegen, was das Existenzminimum sein wird, obwohl sie Vollzeit arbeiten.
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Clawhunter
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#4

Beitrag von Clawhunter »

ah, es gibt einen richtigen Thread hierfür, super:

Was sagen wir eigentlich zu Frankreich und den Protesten bzgl. dem Rentenalter?
Btw. bevor die großen Diskussionen losgehen: Man kann die "Sticker"-Zahl (Rente ab 64!) nicht mit der "Sticker"-Zahl in anderen Ländern (Rente ab 67!) vergleichen; einfach weil es so viele Sonderregeln gibt. Anyway, dass die Bevölkerungspyramide ein Problem ist/wird, ist sicherlich in Frankreich nicht groß anders als in Deutschland. So, discuss!
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Yoshi
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#5

Beitrag von Yoshi »

Ich kann zwar grundsätzlich verstehen, wieso das für Unmut sorgt, denn die Staffelung des Renteneintrittsalters in Frankreich ist durchaus etwas, was hinsichtlich der verschiedenen Belastungen vorrangig physischer oder vorrangig geistiger Tätigkeiten Rechnung trägt. Allerdings finde ich die Schärfe des Protest doch bemerkenswert und nicht unmittelbar nachvollziehbar. Bei deutlich umfassenderen sozialen Einschnitten (Hartz 4) war hier deutlich weniger Rambazamba und so frage ich mich, was der Grund für die Schärfe der Reaktion ist.
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Shiningmind
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#6

Beitrag von Shiningmind »

Yoshi hat geschrieben: 24. Mär 2023, 21:45 Ich kann zwar grundsätzlich verstehen, wieso das für Unmut sorgt, denn die Staffelung des Renteneintrittsalters in Frankreich ist durchaus etwas, was hinsichtlich der verschiedenen Belastungen vorrangig physischer oder vorrangig geistiger Tätigkeiten Rechnung trägt. Allerdings finde ich die Schärfe des Protest doch bemerkenswert und nicht unmittelbar nachvollziehbar. Bei deutlich umfassenderen sozialen Einschnitten (Hartz 4) war hier deutlich weniger Rambazamba und so frage ich mich, was der Grund für die Schärfe der Reaktion ist.
Ich glaube die Erklärung liegt in der historischen Prägung.

Die Deutschen sind eher ein Volk dass sich unterwirft und wenig aufbegehrt gegen Obrigkeiten und bei Frankreich ist es eben eher anderes rum. (Vive la Revolution!)
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Clawhunter
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#7

Beitrag von Clawhunter »

ja, der Unterschied ist echt damit begründet, dass in Frankreich PROTEST noch groß geschrieben wird. Ach und natürlich dass Macron auf DIKTATOR gemacht hat (ok, ich übertreibe hier etwas), weil er am Ende eben keine Abstimmung im Parlament mehr gemacht hat (weil er davon ausging nicht die Stimmen zu haben), sondern einfach seine Präsidialmacht (oder wie auch immer die dort heißt) ausgenutzt hat. Da es vorher schon einige Proteste gab, hat sichs mit dieser Entscheidung von Macron das so durchzudrücken nochmal mehr aufgeladen.

Ich persönlich find die Proteste absolut beneidenswert und beeindruckend (up to a point). Gleichzeitig hoffe ich und glaube ich, dass Deutschland ein Stück weit sozialer ist, sprich: die ärmeren Leute oder die blue collar workers sind hier nicht so abgeschlagen wie anderswo, weswegen der Frust nicht ganz so hart ist wie etwa in Frankreich (oder in Großbritannien in den letzten Jahren - wobei die auch keine Protestkultur haben).

