Storytelling in Videospielen

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knightingale
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Storytelling in Videospielen

#1

Beitrag von knightingale »

Hab jetzt gerade nicht viel Zeit, um hier groß was Eröffnendes zu schreiben, daher nur einen kurzen Startpunkt.

Mir fiel jetzt die letzten Wochen immer wieder im Discord auf, dass sehr viel über Story in Videospielen geredet wird und wie unterschiedliche die Meinungen teilweise auseinander gehen. Dabei geht es mir persönlich nur am Rande um Inhalte, sondern um das Herz von Storystruktur, Lore und Plot als wiederkehrendes Designelement von Videospielen. Da diese unterschiedlichen Ansichten und konträren Punkte immer mal kurz aufflammen, aber dann aufgrund des Aufbaus von Discord komplett verloren gehen, finde ich einen Thread in dieser Richtung sehr praktisch.
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Wytz
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#2

Beitrag von Wytz »

Videospiele dürfen gern die Story komplett auf Seite schieben und sie können mich dann immer noch reizen aber Mittlerweile macht eine gute Geschichte für mich den größten Reiz aus. Wenn ich die Wahl habe sinnlos einen Berg zu besteigen oder dafür einen Beweggrund geliefert bekomme dann würde ich zweiteres immer vorziehen.

Natürlich sollte die Story dem Spiel nicht im Weg stehen und doch passiert das leider bei vielen Spielen. Dann habe ich es tatsächlich lieber wenn die Story quasi bin existent ist wie beispielsweise bei Super Mario Galaxy. Leider hat das Spiel niemals die Möglichkeit mich nachhaltig zu fesseln. Sobald ich den letzten Stern eingesammelt habe, habe ich es sozusagen auf Seite gelegt und kaum noch einen Gedanken daran verschwendet. Es war eine Unterhaltung für den Moment. Am Ende habe ich davon nichts mitgenommen. Ich weiß dass ich für die Zeit des Spiels Spaß hatte, aber es hat sich sonst nichts verändert in mir oder an meinen Gedanken.

Gehen wir mal zum krassen Gegenteil outer wilds über. Das Spiel habe ich im letzten Jahr zum Release gespielt und jetzt nach 11 Monaten durchkreuzen immer noch diverse Szenen und gameplay Bits meine Gedanken. Das Spiel hat mich selbst durch und durch beeinflusst und hat mir neue Impulse zum nachdenken gegeben. Maybe spoiler aber ich finde sogar ich habe ein bisschen mehr Komfort gefunden wenn mal wieder die existenzielle Angst über das unausweichliche Ende allen Lebens Eintritt (jeder kennt das hoffe ich ^^ ?) . Und das ein Video spiel sowas kann finde ich kraftvoll und bewundernswert und ist es wert exploriert zu werden. Auch auf Kosten von purem Spielspaß.
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knightingale
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#3

Beitrag von knightingale »

Lange Zeit hätte ich wohl ähnlich gedacht, da waren für mich die Spiele, die ihre Narrative komplett in den Fokus rücken (z.B. Uncharted) immer zu bevorzugen.

Heute erscheint für mich das Medium Videospiel so unglaublich vielschichtig in Bezug auf das Storytelling. Bücher und Filme brauchen in ihrem Kern eine Geschichte als Skelett, um zu Funktionieren. Videospiele hingegen haben durch das Einbeziehen des Spielers in den Erzählprozess so viele Möglichkeiten der Erzählung. Da ist der Plot nicht das Skelett, sondern das Gameplay, welches unzählige Formen des Erzählens ermöglicht und den Spieler zum "Teil einer Handlung" werden lässt.
Diese Möglichkeiten sind es, die mich schon sehr faszinieren. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass man abstrahiert betrachtet jedem Spiel eine "Story" unterstellen kann. (Bitte nicht verwechseln mit Plot und Inhalt!)
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Wytz
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#4

Beitrag von Wytz »

Klar kann man das. Natürlich ist es ne Story wenn Mario auf bob ombs Berg herum hüpft. Es ist nur keine gute oder Erinnerungswürdige. Das gameplay macht das Ganze ja dann aber auch zu einer persönlichen Story. Jeder hat sicher mal in dee ‚ich‘ Perspektive erzählt was er in einem Spiel gemacht hat (also ‚ich Habe den abgeballert‘). Und natürlich haben diese persönlichen stories auch ihren Wert. Aber prinzipiell ist so eine Story (ich war spazieren) eher belanglos.

