Dieser geniale Moment im Mittelmaß (Open Spoilers)

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Guybrush Threepwood
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Dieser geniale Moment im Mittelmaß (Open Spoilers)

#1

Beitrag von Guybrush Threepwood »

Kennt ihr das? Ihr probiert euch an einem mittelmäßigen Spiel, vielleicht, weil euch die Thematik zusagt, vielleicht, weil es im Gamepass ist. Ihr spielt es, habt nur so mäßig Spaß, spielt aber trotzdem weiter, weil es ja auch nicht ganz schlecht ist. Und dann gibt es plötzlich diese eine Mission, in der alle mittelmäßigen Elemente ineinander greifen und ihr plötzlich einen Heidenspaß habt.

Ich habe mich in der 360er Zeit an Wheelman versucht. Ich war ja ein riesiger Fan von Driver auf der PSOne und trotz allen technischen Fortschrittes erlebte ich kein Spiel mehr, in dem Autoverfolgungsjagden so einen Spaß gemacht haben - jedenfalls bis ich letztes Jahr endlich mal das schlechter bewertete Driver 2 auf der PSOne gezockt habe. In einem schwachen Moment griff ich so um 2009 zu Wheelman, in der Hoffnung, das taugt was, da es sich mehr als andere Open World-Spiele auf Action im Auto konzentriert hat. Wheelman war eine Produktion des dem Untergang entgegen taumelnden Midway. In dem Spiel hat Vin Diesel mitgespielt. Ich denke, Midway hatte nur genug Geld, um sich die Fast & Furious-Lizenz ohne Von Diesel zu sichern oder Vin Diesel ohne die Lizenz zur Filmreihe zu engagieren. Man entschied sich dann für Vin Diesel. Vin Diesel ist ein CIA-Agent, der als Fluchtfahrer die Unterwelt Barcelonas auffliegen lassen soll (in der Praxis läuft es eher auf exekutieren hinaus). Das Spiel funktioniert, aber das ist auch alles. Die Autojagden erfordern kein fahrerisches Können, weil man den meisten Schaden anrichtet, indem man unrealistische Moves ausführt, wie sich um 180 Grad drehen, in Zeitlupe den Fahrer oder die Reifen abknallen, um sich dann wieder um 180 Grad zu drehen und ohne Geschwindigkeitsverlust weiter zu fahren. Oder man knallt auf Knopfdruck wie von einem starken Magneten angezogen dem neben einem fahrenden Auto in die Seite, um maximalen Schaden anzurichten. Wenn man das Steuer rumreißt und ihn in echt in die Seite fährt, passiert dem anderen Auto aber gar nichts.
Garniert wird das mit hakeligen Ballersequenzen zu Fuß, in denen man nicht mal in Deckung gehen kann - mitten in der 360-Ära!

Aber dann will man ungefähr zur Mitte des Spiels die Bikergang ausschalten. Man verfolgt den Vize quer durch die Stadt, bis er mit seinem Bike in eine U-Bahnstation brettert, dort absteigt und eine U-Bahn entführt, die komischerweise wie der ganze Bahnsteig menschenleer ist. Vin Diesel steigt in einer Filmsequenz auf das zurückgelassene Motorrad und fährt dem Zug hinterher. Es heißt, die Bahn einzuholen und dabei nicht in die entgegenkommenden Züge zu krachen. Wenn man aufgeschlossen hat, kommt man an einen Punkt der Route, in der die Strecke nach oben offen ist, und mehrere Biker durchbrechen dort oben die Absperrungen und mischen ab da auf den Gleisen mit. Man muss versuchen, den Zug zu überholen, während man aus ihm von zig Ganoven beschossen wird (zur Erinnerung, in der einleitenden Sequenz war der Zug völlig leer). Am besten schießt man nicht auf die Gauner, sondern feuert auf die Kopplungen zwischen den Waggons, damit diese brechen und die Waggons mit den Gegnern ausrollen - das macht man mit einer 9 Millimeter Pistole, die reicht aber für die dicken Stahlkupplungen. Na ja, und nebenbei muss man weiter auf entgegen kommende Züge achten und sich eben der Biker erwehren. Und spätestens in dem Moment, in dem uns ein Zug entgegen kam und ich einen der Biker mit einem Rempler genau in diesen Zug geschleudert habe, dachte ich mir, das ist jetzt eine der geilsten Actionsequenzen, die ich jemals gespielt habe! Wenn man am Ende den Zug endlich überholt, muss man sich vor ihn setzen und den oben beschriebenen 180 Grad-Move ausführen, um den Vize in der Kanzel erschießen. Der Zug entgleist am nächsten Bahnhof (Gott sei Dank warteten auch an ihm keine Fahrgäste), Vin steigt ein, nimmt sich den wichtigen Koffer, den der Vize die ganze Zeit dabei hatte, und hat sein Tagwerk getan.

Aber danach ging das Spiel so mittelmäßig weiter, wie es begonnen hat.