Und auch nicht zu vergessen: Die Medien treiben das Volk immer noch an. Und naja, sowohl am linken wie am rechten Rand sind alle für die Proteste und selbst moderate (bürgernahe) Medien verstehen, dass immer die gleichen benachteiligt werden und Macron hier respektlos vorgegangen ist. Zumal man auch nicht vergessen darf, dass wir hier von einem Thema sprechen, was quasi die gesamte Bevölkerung betrifft (außer Rentner selbst?).
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Yoshi
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#8

Beitrag von Yoshi »

Clawhunter hat geschrieben: 24. Mär 2023, 22:45 Zumal man auch nicht vergessen darf, dass wir hier von einem Thema sprechen, was quasi die gesamte Bevölkerung betrifft (außer Rentner selbst?).
So wie ich es verstehe, betrifft es Akademiker auch nicht, weil die üblicherweise so spät beginnen zu arbeiten, dass sie ohnehin schon bis 67 arbeiten mussten. Das betrifft meinem Verständnis nach schon ganz überproportional "Arbeiter", also Menschen mit körperlich sehr belastenden Berufen.

Aber ist es tatsächlich so, dass die soziale Situation von Arbeitern in Frankreich schlechter ist als hier? Hier hat die Agenda 2010 und Rente mit 67 - neben der Digitalisierung an sich - meinem Eindruck nach diese Gruppen ebenfall sehr mitgenommen.
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Clawhunter
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#9

Beitrag von Clawhunter »

naja du hast in Deutschland halt ne viel breitere industrielle Basis mit Tarifverträgen, die ordentliche Gehälter ermöglichen. In Frankreich haste zwar auch Airbus, aber bspw. die Autobranche ist ja weit weniger ausgeprägt. Darüber hinaus gibts halt ne viel stärkere Zentralisierung nach Paris hin was "gute" Jobs angeht als in Deutschland (nicht ganz so schlimm wie in England mit London). Schaut man sich die Liste der größten französischen Unternehmen an, überwiegen dort Versicherungen und Energieunternehmen - und ein paar Retailer.
Die Gehälter sind in Frankreich gut (ohne jetzt nachgeguckt zu haben) 20% niedriger als in Deutschland, aber die Lebensmittelpreise etwas höher; dazu haste dann wie fast überall das Problem mit den viel zu hohen Mieten in Großstädten und naja... klingt alles nicht so geil. Wobei Frankreich trotzdem eins der besseren Länder weltweit/europaweit ist (was eigentlich auch nur nochmal zeigt wie viel Glück wir bei unserer Geburt hatten!).
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Clawhunter
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#10

Beitrag von Clawhunter »

ach das gute alte Zentraleuropa (und ja wieder darf Frankreich herhalten). Paris verbietet ja mit knapp 90% der Stimmen E-Scooter (waren aber glaub weniger als 10% voten, aber egal). Und Deutschland? Deutschland einig E-Scooter-Land? Keine Ahnung, aber fand spannend wie der Spiegel 5 "Mythen" um den Scooter analysiert hat. Ergebnis: Scooter kommen richtig schlecht weg.
Hier der geschenkte Artikel dazu.

Was ist eure Meinung? Können wir auf die Dinger verzichten?


btw. weiß gar nicht warum hier plötzlich immer von scooter die rede ist - eigentlich nenn ich die Dinger immer E-Roller.
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Cube
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#11

Beitrag von Cube »

Habe jetzt keine starke Meinung zu diesen Scootern. Ist aber bisweilen schon interessant anzusehen, welche Orte deren Nutzer als geeignete Parkplätze einschätzten. Wobei es auch möglich ist, dass die von nicht-Nutzern dahingestellt wurden. Die Geräte sind ja seltens irgendwo festgebunden.
Aber sowas kommt dabei raus, wenn etwas zum großen Teil unreguliert auf die Öffentlichkeit losgelassen wird. Das hat dann negative Auswirkungen für öffentliche Lebensräume. War/Ist mit dem Fahrdienst Uber ähnlich, wegen denen hat sich das Verkehrsaufkommen auf den Straßen in einigen Gegenden nur noch verstärkt.