Also wir sind uns da schon einig dass gerade das gameplay den Wert der stories stark anhebt und Games imo deswegen besser macht als Bücher oder Filme um eine Story zu erzählen. Aber das ist trotzdem kein freifahrts schein für ne gute Story.
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knightingale
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#5

Beitrag von knightingale »

Du abstrahierst noch nicht genug, auch Spiele wie Tetris würde ich in diese These einordnen. Mario auf der Jagd nach Bowser - natürlich ist das Story. Ich rede aber vor allem von dem Aspekt, dass sich bei Videospielen die strukturellen Rollen vermischen und der Spieler selber eine Instanz darstellt, die man als "Story" werten muss. Über qualitative Aussagen kann man letzten Endes nur eine Aussage direkt am Objekt treffen.
Wytz hat geschrieben: 10. Sep 2020, 11:33 Und natürlich haben diese persönlichen stories auch ihren Wert. Aber prinzipiell ist so eine Story (ich war spazieren) eher belanglos.
Ich würde nicht nur sagen, dass diese Stories ihren Wert haben, sondern dass es diese Stories, diese Verteilung hin zum Spieler als Teilhabe-Protagonisten,sind, die Games von den anderen Medien abheben und somit ein Alleinstellungsmerkmal verleihen. Durch den/die Spieler braucht es in der Struktur eines Spieles keinen Inhalt mehr. Der Spieler übernimmt wichtige Eigenschaften selbst: Er hat ein Ziel, was er erreichen will. Die Motivation, was dich antreibt, diese Antwort findet jeder für sich als Spieler selbst. Damit übernimmt der Spieler zwei unglaublich wichtige Aspekte, die eigentlich dem Protagonisten einer Geschichte (bzw. allen Charakteren) zugesprochen werden können. Die Aufgabe des Spieles ist es dann, dir den Weg zum Ziel derart zu gestalten, dass deine Motivation niemals ins Gegenteil verkehrt. Und wenn du am Ende ankommst, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: du wirst als Spieler für deine Zeit "belohnt" oder du wirst motiviert, den Prozess nochmal zu wiederholen (Highscore-Spiele bspw.)

Auf dieses Fundament baust du dann weitere Ebenen auf. Ein Plot, der das Spiel auf inhaltlicher Ebene durchzieht. Und all die anderen Ebenen, die es mit Film und Buch teilt. Idealerweise verzahnen sich alle Ebenen untereinander.

Einer der Gründe, weswegen ich Celeste als absolutes Meisterwerk ansehe ist die unglaubliche Vernetzung von diesen unterschiedlichen Ebenen. Wir haben auf der untersten Ebene den Spieler, der das Jump'n'Run bestehen will. Er teilt sein Ziel komplett mit der Protagonistin, die den mystischen Berg besteigen will. Ihre Hindernisse sind unsere Hindernisse aufgrund des anspruchsvollen Leveldesigns und Gameplays. Abgesehen von vereinzelten Plotgetriebenen Momenten (Absturz von Madeleine) wird uns hier als Spieler niemals die Kontrolle über den Verlauf der Handlung weggenommen, nahezu alles läuft parallel. Ein solches Spiel, in dem alle Ebenen so aufeinandergreifen und die Themen sich wiederspiegeln, hab ich zuvor nicht gespielt.
Wytz hat geschrieben: 10. Sep 2020, 11:33 Also wir sind uns da schon einig dass gerade das gameplay den Wert der stories stark anhebt und Games imo deswegen besser macht als Bücher oder Filme um eine Story zu erzählen. Aber das ist trotzdem kein freifahrts schein für ne gute Story.
Da kann man auch viel darüber diskutieren. Jedes Medium hat seine Stärken und Schwächen. Gerade die Aspekte, die von anderen Medien nur nachgestellt werden können, aber (noch) nicht dieselbe Perfektion erreichen. Bücher beispielsweise haben eine unglaublich reichhaltige Möglichkeit darüber, in die Gedankenwelt der Protagonisten einzutauchen oder die Vorstellungskraft des Lesers anzuregen. Ersteres kann in Film/Games nachgestellt werden, zweiteres wird dem Spieler/Zuschauer durch Optik etc. weggenommen bzw. eingeschränkt. Videospiele hingegen haben diese Schicht der Interaktivität zur Grundlage, die in Büchern/Filmen durch "Choose your own adventure" nachgestellt werden. Wenn überhaupt, könnte man sagen, dass Filmkunst durch Videospiele stark in Gefahr geraten, weil diese weitaus mehr Möglichkeiten haben und in anderen Bereichen (Schauspieler bspw.) immer mehr aufholen.
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Wytz
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#6