Ich hoffe, ihr habt ähnliches erlebt, und teilt uns das mit.
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Shiningmind
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#2

Beitrag von Shiningmind »

Ich würde da ganz gerne was zu diesem sehr detailverliebten Thema beitragen aber kann es nicht wirklich. Ich kann mir gut vorstellen, dass die meisten hier (ich nehm mich da nicht raus) sich eher die Rosinen rauspicken und nur relativ gut bewertete Spiele jenseits der 80 % spielen. Das ist nämlich dann auch eine interessante Frage: Ab wann beginnt Mittelmaß? Ich glaube du bist auch einer der wenigen hier, die privat auch Spiele 60er, 70er Bereich eine Chance geben (außer man muss es testen etc.). Biber auch aber der schreibt hier nicht mehr. :( Insgesamt würde ich aber The Medium nennen. Das hat atmossphärisch sehr schöne Momente und Artworks. Da kann ich keine spezifische Stelle nennen.
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Sun
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#3

Beitrag von Sun »

Ich spiele auch 70er, aber ich kann mich trotzdem nicht dran beteiligen. Meistens machen mir die mittelmäßigen Spiele dann dennoch generell Spaß oderich breche Spiele eben ab wenn sie es nicht machen. Selbst wenn ich sie weiterspiele gibt es selten so einen Moment der dann doch plötzlich Spaß macht. Ich kann man mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass es mir je so ging. ^^
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Ryudo
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#4

Beitrag von Ryudo »

Binary Domain fällt mir da spontan ein. Das Spiel ist genau genommen Mittelmaß. Stupides Geballere auf 08/15 Roboter-Gegner. Aber es gibt da ein paar Bossfights, die richtig, richtig gut sind und sich vor anderen Spielen des Genres nicht verstecken müssen.
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Clawhunter
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#5

Beitrag von Clawhunter »

ich hab damals Raven Squad für Xbox 360 für GU reviewed und hab dem Spiel 3,5/10 gegeben, d.h. von Mittelmaß kann da eigentlich nicht mehr die Rede sein. Das Spiel ist ein "Taktik"-Ego-Shooter (mit der schlechtesten Sprachausgabe die ich je gehört habe) im Dschungel, wo man aber auch in die Vogelperspektive wechseln kann um rudimentär vorzugeben wie das Team vorgehen soll. Das Spiel war wie mit der Wertung angedeutet eigentlich die ganze Spieldauer (war kurz, weniger als 8h auf jeden Fall) über sehr stumpf; das Leveldesign hat auch wirklich nix hergegeben um wirklich Taktik auszuführen (Level waren einfach zu schlauchig, insb. im Wald/Dschungel logischerweise), aber irgendwie zur letzten oder vorletzten Mission als man dann im Dorf unterwegs war und sich die Schlacht auf mehrere Schauplätze innerhalb dieses Dorfes ausgebreitet hat; haben auf einmal die Spielmechanismen - also dass man in der Vogelperspektive Übersicht hatte und Taktik vorgeben konnte - inneinander gegriffen und auf einmal hat's richtig Spaß gemacht. Doof nur dass so eine Mission keine 20 Minuten dauert - aber hey: Spaß ist Spaß.

Ansonsten fällt es mir schwer Spiele weiterzuspielen, die mir missfallen oder mich nicht mitreißen; also im Normalfall auch "Mittelmaß", insofern glaube ich nicht dass ich weitere Beispiele hätte.
Deleted User 62

#6

Beitrag von Deleted User 62 »

Ryudo hat geschrieben: 6. Jul 2021, 20:53 Binary Domain fällt mir da spontan ein. Das Spiel ist genau genommen Mittelmaß. Stupides Geballere auf 08/15 Roboter-Gegner. Aber es gibt da ein paar Bossfights, die richtig, richtig gut sind und sich vor anderen Spielen des Genres nicht verstecken müssen.
An 'stupides Geballere' und 08/15 Roboter Gegner kann ich mich nicht erinnern. Ganz im Gegenteil. Die Kämpfe waren weitaus taktischer als damalige Genrevertreter. Mann konnte und musste die Roboter an ihren Schwachstellen treffen um voranzukommen. Mann konnte ihnen die Beine zerschiesen, den Feuerarm auseinandernehmen, kleinere Gegner mit den Trümmerteilen größerer Gegner blockieren etc.
Ich erinnere mich auch sehr von der Physikengine angetan gewesen zu sein.
Die Standard Infanterie Robos sahen meist gleich aus, aber Bosse und stärkere Gegner waren schon anders und recht cool designed. Die eigene Truppe sah dafür ziemlich generische aus. Ich schätze du hast das Game auf easy beendet und kammst daher nicht in den Genuß des taktischen Überbaus. Für mich war Binary Domain ein überdurchschnittlich gutes Spiel auch wenn die Fachpresse damals nicht sehr angetan war. Die wollten damals eh nur noch mehr Uncharted und Gears of War.
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Ryudo
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#7

Beitrag von Ryudo »

Meinen letzten Durchlauf habe ich tatsächlich auf leicht gemacht. Jetzt da Du es sagst, erinnere ich mich, dass ich das Spiel damals auf einem höheren Schwierigkeitsgrad durchgespielt habe und es auch abseits der Bosse wesentlich spaßiger fand. Tatsächlich musste man da mit mehr Deckung und Taktik vorgehen. Die Figuren waren damals manchmal etwas zu 08/15-Actionheld. Als ich letzte Woche The Tomorrow War gesehen hab, hat es mich aufgrund der agierenden Personen übrigens sehr stark an Binary Domain erinnert. *g*
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Yoshi
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#8

Beitrag von Yoshi »

Gestern musste ich beim Spielen von Welt 10 von Balan Wonderworld unweigerlich an diesen Thread denken! Daher habe ich gestern Abend noch kurzfristig einen neuen Meisterstücke Artikel verfasst, zu eben dieser Welt, für die dieser Thread geradezu prädestiniert ist.

https://gaming-village.de/wp/2021/07/19 ... erstuecke/
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