Selbst wenn an dieser Abstimmung nur eine kleine Minderheit teilgenommen hat, finde ich es doch immer wieder beeindruckend, wie intensiv sich manche Menschengruppen geschlossen gegen jene Transportmöglichkeiten stellen, während anderen Transportmöglichkeiten ein Freifahrtschein ausgestellt wird, obwohl letztere größere Auswirkungen auf deren Lebensqualität haben. Habe dafür ein Beispiel direkt vor der Hofeinfahrt. Über meiner Wohngegend verläuft der letzte Rest der Ein-/Anflugschneise eines Flughafens. Wegen des Fluglärms läuft hier im Bezirk eine kleine Dauerprotestaktion einer Nachbarschaftsgemeinschaft (Keine Ahnung, wie erfolgreich das ist). Gleichzeitig verläuft durch den Bezirk eine Ortsstraße, die zum großen Teil nicht von den Anwohnern sondern von Pendlern genutzt wird, die eigentlich auch eine nahe Autobahn nutzen könnten (War letztes Jahr zu merken, als die Straße teils wegen einer Baustelle gesperrt und so nur noch für Anwohner vernünftig zu nutzen war. Das Verkehrsaufkommen hatte sich in der Zeit massiv reduziert.) Die Pendler haben mit dem erzeugten Dauerlärm und der dazugehören schlechteren Luftqualität (sowie den zwei bis drei Unfällen im Jahr) einen viel größeren negativen Einfluss auf die Leben der Anwohner als der Flughafen, aber von irgendwelchen Forderungen zur Reduzierung des PKW-Verkehrs ist hier nirgends was zu sehen.
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#12

Beitrag von Clawhunter »

Christian Streich (Trainer vom FC Freiburg) mit seiner Generalkritik am heutigen Kapitalismus:
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#13

Beitrag von Clawhunter »

" Die Bedeutung der Industrieproduktion für Europas Wirtschaftsleistung drohe weiter abzunehmen. Stattdessen bliebe dem Kontinent nur noch die Rolle als beliebtes Tourismusziel: »In zehn Jahren werden wir chinesische und amerikanische Touristen in Europa mit Kaffee bedienen«, prognostiziert Tavares."
(wir machen aber auch guten Kaffee!!)

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unter ... 9d5f9b03c0

Europa - quo vadis?
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Cube
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#14

Beitrag von Cube »

Clawhunter hat geschrieben: 4. Mai 2023, 16:18 " Die Bedeutung der Industrieproduktion für Europas Wirtschaftsleistung drohe weiter abzunehmen. Stattdessen bliebe dem Kontinent nur noch die Rolle als beliebtes Tourismusziel: »In zehn Jahren werden wir chinesische und amerikanische Touristen in Europa mit Kaffee bedienen«, prognostiziert Tavares."
(wir machen aber auch guten Kaffee!!)

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unter ... 9d5f9b03c0

Europa - quo vadis?
"Wir müssen den Wettbewerb akzeptieren. In Frankreich sage ich etwas sehr Unpopuläres: Ihr müsst mehr arbeiten!"
Ist doch immer wieder toll, wenn Millionäre mehr von Arbeitern verlangen.
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#15

Beitrag von Clawhunter »

mal was anderes - ich ging nachm Einkaufen so die Straße runter und sah: Da eine 3-köpfige Familie wo das Kind, ein Mädchen vielleicht 6-7 Jahre alt die ganze Zeit mit dem Handy und der Handykamera rumspielt (während sie an der Ampel warten). Daneben eine Fußgängerin die über ihre Apple Airpods am Telefonieren war und auf der anderen Straßenseite ein junger Mann mit dicken Kopfhörern der nur aufs Handy starrt beim Gehen. Dahinter kam dann ein Skateboarder mit Kopfhörern angefahren der auch auf sein Handy geschaut hat.... also summa sumarum irgendwie 8 Passanten (hab nicht alle aufgezählt!) von denen mind. 6 voll in ihrer Handy/Kopfhörerwelt verfangen waren - und ich so: woah, ist das normal? Vermutlich nicht ganz, aber ist das die Welt in der wir leben?! Schon sick wenn man drüber nachdenkt. Und ich dachte immer meine Habits wären schlecht, aber ha! Vielleicht doch nicht schlechter als der Durchschnittsdeutsche.