Beitrag von Wytz »

Ich finde eher du abstrahierst zu viel *g* . Am Beispiel Celeste fühle ich mich wie Madeline weil ich mich in ihre Rolle begebe. Ohne den rahmen der Erzählung wäre es nicht das selbe. Madeline wird charakterisiert und man nimmt als Spieler diese Werte an und ist hoffentlich genauso motiviert. Wenn es den ganzen (fixen) Rahmen nicht gäbe könnte man durchaus schneller demotiviert sein. Super meat boy hat zb gar nicht bei mir gezündet. Die Motivation kommt nicht allein vom Spieler sondern durch die Erzählung. Dadurch dass man die Protagonistin steuert hat man allerdings eine deutlich bessere Verbindung dazu zu erkennen womit sie sich herum plagt. Falls du das auch so meintest, dann stimme ich dir zu. Deine Sätze sind mir ab und zu zu lang :ugly: .

Celeste ist übrigens sehr präzise inszeniert. Da ist nichts dem Zufall überlassen und imo auch sehr wenig dee Fantasie des Spielers. Das sind kleine Details wie in Kapitel 6 wo der Zweifel (badeline) regelrecht aus ihrem Textfeld herausspringt und somit suggeriert dass sich ihre Depression nicht einfach einsperren lässt. Im selben Level beschreibt madeline auch zu Theo dass Depression sich anfühlt wie tief im meer zu sein und jenes Kapitel selbst ist das einzigste was auch steht’s nach unten führt bis man schließlich an eine Stelle kommt an der man nach unten tauchen muss. Glücklicherweise hört das Wasser einfach auf wenn man tief genug taucht. Surreal selbst für dieses Spiel.

(Fun fact. Kapitel 6 sollte zuerst komplett unter Wasser sein aber matt thorson hat eingesehen dass unterwasser Level immer scheisse sind. Die vorherrschenden Elemente (thwomps und bumper) sind aber beide sehr Unterwasser tauglich !)

(Fun fact 2: auch in Kapitel Neun kommt das tiefsee Thema wieder mit den kugel Fischen und Quallen vor. Zusätzlich zur Leere des Weltraums)
Deleted User 62

#7

Beitrag von Deleted User 62 »

Wytz hat geschrieben: 9. Sep 2020, 13:03 Natürlich sollte die Story dem Spiel nicht im Weg stehen und doch passiert das leider bei vielen Spielen. Dann habe ich es tatsächlich lieber wenn die Story quasi bin existent ist wie beispielsweise bei Super Mario Galaxy. Leider hat das Spiel niemals die Möglichkeit mich nachhaltig zu fesseln. Sobald ich den letzten Stern eingesammelt habe, habe ich es sozusagen auf Seite gelegt und kaum noch einen Gedanken daran verschwendet. Es war eine Unterhaltung für den Moment. Am Ende habe ich davon nichts mitgenommen. Ich weiß dass ich für die Zeit des Spiels Spaß hatte, aber es hat sich sonst nichts verändert in mir oder an meinen Gedanken.

Gehen wir mal zum krassen Gegenteil outer wilds über. Das Spiel habe ich im letzten Jahr zum Release gespielt und jetzt nach 11 Monaten durchkreuzen immer noch diverse Szenen und gameplay Bits meine Gedanken. Das Spiel hat mich selbst durch und durch beeinflusst und hat mir neue Impulse zum nachdenken gegeben. Maybe spoiler aber ich finde sogar ich habe ein bisschen mehr Komfort gefunden wenn mal wieder die existenzielle Angst über das unausweichliche Ende allen Lebens Eintritt (jeder kennt das hoffe ich ^^ ?) . Und das ein Video spiel sowas kann finde ich kraftvoll und bewundernswert und ist es wert exploriert zu werden. Auch auf Kosten von purem Spielspaß.
Das sehe ich inzwischen genauso. Ein Celeste ist für mich persönlich ein viel wichtigeres und wertvolleres Spiel als jedes Mario, Spyro, Crash und Co.
Leute argumentieren gerne mit intrinsischen Werten (der Fun der Mechanik selbst), aber das Beispiel hinkt. Den Fun (die Mechanik) bietet Celeste ja sowieso schon, aber es setzt eben eine weitere Ebene oben drauf. Es erzählt eine echte, menschliche Geschichte die eben auch erzählenswert ist. Das Mario & Co. eine Geschichte erzählen sollen finde ich jetzt eher amüsant. Es ist ein Trope. Ein alter und abgenutzter obendrauf, wie ein alter Witz über den man eigentlich nicht mehr lachen kann. Es ist nur die Zündschnur um loszulegen zu können.

Nicht missverstehen, Mario und Co. brauchen auch keine Story, sowie ein guter Racer keine Story braucht, oft wollen wir sie auch nicht. Und doch verblassen die Erinnerungen bei mir doch recht schnell und vermischen sich mit all den anderen Eindrücken die ich in diesem Genre bereits gesammelt habe. Celeste sticht aber hervor.
Das hätte als reiner Levelbaukasten nicht funktioniert. Es sind eben menschliche Schicksale, Emotionen und die Art und Weise wie die Protagonisten damit umgehen die uns am stärksten berühren und ihre Spuren hinterlassen. Aber es ist eine Kunst und nicht jeder beherrscht sie.

Ich persönlich bin sehr beeindruckt von dem Medium Videospiele und wie weit es sich entwickelt hat. Kürzlich erst hat mir TloU Part 2 gezeigt was möglich ist, wenn gutes Environmental Storytelling auf glaubwürdige Charaktere trifft und dies mit hervorragendem Gameplay garniert. Ich bin dann einfach nur noch happy ein Gamer zu sein.
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knightingale
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#8

Beitrag von knightingale »

Ich denke, wir brauchen nicht groß über den Inhalt und den Plotverlauf von Celeste sowie die diversen Methoden reden, wie diese auf Gameplay- und inszenatorischer Ebene transportiert werden. Da sind wir uns im Grunde einig, da sucht Celeste mitunter seinesgleichen und verbindet die unterschiedlichen Aspekte des Gamedesign sehr gut miteinander.

Wahrscheinlich muss ich aber vorher noch klarstellen, was ich unter Story verstehe. Dies ist für mich eher ein abstrahierter Begriff, wie ihn auch diverse Autoren nutzen (bspw. John Truby): im Grunde die Elemente, die notwendig sind, um eine Geschichte zu erzählen. Dazu gehören Sachen wie Theme, Charakter, Plotverlauf sowie deren strukturelle Ausprägung und anderes. Ich erweitere das bei Videospielen noch um die Ebene des Spielers als Teilhabender, welche eine eigene Rolle der einnimmt etc.

Was mir aufgefallen ist, dass hier, aber auch im Discord eher auf die phänomenologischen Ebene, also der Inhaltsebene diskutiert wird. Ist natürlich die einfachste Ebene, die bekommen wir alle mit und (beinahe) jeder kann sich dazu eine Meinung bilden. Hier muss man auch nur wenig abstrahieren, um einer Diskussion folgen zu können - sofern man das kennt, worum es geht.
Einer der Gründe weshalb ich mir über Geschichten und deren zugrunde liegenden Fundamente von Filmen, Büchern oder Spielen kein Urteil erlaube, wenn ich diese nicht kenne.