Solange keine Unfälle deshalb passieren (wers glaubt), soll doch jeder machen was er will - aber da heute die meisten Kopfhörer ja abschirmen (wie dumm!), ist ja auch das unwahrscheinlich. Schon krass wie süchtig/gelangweilt die Menschen schon allein beim gehen sind. Dabei ist gehen doch noch nichtmal das langweiligste WO gibt.

Meinungen, Kommentare, Anekdoten?
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#16

Beitrag von Clawhunter »

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/ ... 3dd3049b49

ich wusste nicht dass die Zustände in deutschen Gefängnissen so schlimm sind mit Zwangsarbeit und Hungerlöhnen (Sklavenlöhnen könnte man sagen) - da schieb ich auch den Medien den Peter zu, dass die - obwohl es IMO ein superspannendes Thema ist für Leser (sprich lohnt sich drüber zu berichten) - eigentlich gar nie drüber berichten (womöglich im TV; aber das guck ich nicht). Denn nur wenn es öffentlichwirksam ist, setzt sich die Politik ja für Veränderungen ein. Ansonsten passiert ja nix. Würde ich normalerweise sagen - aber ein Glück gibts ja noch das Rechtssystem, das hier mal gesagt hat 2€ Stundenlohn geht mal gar nicht.
Im Spiegelplusartikel schildern sie genauer die Lage des einen Klägers:
Der Kläger in einem Parallelverfahren, der in Bayern eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt, machte geltend, die JVA erhalte von einem Unternehmen für die Arbeit der Gefangenen bis zu 11,37 Euro die Stunde – während er selbst nur einen Bruchteil davon bekomme. Der Staat bürde ihm eine Schuldenlast für Gerichtskosten aus seinem Strafverfahren in Höhe von 33.000 Euro auf, den er mit so kleinem Lohn kaum abarbeiten könne. Dann aber müsse er den Neustart nach der Entlassung aus der Haft, die auch bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe in Aussicht stehen muss, auch noch mit einem Schuldenberg bestreiten.

Strafgefangene sollen mit ihrem kargen Gehalt den durch ihre Straftat verursachten Schaden ausgleichen. Sie sollen für Kinder und andere Unterhaltsberechtigte sorgen und Schulden tilgen. Darüber hinaus sehen die Vollzugsgesetze der Länder vor, dass sich die Gefangenen an den Kosten ihrer Gesundheitsversorgung, am Beitrag der Länder zur Arbeitslosenversicherung und sogar an den Vollzugskosten beteiligen. Die Benutzung von Rundfunkgeräten etwa kostet Geld, ebenso Telefonate. Selbst für Suchtmitteltests werden den Gefangenen Gebühren in Rechnung gestellt.
Unfassbar was der Staat die Gefangenen abzockt. Jaja, "Unterkunft" kostet auch Geld und muss bezahlt werden aber doch nicht so.
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#17

Beitrag von Rippi »

Das sehe ich drastisch anders. Ein Mörder, der lebenslänglich sitzt, hat jemanden umgebracht. Ein Leben, dass sich nicht mehr retten lässt. Er sitzt auf unsere Kosten im Knast. Warum soll es ihm in dieser Zeit gut gehen? Eine Strafe soll auch eine Strafe sein, warum sollte ich dann Mitleid mit dem Gefangenen haben?
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Cube
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#18

Beitrag von Cube »

Rippi hat geschrieben: 21. Jun 2023, 00:06 Das sehe ich drastisch anders. Ein Mörder, der lebenslänglich sitzt, hat jemanden umgebracht. Ein Leben, dass sich nicht mehr retten lässt. Er sitzt auf unsere Kosten im Knast. Warum soll es ihm in dieser Zeit gut gehen? Eine Strafe soll auch eine Strafe sein, warum sollte ich dann Mitleid mit dem Gefangenen haben?
Der Großteil der Insassen in unseren Gefängnissen sind keine Mörder und selbst diesen werden nicht alle Rechte weggenommen.