Iceman hat geschrieben: 10. Sep 2020, 19:40 Das Mario & Co. eine Geschichte erzählen sollen finde ich jetzt eher amüsant. Es ist ein Trope. Ein alter und abgenutzter obendrauf, wie ein alter Witz über den man eigentlich nicht mehr lachen kann. Es ist nur die Zündschnur um loszulegen zu können.

Nicht missverstehen, Mario und Co. brauchen auch keine Story, sowie ein guter Racer keine Story braucht, oft wollen wir sie auch nicht. Und doch verblassen die Erinnerungen bei mir doch recht schnell und vermischen sich mit all den anderen Eindrücken die ich in diesem Genre bereits gesammelt habe. Celeste sticht aber hervor.
Ich bin gerne für das allgemeine Amüsement meiner Mitmenschen zuständig :prof:

Mal im Ernst: Nur weil Spiele wie Mario keine originelle Geschichte erzählen, eventuell sogar eine schlechte, ist es noch immer eine Geschichte. Sie hat einen Protagonisten mit einem Ziel, einer Motivation ausgehend von einem Inciting Incident (Akt 1), unterschiedliche Herausforderungen auf dem Weg, dieses Ziel zu erreichen (Akt 2) und am Ende ein Finale mit Konfliktlösung sowie Resolution (Akt 3). Und schon haben wir die Dreiaktstruktur von Filmen komplett wiedergespiegelt.
Nicht zu vergessen, dass die "Erzählung" mit jedem Teil immer ausgefeilter wurde. Verdammt, wir haben in Super Mario Odyssey eine Szene, in der Bowser und Mario mit jeweils einem Blumenstrauß um Peach buhlen :ugly:
Das ist de facto ebenfalls eine Story. Qualitative Analysen sind daraufhin dann subjektiver Natur durch den Betrachter. Ein gutes Beispiel für schlechte bzw. Trope-Stories nach Reissbrettverfahren sind dann die Stories, an die man sich danach nicht mehr erinnert, sobald die Endcredits rollen. Aber auch dies ist subjektiv, woran man sich erinnert oder nicht.
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Wytz
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#9

Beitrag von Wytz »

So eine Diskussion führt dann doch aber zu nichts und ist auch ein bisschen langweilig. Ja unter dieser Betrachtung ist tatsächlich alles eine Story.
Ich kann auch meine morgen-Routine vom Bett bis auf dem Weg zur Arbeit in eine 3 Akt Struktur quetschen.

Und wie gehts jetzt weiter? (Mit dem Gespräch)


Ich vertiefe mich lieber in den Details als das große Ganze zu überschauen. Habe hier eher auf Diskussionen gehofft wo noch jemand ein paar details nennt die ich wiederum vielleicht übersehen habe und dann ein neues Licht auf den gesamten Plot werfen können.

Stattdessen haben wir jetzt erstmal definiert was Story ist und das alles Story ist. Damit wär das hoffentlich jetzt beendet und und wir tauschen jetzt hier mal ein paar tips für besonders gutes Story telling.
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knightingale
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#10

Beitrag von knightingale »

Wytz hat geschrieben: 10. Sep 2020, 22:36 So eine Diskussion führt dann doch aber zu nichts und ist auch ein bisschen langweilig. Ja unter dieser Betrachtung ist tatsächlich alles eine Story.
Ich kann auch meine morgen-Routine vom Bett bis auf dem Weg zur Arbeit in eine 3 Akt Struktur quetschen.
Gratulation, sie haben herausgefunden, warum Storytelling überhaupt existiert ;)
Entschuldige, klingt vielleicht genervt, ist es aber nicht. Geschichten werden von Menschen seit jeher erzählt, um das "Geschehen" der Welt weiterzugeben. Und daraus haben sich die unterschiedlichen Künste weiterentwickelt. Ich vertrete einfach die These, dass Storytelling mehr ist als der blanke Inhalt und das wollte ich für den weiteren Verlauf der nächsten Diskussionen klar stellen.
Wytz hat geschrieben: 10. Sep 2020, 22:36 Stattdessen haben wir jetzt erstmal definiert was Story ist und das alles Story ist. Damit wär das hoffentlich jetzt beendet und und wir tauschen jetzt hier mal ein paar tips für besonders gutes Story telling.
Tipp für gutes Storytelling? Die Fundamente des Storytellings beherrschen :prof:

Aber mal spezieller:
Celeste ist in nahezu jeder Faser ein tolles Spiel in der Hinsicht. Stellt damit auch einen gewissen, innovativen Faktor da. Viel zu wenige Spiele versuchen es wirklich, aus der Komfortzone derselben Inhalte auszubrechen. Gerade wenn ich das große Thema Depressionen aus Celeste nehme, viele andere Titel versuchen sich da künstlerischer auseinanderzusetzen. Da werden eher Metaphern genutzt. Celeste hingegen nutzt eine echte Therapiemaßnahme (Szene in Aufzug mit der Feder bei der Panikattacke sowie später das Failen eben dieser und sorgt dafür, dass es organisch in die Handlung eingewoben ist, anstatt plötzlich wie ein Serious Game zu wirken.
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#11

Beitrag von Deleted User 62 »

knightingale hat geschrieben: 10. Sep 2020, 22:52 Ich vertrete einfach die These, dass Storytelling mehr ist als der blanke Inhalt.
Ich bin sehr angetan von kleinen Details die mich quasi in der Welt 'connected' lassen. Bei Part2 zum Beispiel der Umstand das echte Karten benutzt werden, die wir selbst in der Welt gefunden haben. Das hinterlassene Briefe handgeschrieben sind und so auch gelesen werden können, bei Dunkelheit sogar mit der Taschenlampe beleuchtet werden. Das Waffen 'händisch' an einer Werkbank modifiziert werden und das Fähigkeiten erst erlernt werden können, wenn wir die entsprechenden Instruktionen in Büchern gelesen haben. Alles das passiert quasi live beim Spielen, ohne Mühe, völlig natürlich und selbstverständlich, ohne das das Bild zugemüllt wird mit nervigen Status/Level/EXP Menüs.

Ich würde das (sehr breitgefächert) unter Environmental Storytelling einordnen. Ein Begriff der gerne bei den Souls Spielen benutzt wird. Wie seht ihr das?
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#12

Beitrag von Wytz »

[mention]knightingale[/mention] ich glaube ich habe das schon immer insgeheim gewusst, mir nur nie die Mühe gemacht das auszuformulieren oder bewusst darüber nachzudenken. Es ist ja irgendwie auch offensichtlich dass alles story ist. Vllt hat mich die detour deswegen genervt weil man über Fakten nicht diskutiert weil es daran nichts zu rütteln gibt. Dass du das Wort storytelling nun aber für den weiteren Verlauf definiert hast ist aber sicher praktisch.

Zu Celeste: ich sehe die B Seite als ‚anxiety‘-filter. Die a Seite zeigt wie es normal ist. Und die b Seite zeigt wie der selbe Berg für jemanden ist der unter diesen Krankheiten leidet. Das ist meine eigene Dichtung. Dazu gibt es keine offiziellen Belege.

@tlou2 es ist wirklich grandios was da meistens auch ohne Worte erzählt wird und nur für aufmerksame Spieler überhaupt gezeigt wird. Meistens kannst du schon anhand der Einrichtung der einzelnen Häuser erkennen was für Persönlichkeiten da wohl gehaust haben müssen. Ein Buch bräuchte tausende von Seiten um alles detailliert zu beschreiben. Es Scheint als sei absolut nichts dem Zufall überlassen. Manchmal frag ich mich echt warum naughty dog das macht wenn 95% der Spieler eh an quasi allem vorbei rennen. Pure Verschwendung.

Dazu gibt es auch ein Video von Mark Brown. Das ist sehr interressant zum Entwicklungsprozess:

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#13

Beitrag von Sun »

Wytz hat geschrieben: 10. Sep 2020, 16:04 Ich finde eher du abstrahierst zu viel *g* . Am Beispiel Celeste fühle ich mich wie Madeline weil ich mich in ihre Rolle begebe. Ohne den rahmen der Erzählung wäre es nicht das selbe. Madeline wird charakterisiert und man nimmt als Spieler diese Werte an und ist hoffentlich genauso motiviert. Wenn es den ganzen (fixen) Rahmen nicht gäbe könnte man durchaus schneller demotiviert sein. Super meat boy hat zb gar nicht bei mir gezündet. Die Motivation kommt nicht allein vom Spieler sondern durch die Erzählung.
Das ist mir zu pauschal ausgedrückt und das kannst du nicht auf jeden Spieler und jedes Spiel übertragen. Es gibt durchaus Spiele bei denen ich den Rahmen der Erzählung wie du es nennst komplett ignoriere und mir die Motivation der Spielfigur egal ist und ich alleine aus meiner eigenen Motivation heraus die Welt erkunde. Bei mir passiert das z.B. bei Fallout oder den Soulsspielen. Bei Fallout achte ich immerhin auf die kleineren GEschichten die noch so in der Welt versteckt ist, bei den Soulsspielen ist es wirklich die reine Erkundung der Welt und das überwinden der Hindernisse was mich motiviert. Ich wusste bei keinem Souls warum die Spielfigur tut was sie tut. Gerade viele Spiele mit Charaktererstellung und ohne Vorgeschichte des Charakters bauen ja auch darauf, dass man seine eigene Motivation findet.
Iceman hat geschrieben: 10. Sep 2020, 19:40 Nicht missverstehen, Mario und Co. brauchen auch keine Story, sowie ein guter Racer keine Story braucht, oft wollen wir sie auch nicht. Und doch verblassen die Erinnerungen bei mir doch recht schnell und vermischen sich mit all den anderen Eindrücken die ich in diesem Genre bereits gesammelt habe. Celeste sticht aber hervor.
Das hätte als reiner Levelbaukasten nicht funktioniert. Es sind eben menschliche Schicksale, Emotionen und die Art und Weise wie die Protagonisten damit umgehen die uns am stärksten berühren und ihre Spuren hinterlassen. Aber es ist eine Kunst und nicht jeder beherrscht sie.
Ich glaube das ist auch nicht pauschal so. Es können auch bestimmte Level (-abschnitte) oder Bosse sehr beeindrucken und im Gedächtnis bleiben. Bei mir ist es sogar eher so, dass die Story am schnellsten verblasst oder wie oben geschrieben gar nicht erst beachtet wird.
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#14

Beitrag von knightingale »

Ist mir gestern eingefallen, nachdem ich das hier mit Environmental Storytelling gelesen habe: Ein weiterer "Vorteil" von Videospielen ist es, dass die Story frei begehbar ist. Dadurch ist es dem Spieler überlassen, ob er sich in die Lore der Welt (z.B. über Briefe) oder das gesamte Worldbuilding begeben will, oder nicht. Gerade bei solchen gewaltigen Spielen wie Fallout oder auch TES nicht schlecht. Wenn man da ALLES an Story erleben würde wollen, hängt man ewig dran fest. Und so ist es dem Spieler überlassen, was er erleben will und was nicht. Bücher und Filme "muss" man ja von vorne bis hinten an einem Faden entlang abarbeiten, Videospiele haben eher mehrere Fäden parallel, überkreuz etc., die alle in ähnliche Richtung oder komplett andere Richtungen führen.

[mention]Wytz[/mention] Bzgl. der B-Sides: Sehr interessanter Gedanke. Wobei dagegen sprechen würde, dass Madeleine bereits selber ein Betroffener ist. Warum sollte Sie diese Level auf zwei unterschiedliche Weisen sehen, wenn sie bereits auf den A-Seiten davon geplagt wird? Aber wirkliche Belege dafür gibt es in keine Richtung.
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#15

Beitrag von Wytz »

Natürlich ist das eher unwahrscheinlich. Ich fand den Gedanken bloß nett. Die b-sides waren ursprünglich auch in den normalen Levels integriert wurden aber wegen der Zugänglichkeit dann in extra Level verfrachtet. Lvl 9 hat diese Unterteilung ja nicht mehr.