Bis auf diese ganz harten Fälle, die den Rest ihres Lebens weggeschlossen werden, setzen wir (teils nur in der Theorie) auf ein Rehabilitationssytem. Sowas klappt nicht, wenn die Leute einfach weggeschlossen werden und nichts zu tun haben oder indem sie noch mehr verschuldet aus dem Vollzug rauskommen als vorher, was bei den Gefängnissystemen anderer Länder gut einsehbar ist, wo sowas durchgezogen wird. Und wenn die Insassen Arbeit leisten, die gut genug ist dass andere diese für sich Nutzen wollen, dann soll das bitte auch entsprechend vergütet werden. Wir haben hierzulande schon mehr als genug Lohndrückerei.
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#19

Beitrag von Yoshi »

Rippi hat geschrieben: 21. Jun 2023, 00:06 Das sehe ich drastisch anders. Ein Mörder, der lebenslänglich sitzt, hat jemanden umgebracht. Ein Leben, dass sich nicht mehr retten lässt. Er sitzt auf unsere Kosten im Knast. Warum soll es ihm in dieser Zeit gut gehen? Eine Strafe soll auch eine Strafe sein, warum sollte ich dann Mitleid mit dem Gefangenen haben?
Eine menschenwürdige Bezahlung heißt ja noch nicht, dass es den Leuten super im Gefängnis geht, aber es entstehen ja auch Kosten durch den Gefängnisaufenthalt und es kann nicht im Sinne einer Rehabilitierung sein, wenn die Leute dann Jahre später noch immer Knastschulden abbezahlen, weil sie im Knast unzulänglich bezahlt wurden.

Er hier (Maximilian Pollux) beispielsweise war kein Mörder, aber schon ein ziemlich schlimmer Finger (schwere Körperverletzung, Raub, Drogenverkauf im sehr großen Stil; verurteilt zu 13 Jahren Haft) hat nach augenscheinlich gelungener Resozialisierung sieben Jahre nach der Haftentlassung noch Haftschulden abzuzahlen:


Daher finde ich es sinnvoll, dass, wenn produktive Arbeit gemacht wird im Knast, das auch angemessen entlohnt wird. Dass davon wiederum sicherlich ein Teil abgezwackt werden darf um die Haft an sich zu refinanzieren finde ich OK, aber wer im Gefängnis arbeitet, sollte auch die Möglichkeit haben, dadurch möglichst schuldenarm aus dem Knast herauszukommen und dann ein erfolgreiches neues Leben zu starten, statt durch einen großen Schuldenberg noch einen zusätzlichen Stolperstein / Anreiz nicht auf einem geraden Weg zu bleiben in den Weg gelegt zu bekommen.
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#20

Beitrag von Rippi »

Da geb ich euch beiden recht, ein Schuldenberg muss wirklich nicht sein, gerade wenn man viel im Knast gearbeitet hat. Aber ich bleibe bei meiner Meinung, dass eine Haftstrafe, je nach Fall, auch ein Denkzettel sein sollte. Rehabilitierung finde ich auch gut, jeder baut mal Mist und manche eben größeren, man sollte den Menschen die Chance geben sich wieder in die Gesellschaft eingliedern zu können. Ich hab bei Knast aber direkt Mörder, Vergewaltiger und Kindesmissbrauch im Kopf, was mich direkt rot sehen lässt. Und dementsprechend fällt es mir schwer da zu differenzieren. Und wie gesagt, wenn jemand im Knast gearbeitet hat, der sollte danach keine Schulden mehr haben sobald er raus ist, diese sollten zumindest auf 0 gesetzt werden.

Was wäre denn Eurer Meinung eine angemessene Vergütung?
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#21

Beitrag von Yoshi »

Rippi hat geschrieben: 21. Jun 2023, 10:11 Da geb ich euch beiden recht, ein Schuldenberg muss wirklich nicht sein, gerade wenn man viel im Knast gearbeitet hat. Aber ich bleibe bei meiner Meinung, dass eine Haftstrafe, je nach Fall, auch ein Denkzettel sein sollte. Rehabilitierung finde ich auch gut, jeder baut mal Mist und manche eben größeren, man sollte den Menschen die Chance geben sich wieder in die Gesellschaft eingliedern zu können. Ich hab bei Knast aber direkt Mörder, Vergewaltiger und Kindesmissbrauch im Kopf, was mich direkt rot sehen lässt. Und dementsprechend fällt es mir schwer da zu differenzieren. Und wie gesagt, wenn jemand im Knast gearbeitet hat, der sollte danach keine Schulden mehr haben sobald er raus ist, diese sollten zumindest auf 0 gesetzt werden.