Im Prinzip sind es natürlich nur extra Level. Der Gedanke gefiel mir bloß.
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#16

Beitrag von Yoshi »

Wytz hat geschrieben: 11. Sep 2020, 11:39 Natürlich ist das eher unwahrscheinlich. Ich fand den Gedanken bloß nett. Die b-sides waren ursprünglich auch in den normalen Levels integriert wurden aber wegen der Zugänglichkeit dann in extra Level verfrachtet. Lvl 9 hat diese Unterteilung ja nicht mehr.

Im Prinzip sind es natürlich nur extra Level. Der Gedanke gefiel mir bloß.
Wenn die B-Seiten einfach in die normlen Level integriert würden, wäre das aber schon ein äußerst erratischer Schwierigkeitsgrad. Das hätte das Spiel meines Erachtens bedeutend schlechter gemacht.
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#17

Beitrag von Wytz »

Deswegen ist es wahrscheinlich auch nicht so geblieben.
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#18

Beitrag von Deleted User 62 »

Sun hat geschrieben: 11. Sep 2020, 08:42 Ich glaube das ist auch nicht pauschal so.
Natürlich ist das nicht pauschal so, deshalb sagte ich ja explizit das es mir so ergeht. Ich könnte dir heute nicht sagen welches Rayman wohin gehört. Es entsteht bei mir ein Brei aus Erinnerungen die ich nicht mehr zuordnen könnte.

Ich möchte auch nicht dahingehend missverstanden werden das Story bei mir = besser heißt. Es sind eben explizit die 'Stories' von Celeste oder eben TLoU die ich so bemerkenswert finde. Wenn du mich nach Assassins Creed fragen würdest wäre meine Antwort eher Arabien, Rom oder heiße Luft. Story muss man eben auch können, die meisten begnügen sich lediglich mit viel Pathos, ohne Auge fürs subtile, das zwischenmenschliche. Bei gutem Storytelling ist aber gerade der Weg das Ziel.

Natürlich gibt es auch diese überaus stoisch-stumpfen Menschen denen das alles egal ist und damit ein Großteil des Erlebnisses entgeht. Von denen rede ich hier aber nicht.
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#19

Beitrag von Guybrush Threepwood »

Eines der interessantesten Phänomene, finde ich, tritt auf, wenn ein Gameplay-Ereignis einen so tiefen Eindruck macht, dass es für den individuellen Spieler ein Teil seiner Story und damit der des Spiels geworden ist.

Ich habe es schon öfter erwähnt, aber in Deus Ex ist mir im Level im New Yorker Untergrund, dort wo ein Obdachlosencamp ist, folgendes passiert: Zwei Terroristen waren relativ dicht beieinander, in der Nähe spielten Kinder. Ich als der eindringende Agent wollte die beiden locker flockig mit dem Elektroschocker nacheinander ausschalten, sie haben mich bemerkt, aus dem Feuergefecht ging ich siegreich hervor, und als ich mich umsah, ob von irgendwo ein weiterer Terrorist angelaufen kommt, sehe ich, dass eine Kugel eines der Kinder getroffen hat, das tot da gelegen hat.

Das ist annährend am Ende des ersten Aktes des Spiels gewesen, ich wurde immer besser mit ihm und seinem Systemen vertraut, und wie man sagen kann, wurde wohl auch etwas zu arrogant beim Vorgehen - und dann stirbt ein unbeteiligtes, obdachloses Kind.

Selbst wenn ich auf einem weiteren Durchgang absichtlich dort einen Kampf vom Zaun breche, wird sich das nicht wiederholen. Es ist nicht Teil der Story von Deus Ex. Aber es wird immer Teil meiner Story in dem Spiel sein.

Und hatte definitiv Einfluss darauf, wie ich gerade bei der Anwesenheit Unbeteiligter weiter vorgehe, auch wenn das Spiel wegen der Sache keine Sanktionen erhoben hat.
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