Was wäre denn Eurer Meinung eine angemessene Vergütung?
Meines Erachtens: Mindestlohn. Dass davon dann diverse Haftkosten direkt abgezogen werden, ist in Ordnung, aber wenn es wirtschaftlich genutzte Arbeit ist, sollte auch zumindest der Mindestlohn gezahlt werden. Wenn die betreffende Person nicht qualifiziert genug ist, um wirtschaftlich nutzbare Arbeit zu erledigen, würde ich mich an den Zahlungen in Behindertenwerkstätten oder Eingliederungsmaßnahmen orientieren.
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#22

Beitrag von Clawhunter »

Dummerweise ist die Bezahlung in Behindertenwerkstätten auch lächerlich gering:
Mehr als 300.000 Menschen in Deutschland arbeiten in Behindertenwerkstätten. Sie verdienen sehr wenig Geld – im Durchschnitt 212 Euro pro Monat.
(auch n Spiegel+-Artikel)
Mit anderen Worten: Wo ausgenutzt werden kann, wird ausgenutzt. Das ist Kapitalismus. Deshalb muss die Politik da die Schwächeren halt schützen.
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#23

Beitrag von Sun »

Mein Bruder verdient unter dem Durchschnitt. Problem dabei ist, dass die meisten dann mit Sozialhilfe aufstocken was ja auch Geld kostet. Wäre also sinnvoller da direkt für bessere Bezahlung zu sorgen.
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#24

Beitrag von Yoshi »

Clawhunter hat geschrieben: 21. Jun 2023, 16:11 Dummerweise ist die Bezahlung in Behindertenwerkstätten auch lächerlich gering:
Mehr als 300.000 Menschen in Deutschland arbeiten in Behindertenwerkstätten. Sie verdienen sehr wenig Geld – im Durchschnitt 212 Euro pro Monat.
(auch n Spiegel+-Artikel)
Mit anderen Worten: Wo ausgenutzt werden kann, wird ausgenutzt. Das ist Kapitalismus. Deshalb muss die Politik da die Schwächeren halt schützen.
Wenn es wirtschaftlich nicht nutzbar ist, ist es ja kein Ausnutzen, weil es ein Verlustgeschäft ist. Aber ja, ich gebe [mention]Sun[/mention] auch Recht: es wäre nichts dadurch verloren, zumindest Hartz zu zahlen in der Behindertenwerkstatt, denn das muss der Staat ja eh zahlen. Da kann man dann gerne auch noch ein wenig aufschlagen, dann fühlen sich die betreffenden Personen zum Dast-Netto-Nulltarif auch noch gewertschätzt.
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#25

Beitrag von Sun »

Wirtschaftlich nicht nutzbar sind fakenews. Die Werkstatt meines Bruders arbeitet oft für eine Firma die direkt daneben liegt. Bei einer anderen Firma hier arbeitet eine komplette Gruppe mit Betreuer fest vor Ort in der Firma und auch mein Bruder hat ne zeitlang mal direkt bei einer Firma gearbeitet.
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#26

Beitrag von Yoshi »

Sun hat geschrieben: 22. Jun 2023, 11:12 Wirtschaftlich nicht nutzbar sind fakenews. Die Werkstatt meines Bruders arbeitet oft für eine Firma die direkt daneben liegt. Bei einer anderen Firma hier arbeitet eine komplette Gruppe mit Betreuer fest vor Ort in der Firma und auch mein Bruder hat ne zeitlang mal direkt bei einer Firma gearbeitet.
Wirtschaftlich nicht nutzbar wurde ja über die Arbeit unausgebildeter Gefängnisinsassen gesagt, auf die bezog ich mich mit wirtschaftlich nicht nutzbar. Ob das tatsächlich stimmt, kann ich aber nicht beurteilen.
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